„Es ist so gemütlich hier. Ich kann gar nicht glauben, dass ich in einer Schule bin.“ Tief beeindruckt sitzt Plan-B-Reporterin Refiye Ellek mit der Lernpartnerin Amelie aus der elften Klassenstufe im Meditationsraum der Alemannenschule in Wutöschingen (ASW) und lässt die besondere Atmosphäre auf sich wirken. Es ist Sonntagabend, doch im Schulhaus herrscht reges Leben, denn eine Gruppe Lernpartner (Schüler) der Sekundarstufe 2 veranstaltet gerade eine Physiknacht.
Eine Woche Dreharbeiten
Auf der Suche nach Visionären, die unser Lernen revolutionieren, ist die ZDF-Redakteurin bei Stefan Ruppaner, Schulleiter der ASW Wutöschingen, fündig geworden. Eine Woche wurde für die Dokumentationsreihe „plan b – Da geht was Deutschland“ mit dem Thema „Wer wappnet unsere Kinder für die Zukunft?“ an der Schule gedreht.
Am Samstag, 26. August, um 17.35 Uhr, wird der Film im ZDF gezeigt. Refiye Ellek zeigt sich begeistert, wie Schule kreativ gestaltet erfolgreich funktionieren kann. Stefan Ruppaner hat eine neue Pädagogik entwickelt, die sich vom bestehenden Schulsystem immer weiter entfernt. Dass Lernen im staatlichen Schulsystem auch anders und vor allem ohne Leistungsdruck möglich ist, beweist er seit zehn Jahren erfolgreich.
Als seine Grund- und Hauptschule im Jahr 2009 vor der Schließung stand, hat der Lehrer aus Leidenschaft seine Vision vom individuellen und selbst bestimmten Lernen mutig umgesetzt und mit seinem Team einen völlig neuen Lernort mit einer digitalen Umgebung geschaffen. Das Modell der Gemeinschaftsschule, welches zu der Zeit in Baden Württemberg eingeführt wurde, passte hervorragend zu seiner Vision.
Keine Klassenräume und keine Stundenpläne
Keine Klassenräume, keine Schulbücher keine Stundenpläne – kann Schule so funktionieren? Das haben sich Refiye Ellek und Juliane Tutein gefragt und für die ZDF-Sendung die ASW unter die Lupe genommen – und dabei Schule völlig neu erlebt. „Bei uns steht das Lernen im Mittelpunkt des Handelns – um dies zu ermöglichen haben wir zahlreiche Werkzeuge entwickelt und vieles abgeschafft, was beim Lernen hinderlich ist“, so Stefan Ruppaner.
Er erklärt: „Wenn die Lernpartner dauernd in den Unterricht müssen, haben sie keine Zeit zum Lernen und wenn Lehrkräfte durch Unterricht gebunden sind, fehlt diese Zeit für das individuelle Coaching.“ Sein Statement „Unterricht ist aller Übel Anfang“ sei nur das Resultat positiver Erfahrungen, die er mit seinem Team gemacht habe, nachdem möglichst viel Unterricht weggelassen wurde.
iPad statt Schulranzen mit Büchern
Auch die Nutzung der digitalen Medien ist an der ASW eine Selbstverständlichkeit. „Jeder Lernpartner hat ein iPad, keiner trägt mehr einen Schulranzen mit Büchern, denn auf unserer digitale Lernplattform sind alle Materialien hinterlegt.“ Die Kinder online fit zu machen, ist aber nur ein Teil des Konzeptes. „Es ist uns wichtig, den Kindern viel mehr zuzutrauen und sie beim selbstständigen Lernen zu unterstützen. Das kommt bei den Kindern und Jugendlichen super gut an.“
Die Lernpartner kommen laut Ruppaner gerne in die Schule, bleiben länger, verbringen ihre Freizeit und Wochenende hier, organisieren Schulübernachtungen. „Ich finde das richtig cool, dass wir so viel Vertrauen von der Schulleitung und Lehrer genießen und wir die schönen Räume unserer Schule jederzeit nutzen dürfen. Das ist auch sehr wertschätzend“, freut sich Lernpartner Amelie.
„Unser staatliches Schulsystem ist so angelegt, dass es das Lernen verhindert“, erklärt Stefan Ruppaner. „Ich wünsche mir für die Zukunft, dass wir das Lernen in den Mittelpunkt stellen, und nicht das Lehren.“
In seiner Schule habe er den Unterricht größtenteils durch seine Schmetterlingspädagogik ersetzt, deren beide Flügelseiten zum einen das selbst organisierte Lernen und zum anderen das Lernen durch Erleben sind. An der ASW Gemeinschaftsschule Wutöschingen können die Lernpartner von der ersten bis zur 13. Klasse lernen und alle Schulabschlüsse erreichen.
Nummer 1 im Ranking der Redaktion
Nach ihrer Zeit in Wutöschingen zieht auch Reporterin Refiye Ellek Resümee: „Ja, Schule kann auf diese Weise funktionieren – sogar ganz hervorragend – Stefan Ruppaner war davon überzeugt und mutig genug es vorzuleben – deshalb ist er für uns von Plan B auch unsere Nummer 1.“
Stefan Ruppaner selbst hatte von dem Ranking vor der Filmveröffentlichung übrigens keine Ahnung, freut sich aber über die Anerkennung: „Ich bin allen Eltern, Kindern, Jugendlichen und Unterstützen dankbar, die an diese Vision eines neuen Schulsystems geglaubt und sie unterstützt haben – ohne dieses Vertrauen gäbe es unsere Schule heute nicht.“