Er ist einer der größten Umweltverbände Deutschlands und setzt sich für den Schutz von Natur, Umwelt und Klima ein. Mehr als 674.000 Menschen gehören dem BUND, dem Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland, an. So hat er unzählige Naturschätze gerettet, die Entwicklung des Umweltbewusstseins gefördert und Impulse für den Klimaschutz gegeben. Mehr als 2000 regionale Kreis- und Ortsgruppen, die sich lokal ökologisch engagieren und auch politisch einbringen, bilden das Rückgrat seines Wirkens.

1975 bundesweit gegründet, feiert der BUND jetzt sein 50-jähriges Bestehen. 1975: Das war die Hochphase der Anti-Atomkraft-Bewegung in Deutschland. Bundesweit machte der Widerstand gegen das geplante Atomlager in Gorleben Schlagzeilen. Regional waren es die bestehenden, im Bau befindlichen oder geplanten Meiler auf der Schweizer, elsässischen und badischen Rheinseite, gegen die sich die Menschen wehrten.

Die BUND-Ortsgruppe von Waldshut-Tiengen entstand 1988, wie der „Alb-Bote“ berichtete.
Die BUND-Ortsgruppe von Waldshut-Tiengen entstand 1988, wie der „Alb-Bote“ berichtete. | Bild: BUND

In Baden-Württemberg ist das Engagement sogar noch älter als 50 Jahre. Denn der hiesige Landesverband besteht schon seit 1963. Doch trotz der frühen Präsenz im Südwesten, hat die Bewegung am Hochrhein erst in den 1980er-Jahren Fuß gefasst, so auch in Waldshut-Tiengen und Albbruck.

Die 1980er-Jahre – das war die Zeit von Tschernobyl und Sandoz. Beides passierte 1986 – das Atomunglück in der Sowjetunion wie auch der Chemieunfall bei Basel, wo nach einem Großfeuer giftiger Löschschaum in den Rhein floss und ein gewaltiges Fischsterben auslöste.

Treibende Kraft bei der Gründung der BUND-Ortsgruppe in Waldshut-Tiengen war Hans-Jürgen Bannasch, Biologielehrer am Hochrhein-Gymnasium ...
Treibende Kraft bei der Gründung der BUND-Ortsgruppe in Waldshut-Tiengen war Hans-Jürgen Bannasch, Biologielehrer am Hochrhein-Gymnasium und seit 2016 Bundesverdienstkreuzträger. | Bild: Hans Christof Wagner

So für die Umwelt sensibilisiert, kam es Ende September 1988 zur Gründung der BUND-Ortsgruppe Waldshut-Tiengen. Dort hatte schon die Waldshuter Kreisgruppe ihren Sitz. Aber wegen der Frage des Umgangs mit dem 1984 ans Netz gegangenen Atomkraftwerk Leibstadt in direkter Nähe kam es zu Differenzen und zur Gründung einer örtlichen Gruppe. Treibende Kraft war dabei Hans-Jürgen Bannasch, Biologielehrer am Hochrhein-Gymnasium. Die etwa 30 Gründungsmitglieder wählten ihn auch zum Vorsitzenden, was er mehr als 20 Jahre bleiben sollte. Yonca Thurner folgte ihm nach. Bannasch wurde Stellvertreter und ist seit 2016 Bundesverdienstkreuzträger.

Maschinenkauf zur Biotoppflege

Die Stadt war froh um die Umweltaktivisten, hatte sie doch noch aus der Zeit der Gemeindereform Flächen im Besitz, die es zu pflegen und ökologisch aufzuwerten galt, etwa in Eschbach. So lag ein Schwerpunkt der Arbeit von Beginn an auf Gestaltung, Erhalt und Pflege von Biotopflächen, für deren Bewirtschaftung die Gruppe sogar eigens Traktoren und Maschinen anschaffte.

Bannasch erinnert sich gerne an die Projekte im Liederbachtal, am Samlischbuck, am Seltenbach und an der Judenäule zurück. Am Seltenbach klaffte, dort wo früher ein alter Gasspeicher stand, ein Krater, den die Gruppe in eine ökologisch wertvolle Teichlandschaft verwandelte. Bei der Judenäule handelt es sich um eine verlandete frühere Rheininsel, die ursprünglich als Friedhof in der Schweiz verstorbener Jüdinnen und Juden diente. Die BUND-Ortsgruppe stellte die Judenäule wieder als Insel her und errichtete dort auch eine Besucherplattform.

