Die Gemeinde hat erneut kräftig in eine Immobilie investiert. Sie hat nun auch das Gebäude Rathausplatz 6 erworben, in dem unten die Gaststätte Scharfes Eck ist. Was dafür an Steuergeld geflossen ist, will Bürgermeister Stefan Friedrich nicht verraten. „Kaufpreise werden bei uns in Allensbach nicht-öffentlich behandelt, zum Schutz der handelnden Personen und weil das Auswirkungen hat auf die Preise im Ort.“
Nach SÜDKURIER-Informationen lag der Kaufpreis bei rund einer Million Euro – und damit in der Größenordnung, die die Gemeinde vor einem Jahr jeweils für die Gebäude Rathausplatz 7 (mit Frisörgeschäft) und Steig 7 (alte Post) bezahlt hat.
Rechnet man das Adler-Areal hinzu (plus kleines Grundstück an der Bahn), was die Gemeinde vor fünf Jahren für 700.000 Euro ersteigert hat, hat Allensbach in Friedrichs Amtszeit rund 3,7 Millionen Euro in Immobilien im Ortszentrum investiert. Die Entscheidung trifft freilich immer der Gemeinderat.
Kauf war nicht geplant
Der Kauf des Gebäudes Rathausplatz 6 sei nicht geplant gewesen, erklärt Friedrich. Das Haus sei vielmehr kurzfristig der Gemeinde angeboten worden, wobei die sie ohnehin ein Vorkaufsrecht gehabt hätte, weil dieses Gebäude ebenso wie die beiden vor einem Jahr innerhalb des Landessanierungsprogramms (LSP) für die Ortsmitte liegt.
„Es ist ein Glücksfall, dass wir das Haus kaufen konnten“, meint der Bürgermeister. „Es ist das letzte fehlende Puzzlestück am Rathausplatz.“ Denn die Gebäude Nummer 6 bis 10 (sowie 2 mit Museum) gehören nun der Gemeinde – also die ganze Häuserzeile vom Löwengässle bis zum Pfarrhaus.
„Das haben wir als Zukunftssicherung betrieben“, betont Friedrich. „Die Gemeinde kann jetzt bestimmen, was am Rathausplatz passiert.“ Zudem habe das Haus 6 auch Einfluss auf die Nachbargebäude, weil alle aneinander gebaut sind und hintere Ausgänge über Nachbargrundstücke führen.
Gaststätte soll neu verpachtet werden
Die Nutzung soll nicht verändert werden, so der Bürgermeister. Das Scharfe Eck ist aktuell geschlossen, weil der bisherige Wirt das Lokal abgegeben hat. Die Gaststätte soll aber neu verpachtet werden, so Friedrich.
Die derzeit leer stehende Wohnung im Geschoss darüber könnte die Gemeinde als Pächterwohnung vermieten, die Wohnung im oberen Geschoss solle ebenfalls wieder vermietet werden, sobald der dort wohnende bisherige Eigentümer ausgezogen sei. Saniert werden müsse nichts am Gebäude, so der Bürgermeister. „Das Haus ist in einem guten Zustand.“ Es könnte höchstens sein, dass in der Gaststätte je nach künftigem Pächter eine andere Ausstattung nötig werde.
„Nichts auf unserer Einkaufsliste“
Trotz der zuletzt innerhalb eines Jahres getätigten hohen Investitionen wolle die Gemeinde nicht grundsätzlich weiter aktiv werden in der Grundstückspolitik, erklärt Friedrich. Diese Käufe hätten sich einfach angeboten. „Ansonsten steht nichts auf unserer Einkaufsliste.“ Es gelte ja auch andere große Projekte wie das neue Kinderhaus zu stemmen.
