„Über den Winter erhalten alle Beteiligten Fragebögen zu ihren Wünschen“, erklärt Projektleiterin Karin Kirchner-Behringer die nächsten Schritte. Aktuell fänden noch Vermessungsarbeiten der knapp 800 Hektar großen Fläche statt um eine solide Kartengrundlage zu schaffen.
Dann geht es um die individuellen Vorstellungen: Möchte man zukünftig mehr oder weniger Land haben, oder vielleicht Wald statt Wiese? Oder sogar das vor langer Zeit geerbte Fleckchen Dinkelberg endlich verkaufen? Bei über 800 Beteiligten steht Kirchner-Behringer und ihren Mitarbeiter ein gewaltiges Puzzle ins Haus. Für die Beteiligten ist diese Vorgehensweise in vieler Hinsicht interessant: ein Landwirt kann so seine Flächen vergrößern und brach liegende Flächen können wieder bewirtschaftet werden, da man den lange verzogenen Erben wiedergefunden hat. Einige Beteiligte hätten auch Verkaufsinteresse signalisiert: Im Rahmen der Flurneuordnung geht dies ohne Notar und Nebenkosten. Diese Landstücke gehen dann an die Teilnehmergemeinschaft und werden entweder weitergegeben oder für Ausgleichsmaßnahmen genutzt, so Kirchner-Behringer. Damit es gerecht zugeht wurde vorher jedes Grundstück in Werteinheiten bewertet.
Der enorm zeitaufwändige Prozess lässt nach jedem Zwischenschritt Einsprüche zu – schließlich soll die Umverteilung fair und rechtssicher sein. Und so rechnet die Projektleiterin auch mit rund eineinhalb Jahren, bis alle Wünsche erfasst sind. „Nach dem Fragebogen führen wir mit jedem ein individuelles Gespräch. Das ist aufwändig, besonders bei Auswärtigen,“ erklärt Kirchner-Behringer. Dazu kommen, dass Termine auch mal vergessen würden oder Teilnehmer neu ermittelt werden müssen aufgrund einer Erbschaft oder eines Verkaufs.
Klimawandel sorgt für Zusatzkosten
„Das dritte Baulos ist erfolgreich abgeschlossen und wurde abgenommen“, freut sich Projektleiterin Karin Kirchner-Behringer. Innerhalb von drei Jahren wurde auf dem Dinkelberg das Wegenetz überarbeitet. Die neuen Wirtschaftswege geben und die Struktur für die zukünftige Neuordnung an, mit neuen Parkplätzen wurde auch der Naherholung Rechnung getragen. In drei Abschnitten wurde sich von Norden nach Süden vorgearbeitet. Als eine unerwartete Herausforderung stellte sich der Klimawandel dar: viele der neuen Wege sind wassergebunden, entwickeln also erst durch ausreichend Feuchtigkeit ihre gewünschte Festigkeit.
Durch die letzten trockenen Sommer mussten die frisch angelegten Wege nun bereits wieder ausgebessert werden: 230 Tonnen Kalkschotter mussten in diesem Jahr neu ausgebracht werden. Da die fertigen Wege bereits 2017 an die Stadt Wehr übergeben wurden, belasteten diese Arbeiten das Stadtsäckel nun mit rund 25.000 Euro. Dem feierlichen Spatenstich für die Wegerarbeiten im September 2016 gingen bereit 15 Jahre Planung voraus: „Als altes Schlachtross der Flurneuordnung hätte ich nicht gedacht, diesen Tag noch zu erleben“, so damals Staatssekretärin Friedlinde Gurr-Hirsch. Tatsächlich ist das Verfahren auf dem Dinkelberg wegen der vielen Grundstücke und der zahlreichen Beteiligten ein ungewöhnliches Mammutprojekt.
Pläne für eine Neuordnung gab es schon in den 50iger Jahren, scheiterten jedoch immer wieder am Widerstand der Bevölkerung. Schließlich gab der Gemeinderat 2001 den Startschuss – ein Endtermin ist wegen der vielen Unwägbarkeiten noch nicht spruchreif.
Viele Hürden wurden aber bereits genommen: Die Teilnehmer wurde teils unter schwierigen Bedingungen ermittelt, die rund 800 Hektar wurden vermessen und bewertet. Allein drei Jahre brauchte der Wegebau. Wenn alle Wünsche der Beteiligten gesammelt sind, kann es endlich zum Kern der Neuordnung weitergehen: der Neuzuteilung der Grundstücke.