Ist der Endspurt zum Greifen nah? Wird die Marienschlucht neun Jahre nach dem tödlichen Erdrutsch bald wieder offen sein? Das zumindest ist die Vision, die der Allensbacher Bürgermeister Stefan Friedrich am Mittwochabend in einer Sitzung der Gemeinde- und Ortschaftsräte sowie Bürgermeister aus Bodman-Ludwigshafen, Allensbach und Konstanz zeichnete. Er stellte sich vor, dass die nächste Zusammenkunft dieser Art im Advent 2024, also in gut einem Jahr, in der Marienschlucht selbst stattfinden könnte.

Bis dahin ist noch einiges zu tun und zeitlich muss alles wie am Schnürchen klappen. Das zeigte der eineinhalbstündige Vortrag von Marienschlucht-Projektleiter und Alt-Bürgermeister Matthias Weckbach. Nach einem Rückblick auf den ersten Bauabschnitt erklärte er, was weiter ansteht.

Der Allensbacher Bürgermeister Stefan Friedrich (Bildmitte) begrüßt als Gastgeber die Räte, Bürgermeister und Zuhörer in der gemeinsamen ...
Der Allensbacher Bürgermeister Stefan Friedrich (Bildmitte) begrüßt als Gastgeber die Räte, Bürgermeister und Zuhörer in der gemeinsamen Marienschlucht-Sitzung von Bodman-Ludwigshafen, Allensbach und Konstanz in Langenrain. | Bild: Löffler, Ramona

Die Anwesenden sahen dabei zum ersten Mal das neue Logo der Marienschlucht. Sie erfuhren alles über den geplanten Informations-Pfad samt Kinderfigur Falko und den Sicherheitsausschuss, der bald eingerichtet wird.

Projekt hat schon zwei Jahre Verspätung

In den vergangenen zwei Jahren lief zeitlich nicht alles nach Plan, denn eigentlich war einmal anvisiert gewesen, die Marienschlucht Ende 2022 öffnen zu können. Während es im Zeitplan hakte, sieht es bei den Finanzen umso besser aus, da Einsparungen möglich waren oder Maßnahmen günstiger wurden.

Der SÜDKURIER hat bereits berichtet, dass der Bau des Treppenturm erst im neuen Jahr stattfinden kann. Dieses Jahr sollen aber noch die Fundamente für den Turm, der auch Eingangsbauwerk genannt wird, sowie für die Mondfels-Tore gebaut werden.

Von links: Christoph Stolz, Bürgermeister von Bodman-Ludwigshafen, Christian Seng vom Büro 365 Grad, Marienschlucht-Projektleiter ...
Von links: Christoph Stolz, Bürgermeister von Bodman-Ludwigshafen, Christian Seng vom Büro 365 Grad, Marienschlucht-Projektleiter Matthias Weckbach und der Allensnacher Bürgermeister Stefan Friedrich. | Bild: Löffler, Ramona

Marienschlucht-Logo und Kinderfigur Falko

Der neue Informationspfad wird aus fünf Tafeln bestehen. Außerdem sollen die Wand der offenen Schutzhütte und die künftigen Tore am Uferweg beim Mondfelsen ebenfalls Raum für Informationen bieten. Weckbach zeigte und erklärte den Zuhörern das Logo der Marienschlucht, das aus einer abstrakten Darstellung der Schlucht und des Felsens sowie einem fliegenden Wanderfalken besteht – einem der Tiere, die dort brüten und unter Naturschutz stehen.

Das Logo der Marienschlucht: Der Spalt in der Mitte symbolisiert die Schlucht, daneben der Mondfels und die blaue Linie ist der See. ...
Das Logo der Marienschlucht: Der Spalt in der Mitte symbolisiert die Schlucht, daneben der Mondfels und die blaue Linie ist der See. Oben fliegt der geschützte Wanderfalke. | Bild: pragmadesign, Armin Dett und Ralf Staiger

Die großen Infotafeln sollen Wissenswertes zur Schlucht, dem Bodensee und der Umgebung erklären. Wanderfalke Falko, eine gemalte Figur, stellt Kindern Quizfragen, deren Auflösung sich daneben unter einer wegschiebbaren Blechscheibe befinden werde. Mit einem QR-Code führen die Tafeln auch zu weiteren Informationen im Internet.

Alfred Reichle, SPD-Gemeinderat in Konstanz und Ortschaftsrat in Dettingen-Wallhausen, warf ein, ihm seien das eigentlich zu viele Schilder. Er wolle nicht, dass die Marienschlucht wie ein Erlebnispark werde und fürchtete, dass die Natürlichkeit zerstört wird. Weckbach erklärte ihm, die Anzahl sei bereits von zwölf auf acht Schilder reduziert worden.

Falko ist die Kinderfigur, die auf den Infotafeln in der Marienschlucht Quizfragen an Kinder stellt. Er ist ein Wanderfalke und greift ...
Falko ist die Kinderfigur, die auf den Infotafeln in der Marienschlucht Quizfragen an Kinder stellt. Er ist ein Wanderfalke und greift damit einen der geschützten Vögel auf, die in der Marienschlucht brüten. | Bild: pragmadesign, Armin Dett und Ralf Staiger

Stege können erst im August montiert werden

Die Tore, die laut Christian Seng vom Büro „365 Grad“ aus Metall mit Holzvertäfelung bestehen, werden wie das Logo gebaut und aussehen. Ziel ist es, die Tore immer dann zu schließen, wenn es für Wanderer zu gefährlich wäre. In diesem Fall würde dann eine Umleitung über den Blissenweg über rund 2,5 Kilometer und 140 Höhenmeter verlaufen.

