
Die Schublade, die groß genug für Wolfram Kampffmeyer ist, muss erst noch erfunden werden. Der 37-Jährige ist nicht nur Tüftler und Bastler: Er ist ein ehemaliger Waldorfschüler, selbstständiger Computeranimator und erfolgreicher Unternehmer. Ein gebürtiger Weinheimer und seit fast drei Jahren glücklicher Hegau-Bewohner. Kampffmeyer ist jemand, der sich beim Zoobesuch von Erdferkeln inspirieren lässt. Einer, der glaubt, dass der Aacher Bürgermeister ihn insgeheim für ein bisschen verrückt hält. Können Sie noch? Vielleicht sollten wir an dieser Stelle eine Verschnaufpause einlegen.

Denn möglicherweise lässt sich Wolfram Kampffmeyer auch ganz einfach beschreiben – als Familienvater. Welchen Einfluss seine Kinder auf Kampffmeyers Arbeit haben, wird beim Betreten seines Büros deutlich. Im ersten Stock des ehrwürdigen Bauernhauses, das er seit 2017 mit seiner Familie in Aach bewohnt, sind links neben dem Eingang zwei kleine Schreibtische aufgebaut. „Die Arbeitsplätze von Lea und Felix“, erklärt der strahlende Papa. „Wir teilen uns ein Büro“. Ein überraschend farbenfrohes Büro. Eines, in dem neben einem Computer und einer Schneidemaschine auch ein Spinett Platz hat. Und in dem sich eine ganze Herde knallbunter Papiertiere tummelt – unter ihnen lebensgroße Pinguine und ein fast mannshoher grüner Papierhase.
Spielerisch zum Erfolg
All diese Gegenstände haben mit Wolfram Kampffmeyers Arbeit zu tun. Denn in seinem hellen Büro mit Hegau-Blick bastelt er an geometrischen Skulpturen, an Instrumenten und Bausätzen, die er über einen Online-Shop an Kunden in der ganzen Welt verkauft. „Dass ich von Zuhause aus arbeiten kann, hat den großen Vorteil, dass ich keinen ersten Schritt und kein erstes Wort meiner Kinder verpasst habe“, betont der schlanke Mann mit der Holzbrille. Ein weiterer Vorteil: Dass sich Kampffmeyer sein Bastlerbüro mit seiner sechs Jahre alten Tochter Lea und dem vierjährigen Felix teilt, scheint ihn auch dazu zu inspirieren, das Kind in sich selbst wachzuhalten.

An dieser Stelle kommen auch die vorhin angeführten Erdferkel ins Spiel. Denn die Rüsselträger aus Afrika helfen zu erklären, wie ein Mann, der eigentlich an der Filmakademie Ludwigsburg Computeranimation studierte, dazu kam, Bausätze für dreidimensionale Papiertiere zu produzieren. „Ich war im Berliner Zoo zu Besuch, als mir die Erdferkel zum ersten Mal aufgefallen ist“, erzählt Kampffmeyer. „Es sah so drollig aus, wie sie sich mit ihren Rüsseln in die Erde eingegraben haben, dass ich direkt Lust bekam, so ein Ferkelchen nachzubauen.“ Ein Gedanke, den Kampffmeyer alsbald in die Tat umsetzte.
Das virtuelle Ferkel real werden lassen
Mithilfe eines Computerprogramms erstellte er ein dreidimensionales Erdferkel-Modell, das er in ausgefalteter Form ausdruckte, ausschnitt und anschließend wieder zusammenklebte. „Aus etwas Virtuellem wurde etwas Reales.“ Diese Vorgehensweise hat den 37-Jährigen nachhaltig geprägt.
Auch unter dem Firmennamen Paperwolf geht der selbstständige Unternehmer in der Tagesproduktion heute immer noch ähnlich vor, wie bei seinem Erdferkel-Experiment vor fast zehn Jahren. Inzwischen können Kampffmeyers Kunden allerdings zwischen Papiertieren in 20 verschiedenen Farben und unterschiedlichen Größen auswählen. Das Paperwolf-Sortiment wartet unter anderem mit Vögeln, Erdmännchen, Füchsen und Elchen auf.
„Wer einen Bausatz bestellt, bekommt von mir in einem DIN-A4-Umschlag die vorgefertigten Teile und eine detaillierte Anleitung zugeschickt“, erklärt Kampffmeyer. „Was man dann noch braucht, ist ein Klebestift, um alles zusammenzubauen.“
Produkte sind weltweit gefragt
Nachdem Kampffmeyers Modelle bereits diverse Zeitschriften, Blogs und Online-Magazine zierten, ist sein Kundenstamm kontinuierlich angewachsen. Neben seinen Bausätzen produziert er auch Auftragsarbeiten für global agierende Unternehmen. „Erst neulich habe ich eine zwei Meter große Papierkatze für einen Messestand gebaut“, berichtet er.
Am meisten Spaß macht es ihm allerdings, seiner Fantasie freien Lauf zu lassen. Ein Beispiel dafür ist sein neuestes Projekt: Eine Orgel komplett aus Papier, die mit der Luft aus einem Ballon betrieben wird.
„Wenn ich mir erst einmal eine Idee in den Kopf gesetzt habe, muss sie raus“, meint der Tüftler und lacht. Aber auch wenn ihn gerade seine Kreativität auszeichnet: in die Künstler-Schublade möchte Wolfram Kampffmeyer nicht gesteckt werden. „Ich liebe Kunst, aber meine Arbeiten haben keine tiefgehende Botschaft. Ich mache einfach, was mir gefällt.“
Eine Orgel aus Papier
Wolfram Kampffmeyers selbstgebaute Orgel besteht aus 190 Einzelteilen und ist in der Lage 17 Töne zu spielen. Alle Teile und Tasten, die Mechanik sowie die Pfeifen sind komplett aus Papier. Angetrieben wird die Orgel von einem großen Luftballon, mit dem man etwa 30 bis 45 Sekunden lang am Stück spielen kann. Nachdem Wolfram Kampffmeyer vor einem Jahr einen Prototyp fertigstellen konnte, hat der 37-Jährige am 12. Oktober eine Kickstarter Kampagne ins Leben gerufen. Das Ziel: Genügend Unterstützer leisten einen finanziellen Beitrag, um zu ermöglichen, dass die Papierorgel als Bausatz für Jedermann in Serienproduktion gehen kann. Infos unter www.papierorgel.de oder über www.paperwolf.de