Bisher war der Breitbandausbau der vergangenen Jahre in Engen eine echte Erfolgsgeschichte. Im vergangenen Sommer wurde der Ausbau der sogenannten „weißen Flecken“, also Gebiete mit einer Versorgung von unter 30 Megabit pro Sekunde, fertiggestellt. In direktem Anschluss sollten nun auch die so genannten „grauen Flecken“, Gebiete mit weniger als 100 Megabit pro Sekunde, in Engen ans schnelle Netz angeschlossen werden. Genau da hakt es jetzt aber. Im Gemeinderat wurde die aktuelle Lage dargelegt. Im Gespräch erläuterte Thorsten Sager-Roßbroich von der Breitbandberatung Baden-Württemberg außerdem die genaueren Hintergründe.

Die extrem hohe Nachfrage von Kommunen nach Fördermitteln für die unterversorgten Bereiche, um die grauen Flecken auszubauen, sorgten im vergangenen Oktober dafür, dass sämtliche Mittel ausgeschöpft waren. Deshalb kam es zu einem kompletten Förderstopp, der die Stadt Engen völlig unerwartet getroffen habe, so die Digitalisierungsbeauftragte Sandye Hoyer.

Ein Bild für die Geschichtsbücher: Mit einem symbolischen Spatenstich starteten Mark Kirchgässner, Thilo Kübler, Axel Pecher, Mike Döz, ...
Ein Bild für die Geschichtsbücher: Mit einem symbolischen Spatenstich starteten Mark Kirchgässner, Thilo Kübler, Axel Pecher, Mike Döz, Reinhold Maier und Bürgermeister Johannes Moser (von links) vor zwei Jahren den Breitbandausbau. | Bild: Jürgen Waschkowitz

Seit April gibt es nun wieder eine Möglichkeit zur Förderung. Das allerdings nach sehr komplexen und einschränkenden Richtlinien, wie Thorsten Sager-Roßbroich von der Breitbandberatung Baden-Württemberg in der Gemeinderatssitzung verdeutlichte. Das neue Konzept soll vor allem Bereiche fördern, die besonders großen Nachholbedarf haben. Und dazu zählt Engen eher nicht. Denn hier wurde bereits kräftig ausgebaut. Und gleichzeitig geht eine Analyse des Bundes davon aus, dass ein großes privatwirtschaftliches Interesse für den weiteren Ausbau in Engen da sein wird.

Kehrtwende der Politik bremst aus

„Ich finde die Hürden nicht unbedingt gut“, gibt Thorsten Sager-Roßbroich zu den neuen Richtlinien zu verstehen. Er habe aber auch die Hoffnung, dass das Geld nun dahin fließe, wo in Sachen Breitbandausbau noch nichts geschehen sei. „Die 180-Grad-Kehrtwende der Politik ist sehr ärgerlich“, so Sager-Roßbroich dennoch, denn die bremse die Kommunen aus, die den Ausbau bisher konsequent verfolgt haben.

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Der Fachmann für den Breitbandausbau machte aber auch Hoffnung. Die Situation in Engen sei auch ohne weitere Förderung nicht so schlecht. „Die Ist-Situation in Engen ist erst einmal recht gut“, beruhigte er. Er lobte die Stadt für ihre schnelle Reaktion auf die veränderten Vorgaben. Seit Mitte April bis 13. Juni läuft ein Markterkundungsverfahren und auch ein digitaler Branchendialog fand bereits statt. Beides mit dem Ziel, das Interesse von privaten Unternehmen für den weiteren Ausbau zu sondieren und gleichzeitig wichtige Voraussetzungen zu klären, um vielleicht doch noch in den Genuss einer Förderung zu kommen.

Zwei Unternehmen haben schon Interesse

Mit Förderzusagen könne man aber erst gegen Ende des Jahres rechnen, so Sager-Roßbroich. Konkretes Interesse an einer Umsetzung des Ausbaus haben bereits die Stadtwerke Engen und die TeleData aus Friedrichshafen signalisiert.

Bürgermeister Johannes Moser machte seinem Verdruss über die geänderte Förderpolitik Luft: Das Land habe mit der bisherigen Förderung Begehrlichkeiten geweckt. Seit Jahren arbeite man am Ausbau und nun könnte es durch die neuen Förderrichtlinien zu einem Stocken kommen. Dem stimmte der Breitbandberater zu, der damit rechnet, dass weiterhin Lücken in der Versorgung mit schnellem Internet bleiben werden.

Hoffnungsschimmer: Der bereits erfolgte Ausbau in der Stadt mache es laut Experten für private Unternehmen attraktiver, in den Ausbau zu ...
Hoffnungsschimmer: Der bereits erfolgte Ausbau in der Stadt mache es laut Experten für private Unternehmen attraktiver, in den Ausbau zu investieren. | Bild: Christian Schwier

Stadt hat schon viel richtig gemacht

Im Gespräch zeigte sich Thorsten Sager-Roßbroich aber mit Bezug auf Engen noch einmal sehr positiv gestimmt. Der bisherige Ausbau mit Verlegung langer Trassen mache den jetzt noch erforderlichen Ausbau für Unternehmen sehr attraktiv. Denn die müssten jetzt nur noch kurze Strecken erschließen. „Mit dem Ausbau der Außenbereiche hat die Stadt für eine Chancengleichheit für private Unternehmen gesorgt“, so sein Fazit angesichts der Misere.