O alte Waldstadtherrlichkeit, wohin bist du entschwunden?, könnte man in Anlehnung an das Studentenlied „O alte Burschenherrlichkeit…“ singen, das es seit 1825 gibt. „Nie kehrst Du wieder gold‘ne Zeit, so froh und ungebunden“, heißt es weiter im Text, aber von goldenen Zeiten in der alten Waldstadt Waldshut schwärmen allenfalls Romantiker oder manche ältere Bürger, die wehmütig auf ihre Jugend- oder Studentenjahre zurückblicken. Mitten im Leben stehende Zeitgenossen sehen es überwiegend anders. Städtebaulich haben Waldshut, Tiengen und Gurtweil aber noch immer Vortreffliches zu bieten, indem sie sich mit historischen Bauwerken brüsten. Die denkmalgeschützten Gebäude sind restauriert, doch die Gegend hat sich verändert und weiterentwickelt, wie auf alten Karten, die im Generallandesarchiv Karlsruhe (GLA) verwahrt werden, zu sehen ist.
Karten dokumentieren die Landschaft über Jahrhunderte
Alte Karten sind eine hervorragende Dokumentation der Landschaft über Jahrhunderte. Im Vergleich mit aktuellen topografischen Karten geben sie wertvolle Erkenntnisse für die landeskundliche und siedlungsgeografische Forschung. Vier ausgewählte historische Karten, die zwischen 1700 und 1752 entstanden sind, vermitteln einen Einblick in die frühere Zeit.
In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts war die Landesvermessung, das einst wesentliche Fundament der Kartenherstellung, noch wenig ausgeprägt, sodass die Landschaft mehrheitlich lediglich ansichtsmäßig dargestellt wurde, wobei künstlerische Freiheit herrschte. Erst ab 1775 gab es hierzulande ausgebildete Geometer, so den Waldshuter Johann Hünerwadel (1744 bis 1802), der nach seinen Vermessungen den „Plan der Vorderösterreichischen Stadt Waldshut“ erstaunlich genau fertigte. Doch erst im 19. Jahrhundert wurden mithilfe von Theodoliten Winkelmessungen vorgenommen, die für das Großherzogtum Baden ein trigonometrisches Landesnetz brachte, das immer mehr verdichtet wurde. Auf dieser Grundlage konnten für ungezählte Vermessungspunkte Koordinaten berechnet werden, aus denen genaue Gemarkungskarten entstanden.
Zurück ins 18. Jahrhundert. Richtig malerisch ist die Juristiktionsgrenzkarte zwischen Vorderösterreich und Klettgau in Landtafelmanier. Die Karte um 1700 umfasst das Gebiet zwischen Rhein, Schlücht und Steina. Die Gewässer sind blau und erhaben gezeichnet, im Vordergrund sind die Waldshuter Häuser und Kirche mit roten Dächern sowie die Stadtmauer als Ansicht zu sehen. Ebenso die Häuser von Gurtweil (in der Mitte) mit Kirche und Schloss, das von einer Ringmauer umgeben war, wobei die Dächer der Ortschaft gleich mit drei Farben (Rot, Blau und Gelb) koloriert sind.
Zur Brücke über die Schlücht gehört ein Wirtshaus, das Bruckhaus. Als Ansicht stellte der unbekannte Künstler der Karte auch Kirche, Häuser und Stadtmauer sowie zwei Befestigungstürme von Tiengen (oben in der Mitte) dar. Er brachte am oberen linken Bildrand selbst noch die Burg Gutenburg mit blauer Fahne in einer märchenhaften Ansicht unter. Bäume und Büsche sind übergroß und stilisiert gezeichnet. Die Karte hat das Format 33,5 mal 42 Zentimeter und wird beim GLA unter der Signatur „H Gurtweil 10“ geführt.
