Hrvoje Miloslavic

Als Programmpunkt der Herbstlesungen hat Justus Ammann in der Wehrer Mediathek gastiert. Neben Kostproben aus seinem Buch „Abgedreht – Oder: Warum Donald Trump doch (k)eine Frau ist“ gab der als Werbetexter und freier Autor arbeitende gebürtige Schopfheimer literarisch verarbeitete Gedanken zum Besten, die als Blogs auf seiner Internetseite stehen.

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Was liegt für einen Schriftsteller näher, als sich selbst und seine unterschiedlichen charakterlichen Facetten – gerade in Zeiten von Corona – über das geschriebene Wort vorzustellen? Als der „Ironische“ stellte Ammann die Frage, wo auf einmal die vielen Desinfektionsmittel herkommen, die vor einigen Monaten noch als Mangelware galten.

Eine Geschichte aus dem Mittelalter

Zur Illustration seines bösen Verdachts hatte Ammann eine Geschichte parat: Ein Bader und ein Pfarrer sollen im Mittelalter während der großen Pest­epidemie durch die Lande gezogen sein. In Flacons abgefüllte Flüssigkeit priesen sie als Wasser aus dem Heiligen Land an, das gegen Krankheiten, ja selbst gegen die Pestilenz, schützten sollte. Was aus den Beiden geworden ist, sei nicht gesichert, erklärte Amman.

Die einen sagen, sie seien reich geworden, andere sagen, sie seien irgendwann von einer aufgebrachten Menge gelyncht worden, da sich herausgestellt habe, dass das angebliche Wunderwasser aus heimischen Gewässern stammte. Die Moral von der Geschichte: Geschadet habe das Wasser nicht, wenn es auch nicht geholfen habe. „So viel zum Thema Desinfektion“, so Ammann.

Empörung

Zu erleben war auch der „zornige“ Autor: „Blockwarte unter uns“, klagt Ammann in einem weiteren Blog. Den aus der deutschen Geschichte herrührenden Innbegriff des systemloyalen Denunziationseifer wittert Amman allenthalben am Werk. Leiste sich etwa ein Politiker in Zeiten der Corona-Pandemie das „Fehlverhalten“, einen Freund zu umarmen, ließen die Kritik „aufmerksamer Bürger“ und der Medien-Shitstorm nicht lange auf sich warten. „Der liberale Charakter wurde gekapert vom Rigorismus“, sagte Amman. „Viele Regeln sind wichtiger als Menschlichkeit.“

Der Roman

Dann war es Zeit, sich dem Hauptwerk der Lesung zu widmen: „Ein nicht ganz ernst gemeinter Thriller“, erfährt der Leser anhand des Untertitels des Buches. Die Handlung: Klaus aus Gersbach und Amon aus Hamburg scherzen via Facebook. Als Psychologen glauben sie Hinweise darauf gefunden zu haben, dass es sich beim US-Präsidenten Donald Trump um eine operativ umgewandelte Frau handele. Weil nun die Saudis darüber Bescheid wüssten, werde die US-Regierung erpresst. Kaum ist der spaßige Chat aber beendet, geraten beide in Lebensgefahr. Agenten verschiedener Geheimdienste geben sich in einer turbulenten Agentengeschichte plötzlich die Klinke in die Hand.

Mit Lokalkolorit

Große Literatur zu verfassen, war nicht die Absicht des Autors. Amman ist es jedoch gelungen, eine spannende, witzige und auch in sprachlicher Hinsicht genüssliche Agentengeschichte mit charmantem Lokalkolorit zu entwickeln. Für das ironische, augenzwinkernde Flair sorgen nicht zuletzt Orte der Handlung wie das abendliche, verregnete Gersbach, die Bad Säckinger Holzbrücke oder der Burghof in Lörrach. Elemente einer bisweilen leicht grotesk anmutenden Parodie sind freilich nicht unbeabsichtigt. Die Gäste in der Mediathek kamen in den Genuss eines unterhaltsamen Abends, den der Autor mit seiner natürlichen und kommunikativen Art zusätzlich zu bereichern wusste.