Das Kernkraftwerk Leibstadt (KKL) hat die Abklärungen zu unterlassenen Funktionsprüfungen von mobilen Strahlenschutzmessgeräten abgeschlossen. Die Untersuchungen ergaben Hinweise, dass derselbe Mitarbeitende weitere Geräte nicht ordnungsgemäß getestet hat. Die Funktionstests an diesen rund 350 Geräten zeigten jedoch, dass diese richtig funktionierten oder sogar zu empfindlich waren.

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Das im Januar 2019 festgestellte „Fehlverhalten eines Mitarbeitenden“ hat laut KKL die Sicherheit von Mensch und Umwelt zu keinem Zeitpunkt beeinträchtigt. Das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat (Ensi) hat wegen den unterlassenen Funktionsprüfungen Strafanzeige erstattet. Das geht aus einer Pressemitteilung des KKL vom Mittwoch hervor.

Wie wurde der Verstoß festgestellt?

Das KKL stellte Anfang Jahr bei einer internen Prüfung fest, dass ein Mitarbeitender drei Neutronendosisleistungs-Messgeräte nicht gemäß Ensi-Richtlinie halbjährlich auf ihre Funktionstüchtigkeit getestet hatte. Aufgrund dieses nicht tolerierbaren Verstoßes gegen behördliche Vorgaben und betriebliche Instruktionen stellte das KKL den betreffenden Mitarbeitenden frei.

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Gleichzeitig wurde eine umfassende Nachprüfung von Messgeräten und Messresultaten eingeleitet. Der Schlussbericht dazu wurde nun der Aufsichtsbehörde Ensi eingereicht. Das Ensi hat entsprechend seinen Aufsichtspflichten wegen den unterlassenen Funktionsprüfungen an Messgeräten Anzeige bei der Bundesanwaltschaft erstattet, so das KKL weiter. Das KKL werde wie in den vergangenen Monaten, die Arbeit der Behörden uneingeschränkt unterstützen.

Was erbrachte die Überprüfung der Testergebnisse?

Das KKL überprüfte die Plausibilität der vom betreffenden Mitarbeitenden durchgeführten Funktionstests an den betroffenen rund 350 Geräten. Dies ergab bei insgesamt 240 Geräten Abweichungen bei den normalerweise zu erwartenden Streuungen der Messresultate im Messtoleranzbereich oder bei der dafür aufgewendeten Arbeitszeit. „Dies weist darauf hin, dass neben den drei bereits bekannten Geräten weitere Messgeräte vom betreffenden Mitarbeitenden nicht korrekt geprüft wurden“, so das KKL am Mittwoch.

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Wurden Toleranzwerte überschritten?

Bei der Funktionsprüfung aller von diesem Mitarbeitenden betreuten rund 350 Strahlenmessgeräte lagen die Ergebnisse im vorgegebenen Messtoleranzbereich. Als einzige Abweichung waren acht geprüfte Geräte etwas zu empfindlich, das heißt, sie zeigten einen zu hohen Strahlungswert, wie das KKl mitteilt. „Durch die unterlassenen Funktionstests wurde die Sicherheit von Mensch und Umwelt somit nicht beeinträchtigt.“

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Zusätzliche Untersuchungen mit Funktionstests und Plausibilitätsbewertungen wurden auch für weitere über 3200 Strahlenmessgeräte im KKL durchgeführt. Diese ergaben keinerlei Hinweise, dass andere Mitarbeitende ebenfalls Funktionstests unterlassen haben.

Welche Konsequenzen zieht das KKL?

Das KKL hatte in Absprache mit dem Ensi zudem eine Reihe von Folgemaßnahmen eingeleitet wie zum Beispiel programmtechnische Maßnahmen zur Terminüberwachung und Analyse der Resultate von Funktionsprüfungen und einen Schulungsschwerpunkt bezogen auf Fehlverhalten.

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Die Sicherheit hat für das KKL oberste Priorität. Das KKL entwickelt im Rahmen eines Mehrjahresprogramms seine Sicherheitskultur ständig in allen Bereichen weiter und setzt identifizierte Verbesserungsmöglichkeiten in Organisation, Prozessen und Personalausbildung zielgerichtet um.

Falsche Prüfprotokolle von Strahlenmessgeräten

Fälschung vom Prüfprotokollen im Kernkraftwerk Leibstadt: Ein Mitarbeiter des KKL hat innerhalb von zwei Jahren wiederholt Prüfprotokolle gefälscht. Das wurde im Januar öffentlich. Dabei ging es um Funktionstests an drei Strahlenmessgeräten. Diese dienen unter anderem der Erfassung der Radioaktivität an Brennelement-Transportbehältern, die ins Zwischenlager nach Würenlingen gingen. Damit habe der Mitarbeiter entgegen behördlicher Vorgaben und betrieblicher Instruktionen gehandelt, wie das Kernkraftwerk gestern mitteilte. Die Atomaufsichtsbehörde sieht mittlerweile beim Kernkraftwerk eine Häufung menschlichen Fehlverhaltens. Daher will sie ihre Inspektionstätigkeit dort deutlich ausweiten.

Fingierte Daten: Nach den im Januar vorliegenden Informationen des Ensi hat der betreffende Mitarbeiter des Kernkraftwerks seit 2016 die halbjährlichen Funktionsprüfungen an drei mobilen Neutronen-Dosisleistungsmessgeräten nicht durchgeführt. Stattdessen trug er fingierte Daten in die Prüfprotokolle ein. Diese Dosisleistungsmessgeräte werden insbesondere dazu verwendet, die Strahlung an beladenen Brennelementbehältern vor dem Transport ins Zwischenlager in Würenlingen zu messen. Dort wurden die Behälter jeweils nach der Ankunft erneut gemessen und es seien keine signifikanten Abweichungen bei den Messwerten festgestellt worden, heißt es in einer Pressemitteilung des Ensi. Daraus ergibt sich, dass die Geräte offenbar trotz der unterbliebenen Funktionstests korrekt anzeigten. Damit ist es für das Ensi klar, dass die Sicherheit der Bevölkerung stets gewährleistet war. Das für den Transport eingesetzte Personal sei radiologisch überwacht worden. Es habe keine unerwartete oder unzulässige Exposition mit Radioaktivität stattgefunden.

Nicht das erste Vorkommnis: Das im Janaur bekannt gewordene Vorkommnis ist nicht der erste Fall, bei dem im Schweizer Kernkraftwerk Leibstadt (KKL) gegenüber Waldshut durch Mitarbeiter Protokolle gefälscht wurden. Während der Jahresrevision im Jahr 2001 wurden durch zwei Techniker Sicherheitsberichte manipuliert. Die Schweizer Hauptabteilung für die Sicherheit der Kernanlagen (HSK, heute Ensi) hielt seinerzeit dazu in ihrem Jahresbericht unter anderem fest: „Zwei Operateure führten einen Auftrag bewusst nicht korrekt aus und fälschten Checklisten.“ Der Vorgang wurde durch die Aufsichtsbehörde auf der internationalen Bewertungsskala INES (0 bis 7) für Ereignisse in Atomanlagen mit 1 eingestuft. Dies steht unter anderem für: „Abweichung von den zulässigen Bereichen für den sicheren Betrieb/gestaffelte Sicherheitsvorkehrungen bleiben erhalten.“ Als Konsequenz schrieb das HSK damals in seinem Sicherheitsbericht im Blick auf das Personal: „Das KKL wurde aufgefordert, intensive Prüfungen vorzunehmen, um allfällig notwendige Verbesserungsmaßnahmen einleiten zu können.“ (ger)