Auch mit den Früchten, die an den von der Gruppe gepflegten Hochstamm-Apfelbäumen wachsen, haben die Aktiven Arbeit.
Auch mit den Früchten, die an den von der Gruppe gepflegten Hochstamm-Apfelbäumen wachsen, haben die Aktiven Arbeit. | Bild: BUND

„Ende der 80er Jahre war das Umweltbewusstsein in der Bevölkerung deutlich stärker ausgeprägt und überall gründeten sich Umweltgruppen“, weiß Franz Brüstle noch, mit Helmut Pfeiffer und Wilfried Brehl Gründungsmitglied der Albbrucker BUND-Gruppe. Diese entstand am 11. Mai 1989, also kurz nach der Waldshuter Initiative. Brüstle, Pfeiffer und Brehl sind Gründungsmitglieder und alle drei bis heute aktiv. Brüstle ist seit Dezember 1993 Vorsitzender.

Als größten Erfolge der Gruppe nennt Brüstle, 1989 das Mühlbachtal in Albbruck-Schachen als möglichen Standort für eine neue Kreismülldeponie verhindert zu haben. „Da es sich ökologisch um das wertvollste Gebiet auf Gemarkung Albbruck handelte, wurden verschiedene Gutachten beigebracht und 1991 der Antrag auf Ausweisung als Naturschutzgebiet gestellt“, erinnert sich Brüstle. 2001 war es dann so weit, gekrönt noch von der späteren Anerkennung als FFH-Gebiet, Abkürzung für Fauna-Flora-Habitat, mit besonders strengen Anforderungen.

Über einen Zeitraum von 30 Jahren, von 1992 bis 2022, lief das Projekt Wildsträucher in heimischen Gärten. „Insgesamt wurden in dieser Zeit etwa 50.000 Wildsträucher an Interessierte abgegeben“, erzählt Brüstle. Feuchtbiotope angelegt, Obstbaumschnittkurse durchgeführt, Nisthilfen angeschafft und installiert, Feldhecken gepflanzt, Streuobstwiesen betreut – klassische BUND-Arbeit vor Ort und teils auch gegen Widerstände seitens der Landwirte erkämpft. „Gegenwind und Widerstände gab es immer, es wurden aber immer wieder Kompromisse gefunden“, sagt Brüstle.

Auch in die Jugendarbeit hat der BUND Waldshut-Tiengen immer groeßn Wert gelegt.
Auch in die Jugendarbeit hat der BUND Waldshut-Tiengen immer groeßn Wert gelegt. | Bild: BUND

„Die Probleme zu früher haben sich nicht geändert“, sagt er. Genug zu tun haben die Gruppen vor Ort immer noch: Biotopvernetzung und die wenig ökologische Gartengestaltung mit Schotter und nichtheimischen Pflanzenarten, den Neophyten, seien heute die Themen sowie auch der „rasante Artenschwund“, den Brüstle beklagt.

Mehr Förder- als Aktivmitglieder

Viel zu tun also – aber mit 50 Jahren BUND sind auch dessen Mitglieder und Aktivisten älter geworden. „Problem ist tatsächlich die Überalterung und die fehlende Bereitschaft von Personen mittleren Alters, sich aktiv einzubringen“, sagt Brüstle. Die Albbrucker Gruppe hat mit 97 inzwischen mehr Förder- als Aktivmitglieder, deren Zahl 83 beträgt. Die Anzahl der tatsächlich Aktiven beschränkt sich laut Brüstle auf zehn bis 15 Personen.

Ähnlich ist es auch bei der Waldshuter Gruppe, die in den 37 Jahren seit Gründung auf 250 Mitglieder angewachsen ist und damit der größte am Hochrhein sein dürfte. „Aber es gibt nur ganz wenige, die wirklich anpacken“, sagt Bannasch. Sie sollten körperlich fit sein, aber auch mit den Maschinen umzugehen verstehen, welche die Gruppe in ihren Biotopen einsetzt. Denn mit deren Pflege erwirtschaftet sie ebenso Einnahmen wie seit 1999 mit dem Ausrichten des jährlichen Gebrauchtfahrradmarktes in Tiengen. Aus den Früchten, die an den von der Gruppe gepflegten Hochstamm-Apfelbäumen wachsen, werden pro Jahr zwischen 2000 und 3000 Liter Apfelsaft gepresst und verkauft. Und auch damit füllt die Gruppe die Vereinskasse auf.

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Aus der Gründerzeit von 1988 ist eigentlich nur noch Bannasch aktiv. Dieser wird im Dezember 89 Jahre alt. Wenn er sich, das ist allen klar, einmal aus der aktiven Biotoparbeit zurückziehen muss – und der Tag wird kommen – wird das eine Lücke reißen. Hoffnungsvoll stimmt den früheren Lehrer die Existenz einer, wenn auch kleinen Jugendgruppe des BUND Waldshut-Tiengen.