Karte zur Regelung eines Zoll- und Wasserstreits
Etwa 50 Jahre später, 1751, brachte Joh. Caspar Meyer, „Under-Vogt und Architectus zuo Megenwyl“ eine Landschaft zu Papier, die den Titel „Plaan des Rhein-Stromes samt deßen Auff- und Abfahrten, Anstößen, Grien, S(c)hächen und Sand-Bänken in der Gegend bey Coblentz ind der Graffschaft Badten“ trägt. Die Karte enthält den Rhein zwischen Ettikon, Zusammenfluss von Schlücht und Wutach und Aaremündung. Die Karte wurde zur Regelung eines Zoll- und Wasserstreits (für die Mühle) zwischen Waldshut und Koblenz gefertigt. Man sieht den Rhein mit Inseln, Sandbänken und Stromschnellen. Verbauungen am Rhein sind mit Buchstaben und Nummern versehen. Die Erklärung und Flächenübersicht sind in den Legenden aufgeführt.
Ferner enthält die Karte Wald, Felsen und Straßen. Die Häuser von Koblenz (in der Bildmitte) sind eingetragen sowie links und rechts des Rheins je ein Fahrhaus. Hier war der Rheinübergang und hier wurden die Fuhrwerke, die zu den Messen nach Zurzach wollten, hinübergesetzt. Die ummauerte Stadt Waldshut (rechts unten) durfte nicht fehlen, die heutige Kaiserstraße ist gut erkennbar. Als Kartenmaßstab werden „1000 Gemeinde Schritt, 3000 Bern Schuh“ angegeben, die in einer etwa 15 Zentimeter langen Maßstabsleiste am linken unteren Kartenrand angebracht ist. Ein Schritt wurde demnach mit drei Berner Schuhen gleichgestellt. Die 46,5 mal 66 Zentimeter große Karte wird beim GLA unter der Signatur „H Waldshut 7“ aufbewahrt.
Zeichnerische Darstellung von 1752
Nur ein Jahr später, 1752, wurde anlässlich der Regelung des Mühlenstreits von einem unbekannten Autor eine zeichnerische Darstellung angefertigt. Sie enthält die Grenze zwischen der Grafschaft Hauenstein und der Stadt Waldshut, ferner ist die Territorialzugehörigkeit (Schwarzenberg, Schweiz, Vorderösterreich) eingetragen. Die vom Streit betroffene Mühle (links von Koblenz) ist besonders hervorgehoben, ebenso das seit 1242 bestehende Fahrhaus (Bildmitte) an der Straße nach Waldshut. Den 200 Meter vom Rhein entfernten, etwas höher liegenden Haltepunkt „Waldshut-Fahrhaus“ der Eisenbahnlinie nach Konstanz, haben manche ältere Personen noch im Gedächtnis. An ihm konnten bis zu seiner Stilllegung 1977 Lonza-Arbeiter ein- und aussteigen. Die 23,5 mal 96 Zentimeter große Karte ist unter der Signatur „H Waldshut 8“ registriert.

Die Handzeichnung eines unbekannten Autors unter dem Titel „Plan zur Straßencorrecktur an der Schlüchtbrücke bei Tiengen“ von 1760 ist ebenfalls der Erwähnung wert. Es ist ein Lageplan in Landtafelmanier, in dem der alte und neue Straßenverlauf dargestellt sind. Die Straßenabschnitte mit Buchstaben sind in einer nebenstehender Legende erklärt. Am linken Kartenrand ist stilisiert ein Stadttor (Tiengen) gezeichnet. Die Entfernung bis dorthin waren 327 Ruthen (circa 980 Meter), mit dem Buchstaben G gekennzeichnet. Auch die anderen Straßenabschnitte, mit A bis F versehen, hatten Entfernungsangaben an den Buchstaben selbst, aber in einer Legende am linken Kartenrand noch näher erläutert.
Von besonderer Bedeutung sind aber die Schlücht und ihre gedeckte Holzbrücke, für die von 1575 bis 1871 ein Brückengeld erhoben wurde. Die in dieser Handzeichnung dargestellte Schlüchtbrücke wurde 1750 erneuert und zu ihrem Schutz oberhalb ein Wehr erstellt. 1796 brannten französische Truppen die Holzbrücke nieder. Sie wurde wieder aufgebaut und 1905 durch eine Steinbrücke ersetzt. Im Mittelteil der Karte sind Büsche und Bäume stilisiert gezeichnet. Die 21,5 mal 41,5 Zentimeter große nach Süden orientierte Karte hat die Signatur „H Tiengen WT 7“.