Die Fasnacht in Allensbach ohne Ludwig Egenhofer an der Spitze? Das können sich viele bisher kaum vorstellen, ganz einfach, weil sie es nur so kennen. Fast zwei Generationen von Allensbacher Narren sind in seiner Präsidentschaft seit der Fasnacht 1975 groß geworden – mit seinen allefänzigen Späßen, seinen närrischen Ideen und seiner markigen Stimme.
Doch nun wird bald Schluss sein für den ewigen Präsidenten des Allensbacher Narrenvereins Alet. Als Ludwig Egenhofer dies im Februar beim Jubiläumsabend zum 111-Jährigen ankündigte, waren viele überrascht. Doch nach 45 Jahren als Präsident sei es nun endgültig gut, meint er. Er kenne keinen Narrenpräsidenten, der so lange im Amt war. „Ich habe alle überlebt.“
Aber klar sei natürlich: „Mich wird man weiterhin an der Fasnacht sehen“, erklärt er schmunzelnd. „Ich habe schon noch Ideen.“ Allerdings privat und nicht als Narrenrat. „Da ziehe ich mich wirklich zurück.“ Er habe aber seinem designierten Nachfolger Dominik Spießer seine Unterstützung zugesagt, wenn er diese möchte – so wie dieser ihn als Vize auch immer unterstützt habe. Und es sei auch schon angedacht, dass er weiter an den Alet-Abenden mitwirken werde – in irgendeiner Form, so der 66-Jährige.
Nach einem Jahr an die Spitze
Völlig unerwartet sei er einst ins Amt gekommen, erinnert sich Ludwig Egenhofer. Während der Fasnacht 1974, als er gerade mal ein Jahr lang Narrenrat gewesen sei, hätten sein Vorgänger Josef Gensle und ein paar Narrenräte ihn zu sich an die Theke im damaligen Gasthaus Engel geholt. Gensle habe gesagt: „Du musst mein Amt übernehmen.“ Und habe dies damit erklärt, dass er selbst schwer krank sei.
„Dann hat man den Jüngsten genommen“, so Egenhofer. Und obwohl seine Eltern gesagt hätten, „Du bist verrückt. Du bist zu jung“, habe er sich gedacht: „Wenn sie keinen anderen haben, mache ich es.“

Dass er dann so lange Präsident bleiben würde, hätte er natürlich nicht gedacht, so Ludwig Egenhofer. Aber es habe auch nie jemanden gegeben, der das Amt übernehmen wollte. „Wenn einer einen Job hat und er macht das einigermaßen gut, da findet man keinen. Es sind alle froh, wenn‘s einer macht.“ Eigentlich habe er 2009 zum 100-Jahr-Jubiläum des NV Alet aufhören wollen. Aber die Narrenräte hätten ihn überredet, noch ein paar Jahre weiterzumachen.
Höhepunkte seiner Präsidentschaft
Dieses 100-Jährige sei für ihn der absolute Höhepunkt seiner Präsidentschaft gewesen, erklärt Ludwig Egenhofer. Mit dem großen Narrentreffen der Narrenvereinigung Hegau-Bodensee, das live vom SWR übertragen wurde. Aber vor allem deshalb: „Es war toll, wie alle mitgemacht haben – die ganze Gemeinde und die Bevölkerung.“
Zu den Höhepunkten zähle er auch die anderen vier großen Narrentreffen in den Jahren 1979, 1990, 1999 und 2016. Und jedes Jahr seien für ihn die Alet-Abende, die Herausgabe eines Narrenblatts sowie der Fasnetmäntigumzug Höhepunkte gewesen, weil die Leute das Fasnetmotto einfallsreich umgesetzt hätten. Dabei betont er: „Die Narrenräte sind nur die, die etwas anregen. Die Fasnacht machen die Leute.“ Wobei er als Präsident und der Narrenrat immer auf die Unterstützung der Narrengruppen und vor allem seiner Frau hätten zählen können.
„Zurück zu den Wurzeln“
Gemeinsam hätten sie so einiges in seiner Amtszeit bewegen können. Zum Beispiel die Einführung der Fasneteröffnung am 11.11. am Mühlebach mit dem Fang des Alet. Oder die Alet-Abende, die vom Löwen-Saal in die Bodanrückhalle verlegt wurden und dabei nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ andere Dimensionen bekommen hätten.

Der Fasnetmäntigumzug sei zuvor etwas eingeschlafen gewesen und wieder belebt worden – und damit generell die Straßenfasnacht. „Da sind wir wieder zurück zu den Wurzeln.“ Und erfreulicherweise hätten die Narrengruppen ganz allgemein einen Aufschwung erlebt.
Natürlich habe es auch ein paar Tiefpunkte gegeben, erklärt Ludwig Egenhofer. So etwa den Tod seines Vorgängers 1978 oder die Absage der Fasnacht wegen des Golfkriegs 1991. „Das haben wir nicht verstanden. Aber es gab trotzdem den schönsten Hemdglonkerumzug aller Zeiten.“ Ohne Ankündigung und damals natürlich noch ohne Online-Möglichkeiten habe es sich herumgesprochen, dass man sich abends im Gasthaus Eintracht treffen wolle. Es seien immer mehr gekommen. „Da hat man gespürt, dass etwas fehlt und die Bevölkerung sich von der Obrigkeit nicht alles vorschreiben lässt.“
„Die Fasnacht ist im Menschen drin“
Deshalb erwarte er auch, dass trotz Corona am nächsten Schmotzigen Dunschtig, am 11. Februar 2021, Leute in Allensbach ein Fasnethäs anziehen werden. „Die Fasnacht ist im Menschen drin. Die Allensbacher hatten schon immer echtes Narrenblut in den Adern“, meint Ludwig Egenhofer. „Die Fasnacht wird nicht aussterben. Aber man muss sie pflanzen und pflegen.“
Und deshalb sei es für den NV Alet immer wichtig gewesen, dieses närrische Brauchtum an die Kinder weiterzugeben. Es sei schade, dass wegen Corona vieles abgesagt werden müsse. So auch das erst in diesem Jahr wiederbelebte Maschgere oder Schnurren in den Kneipen, das toll angekommen sei.
Aber er sei auch froh, dass die letzte Fasnacht in seiner Präsidentschaft mit dem 111-Jährigen noch normal über die Bühne gehen konnte. Und dass nicht die Fasnacht die Ursache für den Ausbruch der Ansteckungen in Süddeutschland gewesen sei. Nun werde es halt eine spontane Fasnacht. Aber irgendwann werde es alles andere wieder geben, sagt Ludwig Egenhofer: „Ich bin Berufsoptimist.“