In der Großen Kreisstadt Waldshut-Tiengen leben rund 25.530 Menschen, 5761 von ihnen – oder 22,5 Prozent – haben eine ausländische Staatsangehörigkeit. Doch welche Nationalitäten haben die Menschen, die hier leben?
Wann die ersten Einwanderer aus Italien kamen
Wenig überraschend: Italiener sind die zahlenmäßig größte Gruppe ausländischer Bewohner der Doppelstadt – und das übrigens nicht erst seit dem 20. Jahrhundert. Stadtarchivar Ingo Donnhauser erklärt: „Bereits im 17. und 18. Jahrhundert ließen sich zahlreiche Kaufleute aus Norditalien in Waldshut und Tiengen nieder und gehörten bald zur städtischen Oberschicht.“
Ein Blick in historische Unterlagen zeige, dass italienische Namen schon bald darauf im Stadtrat vertreten waren. „Im 19. Jahrhundert folgten dann italienische Arbeiter, die zum Beispiel beim Bau von Eisenbahn und Brücken beschäftigt waren“, so Donnhauser, „einige Familien mit italienischen Namen sind also bereits seit Jahrhunderten hier ansässig.“
Mit ihren kulinarischen Köstlichkeiten beglückten sie Waldshut-Tiengen erstmals in den 1960er-Jahren: „Internationale Restaurants gab es im heutigen Stadtgebiet zuerst in Tiengen, angefangen mit dem Eiscafé Cortina 1961. Anfang der 1970er kamen dann weitere Eiscafés sowie Pizzerien dazu“, weiß der Historiker zu berichten.
Ebenfalls als Gastarbeiter in den 1960er-Jahren kamen laut Standesbüchern zahlreiche Menschen aus der Türkei. Durch die Nähe zu Lauchringen und der damals dort ansässigen Textilfabrik Lauffenmühle war der Ausländeranteil laut Donnhauser in Tiengen lange deutlich höher als in Waldshut.
Welche Nationalitäten leben in Waldshut-Tiengen?

Bürgerreaktionen zwischen Protest und Engagement
Zahlreiche Kriege begünstigten Einwanderungen zudem: So kamen in den 1990er-Jahren durch den Krieg im ehemaligen Jugoslawien Menschen aus dem Kosovo, Nordmazedonien und Kroatien, ab 2015 Menschen aus Syrien, die vor dem Assad-Regime und dem IS-Terror flohen, und seit Anfang 2022 suchen Menschen aus der Ukraine Zuflucht vor dem russischen Angriffskrieg.
Erklärungen zur Bevölkerung
Und in den vergangenen Jahrzehnten war die Reaktion der Bürger auf ausländische Neubürger ganz unterschiedlich: „Städtische Quellen erfassen naturgemäß eher das Konfliktträchtige – deshalb ist das Bild, was sich daraus ergibt, nicht unbedingt repräsentativ“, sagt Ingo Donnhauser.
Zwei Brandanschläge im Landkreis 1993
1993 gab es, wie zu dieser Zeit auch andernorts in der Bundesrepublik, zwei Brandanschläge im Landkreis Waldshut: In der Nacht vom 14. auf den 15. Juni 1993 wurde ein von Italienern bewohntes Haus in Tiengen völlig niedergebrannt. 21 Bewohner kamen mit einem Schock davon.
Am 7. November 1993 verübten außerdem drei Küssaberger einen Brandanschlag auf Asylbewerber-Container in Rheinheim.
Bemühungen bei der Integration
„Von diesen Anschlägen abgesehen, ist insbesondere in den Quellen zur städtischen Jugendarbeit zu erkennen, dass ein großes Bemühen da war, Angebote zu schaffen, die speziell zur Integration ausländischer Jugendlicher beitragen“, sagt Donnhauser, „das waren vor allem Ende der 90er- und Anfang der 2000er-Jahre große Herausforderungen.“
Wirft man einen Blick auf die vergangenen Jahre, sind die Reaktionen auf Einwanderungen von Engagement und Menschlichkeit geprägt: Als 2015 der Krieg in Syrien ausbrach und 2022 Ukrainer ihre Heimat verließen, formierten sich im Stadtgebiet und jedem Ortsteil Helferkreise, die Sachspenden sammelten und verteilten, Kundgebungen gegen Fremdenhass organisierten, Ferienwohnungen zur Verfügung stellten oder unbegleitete Minderjährige bei sich aufnahmen.