Von 2020 bis 2023 wurde das Restaurant „s´Äpfle“ mit einem roten Michelin-Stern des Guide Michelin für seine herausragende Küche ausgezeichnet. Dann war erstmal Schluss mit der Sterne-Küche. Aber der Hotelbesitzer Christopher Wolfram von Prack wollte diesmal nach dem grünen Stern greifen. Im Oktober dieses Jahres hat es geklappt. Der Besitzer des Seehotel Villa Linde in Bodman hat bei der erstmaligen Vergabe den „Michelin Key“ (zu deutsch: Michelin Schlüssel) erhalten. „Als einer der ersten am Bodensee“, betont der Hotelbesitzer voller Stolz. Sein Rezept des Erfolgs lautet scheinbar einfach: „Wir wollten heimische Produkte anbieten und nicht das Fleisch aus Argentinien.“ Es sei Zeit für ein Umdenken.
Der grüne Stern, welcher ebenfalls vom Guide Michelin vergeben wird, ist eine Auszeichnung für „herausragende Hotels“. Vergeben werden zwischen einem und drei „Keys“. Diese spezielle Auszeichnung für Hotels hatte der Reiseführer Guide Michelin im April dieses Jahres eingeführt. Neben dem Seehotel Villa Linde wurden auch das Boutique-Hotel Friesinger in Kressbronn am Bodensee, das Hotel Riva in Konstanz und das Hotel Heinzler am See in Immenstaad am Bodensee mit einem von drei möglichen „Keys“ ausgezeichnet.
„Dass wir Tore schießen können, haben wir bewiesen“, sagt von Prack. Damit meint er die Leistung seiner Küche. Er wollte aber mehr als die Küche in den Vordergrund rücken, nämlich das ganze Hotel. Der gebürtige Salzburger erinnert sich, wie er seinem damaligen Küchenchef vorschlug, das erste Haus am See zu werden, das einen grünen Stern bekommt.
Mit einem Konzept, das von Prack als „R90“ bezeichnet: „Region Bodensee plus 90 Kilometer Umkreis. Weiter weg sollten unsere Produkte, die wir verwenden, nicht produziert werden“, erläutert der 59-Jährige. Zu sehen ist das in Flaschenform auf der Karte: Alle Weine stammen von Winzern in der Region.
Bodenständigkeit statt 15-Gänge-Menü
Kurzum bedeute das, so von Prack: „Weg vom Loup de Mer und hin zum Felchenfilet.“ Ein großer Spagat, der – wie er sagt –, mit dem damaligen Küchenchef nicht umsetzbar gewesen sei. Es fand ein Wandel statt: Vom 15-Gänge-Menü hin zu Regionalität und Bodenständigkeit. Mut, der prompt belohnt wurde. Noch bevor der Hotelbesitzer vom Herausgeber der Sterne eine Mitteilung zu seiner Auszeichnung erhielt, kamen Glückwünsche zur Verleihung des grünen Sterns per Brief vom baden-württembergischen Landtag.
Katrin Schindele (CDU), tourismuspolitische Sprecherin, schrieb: „Diese Auszeichnung ist ein großartiger Erfolg für Ihr Hotel und unterstreicht seine Bedeutung für den Tourismus in der Region.“ Diese Auszeichnung hebe eindrucksvoll hervor, wie die Sprecherin schrieb, dass die Villa Linde in den Bereichen Architektur, Innendesign, Servicequalität und Preis-Leistungs-Verhältnis überzeuge. Weltweit wurden im Zeitraum von vier Jahren 5000 Hotels nach eben diesen Kriterien bewertet, wie es auf der Internetseite des Guide Michelin heißt.
Ein besonderer Aufenthalt am Bodensee
Kriterien, die auch die Gäste positiv bewerten, wie Ulrike Schätzle als Empfangschefin bestätigen kann: „Es ist ein kleines, feines und schönes Haus mit sehr guter Betriebsatmosphäre.“ Die 60-Jährige aus Bondorf ist seit dreieinhalb Jahren das Gesicht, die Stimme und die Wächterin über die 14 Hotelzimmer. Sie hat den Wandel in der Küche miterlebt und empfinde es „jetzt freier, lockerer und zwangloser, die Gäste sind dennoch die gleichen“, erzählt Schätzle.

Ein Blick in die Kommentarspalten der Buchungsplattform Booking zeichnet dieses Bild nach. So schreibt ein Gast namens Edgar aus der Schweiz: „Sehr aufmerksames Personal, tolles Ambiente. Ein wunderschönes Zimmer mit Seeblick!“ Was Gäste bemängeln, beschreibt eine Hotelbesucherin namens Nicole, ebenfalls aus der Schweiz, denn ihr fehlte ein Kühlschrank im Zimmer, „aber dies ist auf hohem Niveau gejammert“. Ein weiterer Gast vermisste ein zweites Fliegengitter; einem anderen schmeckten die Brötchen nicht. Dennoch wird das Hotel durchschnittlich mit 9,2 von 10 Punkten bewertet.
Heute viel bodenständiger
Ihr Chef erinnert sich an eine ältere Dame, die nur mal eben eine Kleinigkeit speisen wollte und abgewiesen wurde. „Früher waren die Gäste gezwungen, mindestens ein Vier-Gänge-Menü zu bestellen“, sagt von Prack. Heute sei es wesentlich bodenständiger. Gäste, die nur einen Salat essen möchten, werden ebenso fündig, wie jemand, der Appetit auf Vorspeise, Hauptgericht und einen Nachtisch hat. Die Bodenständigkeit zeige sich auch darin, „dass wir jetzt auch Hunde im Restaurant zulassen“, das sei, wie von Prack sagt, mit den Hygienevorgaben des Guide Michelin nicht vereinbar gewesen.
Man habe den Spagat geschafft zur Bodenständigkeit, Regionalität und Heimatliebe – ohne den Gästen etwas vorschreiben zu wollen. An dieser Stelle lobt er seine Frau Constanze von Prack, die ihm während des Wandels tatkräftig zur Seite stand. Die Auszeichnung nehme er „bescheiden und stellvertretend für alle entgegen, die das Seehotel unterstützt haben“.

Heimatliebe bedeutet, die Landwirtschaft zu unterstützen
Im Gespräch ist die Leidenschaft für das Thema Regionalität und die damit verbundene Heimatliebe zu spüren, indem der Hotelbesitzer energisch von seiner Überzeugung spricht: „Wieso sich Fleisch aus Argentinien einfliegen lassen, wenn der Metzger nur 700 Meter entfernt bestes Fleisch der Region anbietet.“ Es ärgere ihn immens, wenn „wir immer verlangen, dass unsere Probleme von anderen gelöst werden sollen, dabei haben wir es doch selbst in der Hand“. Der Hotelbesitzer ist überzeugt, dass es keine staatlichen Subventionen für Landwirte bräuchte, „wenn wir sie unterstützen“.
An dieser Stelle springt von Prack auf, eilt in den Weinkeller und stellt kurz darauf eine Flasche auf den Tisch. „Eine von 2245 Flaschen – Ein Quartett von Clauß, Kress, Lanz und Vollmayer“ steht auf dem Etikett geschrieben, allesamt regionale Winzer. Der Hotelbesitzer fasst zusammen: „Das ist regionale Zusammenarbeit in einer Flasche, als ein gemeinsames Produkt, und nur darum geht‘s.“ Auf die Frage, ob er nun weitere Sterne sammeln möchte, sagt er: „Zufriedene Gäste sind für mich die allerhöchste Auszeichnung, das bedeutet mir mehr als eine Plakette.“