Ein seltenes Jubiläum feierten die beiden Sängerkameraden Franz Hauser und Gerold Müller für jeweils 50 Jahre Aktivzeit im Männerchor Gurtweil. Am 25. Januar 1968 (am Geburtstag von Franz Hauser) sind beide während der Hauptversammlung in den Männergesangverein (seit den 80er Jahren umbenannt in Männerchor Gurtweil e. V.) aufgenommen worden. Der 16-jährige Franz Hauser war damals landwirtschaftlicher Lehrling und sang von Anfang an im zweiten Tenor. Der 15-jährige Gerold Müller war noch auf der Realschule und singt bis heute im ersten Bass.

Beide gehörten einst zu einer Jugendclique aus der heraus sich weitere Jugendliche dem Verein anschlossen und so das Durchschnittsalter der damaligen Sangesschar deutlich senkten. Den Generationensprung bewältigte der Verein mit den teils noch durch den Zweiten Weltkrieg geprägten Sängern recht gut, obwohl es hin und wieder auch kritische Blicke auf und kleine Seitenhiebe für die „langhaarigen Jungsänger“ gab. Solide gelöst wurden die üblichen Generationenkonflikte durch die Einrichtung eines Jugendrats, dessen Sprecher Franz Hauser dann auch im Vorstand mitwirken durfte.

Jahre später wurde der junge Sänger Franz Hauser, der eigentlich einmal als Trompeter zum Musikverein wollte, zum Vorsitzenden gewählt. Sein Amtsvorgänger (und späterer Ehrenvorsitzender) Josef Müller hatte die Messlatte überaus hoch gelegt, stand aber dem jungen Sängerkameraden stets hilfreich zur Seite. Die größte und aufregende Herausforderung, so erinnert sich Franz Hauser (Kfz-Mechaniker im Ruhestand), war ein viertägiger Sängerausflug in die Partnerstadt Blois. Trotz fehlender Französischkenntnisse bewältigte er mit seinen damals weit mehr als 30 Sängerkameraden und dem Ehrendirigenten Günter Agricola die Konzertauftritte und Gesprächskontakte überzeugend.
Der Jubilar erinnert sich auch noch gut und gerne daran, wie einst in seiner Elternfamilie viel gesungen wurde. Oft habe seine Mutter ein Lied angestimmt, dann hätten er und seine vier Geschwister mitgesungen; es gab damals schließlich noch keinen Fernseher im Haus, keine Computer, keine Smartphones oder sonstige mediale Verlockungen. So sei seine Liebe zur Musik und vor allem zum Gesang schon in jungen Jahren aufgekeimt. Waren es früher gängige Volkslieder und klassisches Liedgut, das gesungen wurde, so genießt der Mittsechziger und Ruheständler heute auch die Rock- und Popmusik, wie sie beim MCG-Jahreskonzert 2018 mit Erfolg gesungen wurde.
Mehrtägige Ausflüge galten noch als etwas Besonderes
Sein Sängerkamerad Gerold Müller (Architekt) erinnert sich im Gespräch unter anderem mit Freude an die vielen erlebnisreichen Jahresausflüge mit dem Männerchor. In den früheren Jahren hatten längst noch nicht alle Familien ein eigenes Auto. Die Sängerschar freute sich somit besonders auf die meist mehrtägigen, familiären Ausflüge in die Schweiz, nach Italien, Österreich und Frankreich. Als Glanzlicht benennt er die Reisen in die Toskana und ins Tessin, wo er sich in die Landschaft verliebt hatte.

Als prägendes Erlebnis habe er auch den Auftritt in der bayrischen Wieskirche in Erinnerung. Immer wieder habe er das Singen in den klangintensiven sakralen Räumen, zum Beispiel auch in Birnau, als überaus wohltuend empfunden. Die früheren rauschhaften Waldfeste, sein erstes Jahreskonzert im kleinen Saal des Schlüchttalstüble, das Abschiedskonzert mit und für den Ehrendirigenten Günter Agricola sowie die einst legendären und die Gemeinschaft fördernden Wirtschaftsbesuche nach den Probenabenden haben sich ebenso unauslöschlich in das Gedächtnis des Sängerjubilars eingeschrieben.
Freude am Singen geht auf den Sohn über
Die Eltern von Gerold Müller waren schon im Verein engagiert und bereits als kleiner Bub durfte er in die Musikwelt seiner Eltern hineinschnuppern. So entstand sehr früh eine Bindung zum Männerchor, die noch weit in die Zukunft reichen soll. So träumt der Jubilar unter anderem davon, einmal in der Dresdener Frauenkirche oder in einer Kirche in Rom mit dem Chor singen zu dürfen. Letzteres könnte für ihn und den Männerchor im nächsten Jahr wahr werden. Auch Gerold Müller wirkte viele Jahre als Schriftführer, Beisitzer und Reiseleiter im Vorstand mit.
Theater und Fasnacht als Glanzlichter
Ins Schwärmen geraten beide Jubilare, als das Gespräch schließlich noch auf die einstigen Theaterabende und Fasnachtsveranstaltungen gelenkt wurde. Beide waren begeisterte Theaterspieler und sorgten als Trio zusammen mit Andreas Müller in den beiden Aufführungen „Das Brautwerbertrio“ und „Die drei Dorfheiligen“ für Furore auf der Gurtweiler Theaterbühne. Legendär waren auch die Wagenbaufeste für die damaligen Fasnachtsumzüge und die vielen Hüttenfeste, erzählen die musikalischen Zeitzeugen des vergangenen halben Jahrhunderts.
Blick in die Zukunft
Mit Blick in die Zukunft wollen die beiden Sängerkameraden weiterhin den Donnerstagabend für die Proben freihalten, wünschen sich ein gutes, kameradschaftliches Miteinander und hoffen, dass sie noch so lange wie möglich im Männerchor Gurtweil mitsingen können.
Der Männerchor
Gegründet in Gurtweil am 19. November 1922 als Männergesangverein, 21 Sänger, 16 Ehren- und 52 Passivmitglieder, Vorsitzender: Gerhard Hentzel, Dirigentin: Birgit Rogg, Proben: donnerstags ab 20 Uhr, Probenraum: im Rathaus Gurtweil.