In einer Zeit, in der der Rhein noch keine Grenze und alles östlich von Waldshut quasi Ausland war, war vieles anders und doch scheinen sich gewisse Eigenheiten über Jahrhunderte zu halten. So zeigte der Waldshuter Stadtarchivar Ingo Donnhauser im Gasthaus Adler in Niederwihl Parallelen zu heute, die nicht wenige schmunzeln ließen.

Er nahm mehr als 30 Interessierte mit auf eine historische Reise, die mit der Gründung Waldshuts begann.

Habsburger und die Hüterin des Waldes

Waldshut gibt es nur wegen der Hotzenwälder. Diese aber hießen damals noch Hauensteiner und als man sie Hotzenwälder nannte, war das zunächst eine abwertende Bezeichnung. Der Hut im Stadtnamen war allerdings auch keine Kopfbedeckung und es war auch kein Männle mit Hut, sondern handfeste wirtschaftliche und politisch-kirchliche Gründe, die die Habsburger den 1249 erstmals urkundlich erwähnten Verwaltungssitz am Rhein gründen ließen. Der Beziehungsstatus zwischen den Hauensteinern und der Hüterin des Waldes sollte fortan und bis in die Moderne ambivalent bleiben; man könnte auch pragmatisch oder schlicht „rosinenpickerisch“ sagen.

Donnhauser zeigte: „Waldshut, die habsburgische und vorderösterreichische Stadt“.
Donnhauser zeigte: „Waldshut, die habsburgische und vorderösterreichische Stadt“. | Bild: Ralf Fautz

Die habsburgische Verwaltung läutete das Ende des schwer durchschaubaren Dickichts an Rechten und persönlichen Abhängigkeitsverhältnissen ein, wie Donnhauser anschaulich erklärte. Macht und Herrschaft im Mittelalter waren eng an die Person und deren Wirkungskreis geknüpft und der Weg, diese zu erlangen, war wenig formalisiert, Ämterhäufungen in einer Person üblich.

Der Vergleich zu den „Warloards“ heutiger gescheiterter Staaten, den der Archivar zog, mag hinken, zeigt aber relativ anschaulich, wie es in einer Zeit war, in der der südliche Schwarzwald zwischen Rhein, Wehra, dem heutigen St. Blasien und der Alb „Entwicklungsgebiet“ war, das durch Rodungssiedlungen erst langsam erschlossen wurde. Ganz anders sah es da bereits im Raum Stühlingen und im Klettgau aus, die deutlich entwickelter waren.

Waldshut und die Hauensteiner – eine Hassliebe

Das Leben der Hauensteiner hatte auch Vorteile. Sie waren weitestgehend freie Bauern, die in den acht Einungen selbstverwaltet waren. Die Eingriffe aus Waldshut waren dann willkommen, wenn sie Schutz und Nutzen brachten und verachtet, wenn sie mit Traditionen kollidierten oder die Freiheiten einschränkten. Noch Ende des 18. Jahrhunderts sei die Schulpflicht auf große Ablehnung gestoßen. Waldshut und die Hauensteiner – lange getrennte Welten, eine Hassliebe, eine Zweckgemeinschaft.

Das könnte Sie auch interessieren

Auch das 19. Jahrhundert war geprägt durch die ländliche Ablehnung des Städtischen bei gleichzeitig stattfindender städtischer Verklärung des Ländlichen, plötzlich galt „der Wald“ in seiner romantisierten Form als erstrebenswertes Ideal, als die Wurzel und der Hotzenwälder erfuhr eine Aufwertung. Wald und Waldshut wurden wechselseitig verklärt, das Männle in Hotzenwälder Tracht gemalt; im 20. Jahrhundert gar eine Waldshuter Tracht im Hauensteiner Stil geschneidert.

Es waren jene Beispiele, die den historischen Parforceritt zu einem interessanten Genuss werden ließen.

Das könnte Sie auch interessieren

Donnhauser führte in anderthalb Stunden durch Jahrhunderte und machte an den Stellen Halt, die auch Laien den Blick auf unsere historischen Wurzeln erkennen und verstehen ließen.