Warum lässt sich jemand den Begriff Apfelzügle als Marke schützen? Und darf man das überhaupt? Dies sind zwei der Kernfragen im Rechtsstreit zwischen dem Landwirt Marco Roth aus Lippertsreute und der Gemeinde Bodman-Ludwigshafen. Inzwischen ist in diesen Fall, der seit 2018 schwelt, sogar der Europäische Gerichtshof involviert (siehe unten).
Familie Roth hat sich einen Wirtschaftszweig rund um Veranstaltungen mit dem Apfelzügle aufgebaut, dies als Marke schützen lassen und will dies verteidigen, damit niemand ihr Geschäft schädigt. Matthias Weckbach, Bürgermeister von Bodman-Ludwigshafen, kämpft mit Unterstützung des Gemeinderats und des betroffenen Ludwigshafener Landwirts Uwe Specht dafür, die Markeneintragungen zum Apfelzügle aufzuheben, weil dies ein allgemeingebräuchlicher Begriff sei, den man nicht schützen könne, wie er sagt. „Es geht um die Rechtssicherheit“, sagt Weckbach. Er habe Rückmeldungen von verschiedenen Leute erhalten, die es unmöglich fänden, was Familie Roth mache. Viele Landwirte würden ihm danken, dass sich jemand darum kümmere.
Wiederholte Probleme mit Verwechslungen
Marco Roth und sein Anwalt Christoph Lang schildern im Gespräch mit dem SÜDKURIER, was eigentlich hinter der geschützten Marke Apfelzügle und der Markeneintragung steckt. Roth, der vor zwei Jahren den Betrieb von seinem Vater Hans-Dieter übernommen hat, erklärt, dass es die Veranstaltungen mit dem Apfelzügle auf Hof Neuhaus schon seit rund 20 Jahren gebe. Sein Vater habe die Idee dazu gehabt und man habe sich einen Kundenstamm aufgebaut.
Es habe wiederholt Probleme mit Verwechslungen zu ähnlichen Angeboten anderer Anbieter gegeben, bei denen die Kunden über die Internetsuche gelandet seien. So erzählt er von einer Frau, die eigentlich auf den Hof der Roths kommen wollen habe, über das Internet unwissentlich ein anderes Apfelzügle gefunden habe, besucht habe und dann enttäuscht gewesen sei, weil sie die Nudelsuppe dort nicht bekommen habe, die es bei den Roths gebe. Man habe ihr dort auch nicht gesagt, dass sie eigentlich falsch sei.
Ziel ist der Schutz des guten Rufes
Marco Roth will den guten Ruf schützen, den er und seine Familie mit dem Apfelzügle aufgebaut haben. Das Apfelzügle der Roths habe einen großen Kundenkreis über verschiedene Busunternehmen in Baden-Württemberg, Bayern, die Schweiz und Österreich. Über diese würden die Veranstaltungen beworben und könnten dort gebucht werden. Es ist ein großer Geschäftszweig für Familie Roth. Nur während der Pandemie konnte nichts stattfinden. Auf eine Frage sagt Roth, es gehe dem Betrieb so wie der gesamten Tourismusbranche.
Christoph Lang erläutert zu den rechtlichen Hintergründen, dass das Geschäftskonzept zwar nicht schutzfähig sei, aber der Name. Familie Roth habe sich die Marke Apfelzügle bereits 2007 eintragen lassen und einige Jahre später den Anwalt ins Boot geholt, als es um eine Verlängerung der Marke ging, da solche Markeneintragungen in bestimmten Zeitintervallen erneuert werden müssten.
Markenämter hatten keine Beanstandungen
„Immer wenn eine Marke eingetragen wird, müssen die Ämter die Schutzfähigkeit prüfen“, sagt Lang und ergänzt zur Marke Apfelzügle: „Zwei Markenämter, nämlich das Deutsche und das Europäische Markenamt, hatten unabhängig voneinander keine Beanstandungen. Auf diesen Vertrauenstatbestand können wir uns berufen.“ Das deutsche Markenamt sei sogar relativ streng.
Zur Veranschaulichung zieht Lang die Marke Apple heran, die nach dem englischen Wort für Apfel benannt ist. Das Wort Apple müsse zwar für die allgemeine Benutzung offen stehen, wenn es um Obst gehe und sei in diesem Zusammenhang nicht schutzfähig, aber im Computerbereich dagegen sei es kein allgemeingebräuchlicher Begriff und könne geschützt werden. Es sei dann keine unmittelbare Beschreibung, sondern eine Bezeichnung im Bereich der Dienstleistung und Elektronik.
Bisher acht Markenrechtsverstöße
Wenn eine Marke eingetragen sei, müsse man sie verteidigen, sonst könne sie erlöschen, erklärt Roth. Seit er die Familie Roth vertrete, habe es etwa acht Fälle mit Markenrechtsverstößen gegeben, in denen man gegen die Verursacher vorgegangen sei. „In der Regel sehen es die Leute ein“, sagt er.
Roth und Lang hoffen, dass die Gerichtsentscheidung am Ende die Eintragung der Marke Apfelzügle bestätigen werde. Ein solches Urteil könnte dann künftig mitgeschickt werden, falls es wieder einen Markenrechtsverstoß gebe. Roths Anwalt bedauert es aber, dass der Rechtsstreit mit Bodman-Ludwigshafen inzwischen an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) geht.
Der Vorfall und die Gerichte
Hintergrund: Im Sommer des Jahres 2018 hat die Gemeinde Bodman-Ludwigshafen in ihrem Ferienprogramm mit einer Veranstaltung des Ludwigshafener Obsthofs Specht geworben. Dabei wurde der Begriff Apfelzügle verwendet. Die Teilnehmer konnten mit einem kleinen Traktor mit Anhängern fahren, die wie ein kleiner Zug aussehen. Dazu sollte es Infos rund um den Apfel geben. Die Ankündigung stand bei der Gemeinde und der Deutschen Bodensee Tourismus GmbH (DBT) auf den jeweiligen Internetseiten – alle erhielten dann Post von Marco Roths Anwalt, da der Landwirt aus Lippersreute seine Apfelzügle-Veranstaltungen markenrechtlich schützen lassen hatte. Die DBT unterzeichnete eine Unterlassungserklärung, die Gemeinde und Specht taten dies jedoch nicht. Der Fall ging dann vor Gericht.
Verhandlungen: Die Beteiligten standen bereits mehrfach in München vor Gericht – erst am Landgericht, wo Fälle des Patent- oder Markenrechts verhandelt werden, dann am Oberlandesgericht (OLG). Nach einem Teilerfolg für Bodman-Ludwigshafen zog Marco Roth seine Klage eigentlich zurück, doch die Gemeinde erhob Widerklage, um alle Apfelzügle-Markeneintragungen löschen zu lassen.
Europäischer Gerichtshof: Das Ergebnis der jüngsten Verhandlung ist, dass nun der Europäische Gerichtshof (EuGH) prüfen und entscheiden soll, inwiefern das OLG die abschließende Entscheidung in der Widerklage fällen kann. Denn das OLG hatte zuletzt Zweifel an seiner Zuständigkeit in diesem Fall. Wann genau eine Antwort zu erwarten ist, sei unklar, so Roths Rechtsanwalt Christoph Lang. (löf)