Im Haushaltsentwurf 2021 stehen gerade mal 200.000 Euro für allgemeinen Grunderwerb. Da der Kauf des Rathausplatz 6 nicht geplant war, musste die Million anders finanziert werden. Das Geld kam aus einem Posten von 2,7 Millionen Euro, der im laufenden Haushalt für die restlichen Zahlungen fürs Neubaugebiet Kaltbrunn vorgesehen war, was aber nicht abgewickelt worden sei, so Rechnungsamtsleiterin Silvia Schlegel.
Dieser Betrag ist nun im Jahr 2022 wieder in die Haushaltsplanung eingestellt. Der Bürgermeister erklärt, es werde noch geprüft, ob es für den Kauf des Rathausplatz 6 Fördermittel aus dem LSP geben könne. Das dürfte aber, wenn überhaupt, nicht allzu viel sein, weil das Haus nicht saniert werden soll.
Hohe LSP-Zuschüsse
Das sehe bei den vor einem Jahr gekauften beiden Häusern anders aus. Hier könne die Gemeinde LSP-Zuschüsse von mehreren hunderttausend Euro erwarten, weil die Gebäude saniert werden sollen.
Beim Haus Rathausplatz 7 ist auch bereits die künftige Nutzung beschlossen. Dort und in Räumen der benachbarten Seniorenwohnanlage sollen für die Verwaltung rund 170 Quadratmeter neue Büroflächen plus ein Bürgerbüro entstehen. Das genaue Konzept soll im Rahmen eines Architektenwettbewerbs erstellt werden, den der Gemeinderat jüngst beschlossen hat. Klar ist, dass das Frisörgeschäft deshalb irgendwann schließen muss, weil es umgebaut werden soll.
Alte Post steht unter Denkmalschutz
Anders sieht es bei der Steig 7 aus. Dort laufen aktuell noch die Abklärungen, was gemacht werden darf, so der Bürgermeister. „Wir haben Gutachten in Arbeit.“ Weil die alte Post unter Denkmalschutz steht, habe sich dort auch bereits das zuständige Landesamt umgeschaut. Theoretisch könnten darin mehr – bis zu sechs – Wohnungen entstehen, so Friedrich.
Außerdem könnte auf dem Grundstück noch ein weiteres, kleineres Haus neu gebaut werden. Für die Sanierung und den möglichen Neubau hat das Rechnungsamt in der mittelfristigen Planung bis 2024 bisher 2,2 Millionen Euro vorgesehen. Wobei Friedrich betont: „Das ist eine Schätzung.“ Und was dort letztlich gemacht werde, entscheide der Gemeinderat. Er wolle das Thema nächstes Jahr auf die Tagesordnung bringen.
Auch ein Verkauf ist denkbar
Denkbar wäre es aber auch, die Steig 7 wieder zu verkaufen. Da der aktuelle Investitionsplan bis 2024 Ausgaben von rund 25 Millionen Euro auflistet, hat Schlegel zur Finanzierung auch die Veräußerung von Vermögen vorgeschlagen. Und als mögliches Objekt nennt sie – nebst den Anwesen Adler, Kirchgasse 5 und Konstanzer Straße 3 – die Steig 7.
Ob und was verkauft wird, müsse der Gemeinderat entscheiden, so Friedrich. Allerdings glauben weder er noch der Rat wirklich, dass sich alles in der mittelfristigen Planung wird umsetzen lassen. „Da stehen viele Wünsche drin“, so Friedrich. „Wir werden jedes Jahr prüfen, was geht und was nicht.“
Grundstücke für Neubaugebiete
Die Gemeinde hat in den vergangenen ein bis zwei Jahren auch Grundstücke für die geplanten Neubaugebiete in Kaltbrunn und Hegne gekauft. Es sei aber erst ein kleiner Teil des Preises geflossen, so Friedrich.
Der Hauptteil werde fällig, wenn daraus Bauland geworden sei – und somit Verkäufe diese Käufe refinanzieren. Hegne taucht in der mittelfristigen Planung noch gar nicht auf. Fürs Neubaugebiet Kaltbrunn sind bis 2024 für Kauf und Erschließung rund 3,8 Millionen Euro veranschlagt.