„Es ist ein spannendes und seltsames Zunftjahr„, stellte Stephan Vatter bei der Hauptversammlung der Narro-Zunft Waldshut fest. Normalerweise hätte der Zunftmeister am 11.11. seine Narren in geselliger Runde begrüßt und mit ihnen auf eine glückselige bevorstehende Fasnachtssaison angestoßen.

Doch im Corona-Jahr 2020 ist bekanntlich alles anders. Wegen des erneuten Lockdowns musste für die ursprünglich in der Grieshabervier-Halle geplante Hauptversammlung umdisponiert werden: „Nun ist es nicht ganz so nett, aber wir treffen uns im Internet“, reimte Vatter in die Videokamera, die die Online-Sitzung mit den einzeln zugeschalteten Vorstandsmitgliedern live in die Wohnzimmer der rund 100 Teilnehmer übertrug.

Die digitale 609. Hauptversammlung des Waldshuter Traditionsvereins verfolgten nach Angaben des Zunftmeisters Mitglieder in Deutschland, Österreich, der Schweiz und Norwegen sowie Gäste von befreundeten Vereinen wie den Waldshuter Junggesellen, der Stadtmusik Waldshut, Alt-Waldshut, THW-Jugend, Pro Freibad und Berghexen.

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Oberbürgermeister Philipp Frank, der an diesem Abend verhindert war – die Sitzung begann nicht wie üblich um 11.11 Uhr, sondern um 19.11 Uhr – ließ in seinem von Stephan Vatter vorgelesenen Grußwort verlauten: „Fasnacht ist im Erbgut der Stadt fest verankert.“ Er wünschte den Narren einen fröhlichen Auftakt in die fünfte Jahreszeit und bat sie darum, „nicht zu hart mit der Verwaltung und dem OB„ umzuspringen.

Von Höhen und Tiefen war das vergangene Zunftjahr laut Vatter geprägt. Nach dem Auftakt am 11.11.2019 mit der Hauptversammlung und dem Konvent der Hochrhein-Zünfte, den die Narro-Zunft Waldshut turnusgemäß ausgerichtet hatte, und der Weihnachtsfeier begann 2020 mit einer traurigen Nachricht: Am 1. Januar verstarb Ehrenzunftmeister Adolf Bornhauser im Alter von 92 Jahren.

Kurz vor Ausbruch der Corona-Pandemie am Hochrhein erlebten die Narren zwischen Schmutzigem Donnerstag und Aschermittwoch fröhliche Tage, bevor der Lockdown Mitte März auch das Vereinsleben lahm legte. Dies hatte unter anderem zur Folge, dass die Mitglieder der Narro-Zunft Ehrenzunftmeister Herbert Herrmann und Ehrenranzengardist Klaus Hermle, die im März beziehungsweise April starben, nicht die letzte Ehre erweisen konnten.

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Mit Blick auf die bevorstehende Fasnacht betonte der Zunftmeister: „Wir wollen und werden sie nicht ausfallen lassen.“ Kleingruppen innerhalb der Zunft seien derzeit damit beschäftigt, Konzepte für eine Fasnacht mit Lockerungen und unter einem Lockdown zu erstellen – je nachdem, welche Regelungen Anfang 2021 gelten. Details konnte Vatter noch nicht nennen: „Dafür ist es zu früh.“

Sicher ist jedoch bereits, dass weder die Kappenabende noch der Kinderumzug stattfinden werden, aber die Mitglieder arbeiten an einer Möglichkeit, „wie wir die Fasnacht in irgendeiner Form zu den Kindern bringen können“. Auch die Narrenzeitung „D‘Geltedrummler“ soll erscheinen.

Eine gute Nachricht verkündete Säckelmeister Tobias Bartelmess in der Online-Sitzung: „Der Kasse geht‘s klasse.“ Mit einer Summe von gut 4000 Euro befindet sich das Vereinskonto im Plus. 18 Aspiranten wurde nach erfolgreichem Probejahr in die Reihe der Aktiven aufgenommen. „Trotz der Corona-Situation findet unsere Zunft immer noch großen Zuspruch“, freute sich Stephan Vatter.

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Für die digitale Hauptversammlung wurde das Aufnahmeritual geändert: Jeder Neuling war aufgerufen worden, sich per Smartphone beim Auftragen der traditionellen Mehlmaske der Geltentrommler und einem anschließend deklamierten „Narri, Narro“ filmen zu lassen. Die kurzen Videoclips wurden bei der Online-Sitzung abgespielt, die nach der Rekordzeit von knapp einer Stunde geschlossen wurde, worauf die Bildschirme wieder schwarz wurden.

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