Weckbach beschrieb die Herausforderungen und den hohen Aufwand bei den Arbeiten in der Marienschlucht. Die Produktion der Stege werde sieben Monate dauern. Aufgrund der Artenschutzfristen durch die Brutzeiten von Kolkrabe und Wanderfalke könne die Montage frühestens im August 2024 beginnen.

Die Tore am Uferweg unter dem Mondfelsen werden wie das neue Marienschlucht-Logo gestaltet. Der Spalt in der Mitte symbolisiert die ...
Die Tore am Uferweg unter dem Mondfelsen werden wie das neue Marienschlucht-Logo gestaltet. Der Spalt in der Mitte symbolisiert die Schlucht und die hervorgehobene Fläche rechts den Mondfelsen. Oben ist der geschützte Wanderfalke zu sehen, der in der Schlucht brütet. Eine Comic-Darstellung des Wanderfalken namens Falko erscheint zudem für Kinder auf den Infotafeln. Die Metalltore mit Holzvertäfelung haben auch die Doppelfunktion, dass sie gleichzeitig Infotafeln sind. Rechts geht es auf die Umleitung über den Blissenweg. | Bild: Christian Seng / Büro 365 Grad Freiraum und Umwelt

Kiosk-Schiff und Uferweg dauern noch

Zwei Dinge sind noch in ferner Zukunft und können erst nach der Öffnung der Schlucht richtig angegangen werden: Ein Stück gesperrter Uferweg bei Wallhausen, da sich die Fläche im Besitz von Forst BW befindet und dessen Schicksal noch offen ist, sowie der geplante Kiosk-Ponton mit Toiletten, der nur während der Saison am Anlegesteg beim Grillplatz liegen wird. Der Ponton liegt bei der Gemeinde Bodman-Ludwigshafen und wird dort im Rat vorangetrieben.

Sicherheit wird groß geschrieben

Beim Thema Sicherheit holte Weckbach weit aus: „Den Sicherheitsausschuss braucht es, um der Verkehrssicherungspflicht nachzukommen“, so der Ex-Bürgermeister. Das habe rechtliche Hintergründe, zu denen auch eine moralische Verantwortung komme. Der Sicherheitsausschuss soll im März 2024 gebildet werden und dann Kriterien festlegen, was wann in welcher Situation zu tun ist.

Der Sicherheitsausschuss gehört zum Ranger-Konzept: Ein Ranger und Helfer sollen sich mit Kontrollen und Maßnahmen um Sicherheitsaspekte in der Schlucht, am Mondfels und der Wanderwege kümmern.

Der Mondfels am Uferweg bei der Marienschlucht Richtung Bodman. Am Weg davor und danach sollen Tore angebracht werden, die zugemacht ...
Der Mondfels am Uferweg bei der Marienschlucht Richtung Bodman. Am Weg davor und danach sollen Tore angebracht werden, die zugemacht werden können, falls es wetterbedingt zu gefährlich wird. (Archivbild) | Bild: Gemeinde Bodman-Ludwigshafen

Alfred Reichle hatte kein Verständnis für den hohen Aufwand. Er verwies auf die Wutachschlucht, wo es ständig Felsstürze gebe, aber jeder einfach frei laufen dürfe. „Dort ist noch nichts so Schlimmes passiert wie hier“, so Weckbach im Hinblick auf eine Tote und einen Verletzten beim Erdrutsch am 6. Mai 2015. Seitdem sind die Treppen in der Schlucht zerstört.

Anderswo ist nicht so viel Aufwand nötig

Bei den Festlegungen durch den Ausschuss geht es unter anderem um Warn- und Alarmwerte für Bodenfeuchte und mögliche Hangrutsche am Mondfelsen. Bei einem entsprechenden Wert würden dann die Tore geschlossen. Am Mondfelsen gibt es Messgeräte, doch bisher funktionieren nur die Probe-Instrumente und die anderen noch nicht. Aber mit den vorhandenen Daten könne der Ausschuss Schwellenwerte festlegen.

Die Sperrung am unteren Ende der Marienschlucht. Dahinter gibt es weitere Sicherungen und ein Tor.
Die Sperrung am unteren Ende der Marienschlucht. Dahinter gibt es weitere Sicherungen und ein Tor. | Bild: Löffler, Ramona

Eine positive Überraschung bei den Messdaten sei, dass bei hohen Temperaturen im Sommer die Bodenfeuchte selbst bei Starkregen schnell wieder sinke. Und die gute Nachricht: Im gesamten Messzeitraum habe man die vorgeschlagenen Alarmwerte nie erreicht. Wenn es die Tore schon gäbe, hätte man sie also nie schließen müssen, so Weckbach.

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Langfristige Kosten für die Gemeinden

Zu den Finanzen erklärte Weckbach für alle drei Bauabschnitte, dass jede der drei Gemeinden rund 565.000 Euro trage. Die Gesamtmaßnahme, die mehrere Millionen Euro Landeszuschüsse erhält, hat er im Sommer zuletzt auf knapp 6 Millionen Euro beziffert.

Die drei Kommunen werden noch einen Unterhaltungsvertrag für die Marienschlucht unterzeichnen. Die jährlichen Kosten werden auf rund 120.000 Euro geschätzt, die mit der Zeit geringer werden könnten. Bei Unterhaltungsmaßnahmen in der Zukunft hoffen die Beteiligten auf die Solidarität von Umlandgemeinden, die von der Marienschlucht als Ausflugsziel profitieren. Zuletzt hätten jedoch einige die kalte Schulter gezeigt, als man wegen Kostenbeteiligungen bei der Schlucht-Sanierung gefragt habe.

Über die Pläne und Perspektiven zu den Uferwegen folgt eine gesonderte Berichterstattung.