Wer schon einmal den Neujahrsempfang oder andere offizielle Anlässe in Engen besucht hat, dem sind die Platten mit frischem Weißbrot und Rohmilchkäse beim Buffet vielleicht aufgefallen. Gelegenheiten wie diese nutzte der ehemalige Engener Bürgermeister Johannes Moser nämlich gerne, um seiner Aufgabe als Botschafter für den Brie de Meaux-Käse gerecht zu werden. Dabei geht es darum, den handwerklichen Rohmilchkäse aus dem Nachbarland Frankreich gegen die Übermacht industriell gefertigter Käse zu verteidigen. Im Gespräch vermitteln Johannes Moser und Birgit Schrüfer von der Confrérie du Brie de Meaux, was es mit der teils skurril erscheinenden Käseliebe auf sich hat.

Eine Robe aus Samt und eine Kopfbedeckung in Käseform, wie sie die Mitglieder der Käsebruderschaft tragen, hat Johannes Moser als Botschafter nicht. Stattdessen hängt ein goldener Orden, ebenfalls in runder Käseform, um seinen Hals. „Und einen Käse-Pin habe ich auch“, sagt Johannes Moser und zeigt einen kleinen Anstecker, den er gerne bei offiziellen Anlässen trägt.

Auf seinen Orden der Käsebruderschaft des Brie de Meaux ist der ehemalige Engener Bürgermeister Johannes Moser stolz. Seine Aufgabe als ...
Auf seinen Orden der Käsebruderschaft des Brie de Meaux ist der ehemalige Engener Bürgermeister Johannes Moser stolz. Seine Aufgabe als Botschafter ist es, den französischen Weichkäse hier bekannt zu machen. | Bild: Kerle, Helene

Gleich zwei Käsebotschafter in Engen

Zu seinem außergewöhnlichen Amt kam Johannes Moser 2005. Da wurde die Partnerschaft zwischen den Städten Engen und dem französischen Trilport gefeiert. Zeitgleich wurden er und der Partnerschaftsbeauftragte Ulrich Scheller von der Confrérie de Brie de Meaux, also der Käsebruderschaft, zu offiziellen Botschaftern für den Rohmilchkäse ernannt. „Nach einem Acht-Gänge-Menü folgten damals noch 200 Gramm Brie. Das war eine echte Herausforderung“, erinnert sich Moser und lacht bei dem Gedanken daran.

Die Engener Partnerstadt Trilport mit ihren rund 5000 Einwohnern liegt in der Region Seine-et-Marne und gehört zum Verwaltungsbezirk Meaux. Daher erklärt sich die Verbindung zum weltbekannten Weichkäse. Er wird dort seit hunderten Jahren traditionell handwerklich hergestellt und hat eine geschützte Herkunftsbezeichnung wie etwa der Schwarzwälder Schinken oder die Nürnberger Rostbratwurst in Deutschland. In Meaux selbst hat die Stadt dem Käse ein eigenes Museum gewidmet.

Schon mehrfach ist die Käsebruderschaft des Brie de Meaux in Engen offiziell aufgetreten. Wie zur Verabschiedung von Johannes Moser ...
Schon mehrfach ist die Käsebruderschaft des Brie de Meaux in Engen offiziell aufgetreten. Wie zur Verabschiedung von Johannes Moser vergangenen Oktober. Zu sehen sind Birgit Schrüfer und Daniel Troublé in ihren Roben der Bruderschaft und natürlich einem großen Brie im Gepäck. | Bild: Kerle, Helene

Birgit Schrüfer ist Mitglied in der Bruderschaft

„Hintergrund für die Gründung der Bruderschaft war, dass die Amerikaner nur noch pasteurisierten Käse importieren wollten“, erläutert Birgit Schrüfer am Telefon. Sie ist eine von drei Frauen im 25-köpfigen Rat der Bruderschaft. Die aus Würzburg stammende Deutsch-Lehrerin lebt seit 40 Jahren in Frankreich. Ihr Lebenspartner Daniel Troublé war 1991 Gründungsmitglied der Bruderschaft. Als Teil der Partnerschaftsdelegation von Trilport waren beide schon mehrfach in Engen zu Gast.

Den Vorstoß der US-Amerikaner wollten die französischen Landwirte, Käsehersteller, Händler und Bürger nicht einfach so hinnehmen und schlossen sich zusammen, um Lobbyarbeit für das französische Kulturgut aus Rohmilch, also unbehandelter Milch, zu machen.

Kulinarisches Erbe soll erhalten bleiben

„Unser Ziel ist es, die Leute auf eines aufmerksam zu machen. Nämlich, wenn man nichts macht, essen wir alle bald nur noch bei McDonald‘s“, spitzt es Birgit Schrüfer zu. Kulinarische Bruderschaften sind in Frankreich nichts Außergewöhnliches. Es gibt sie für Wein, Trüffel und viele weitere lokale Spezialitäten. Allen gemein ist das Ziel der Selbsterhaltung und der guten Vermarktung des jeweiligen lokalen Produkts. Es geht aber auch um die Erhaltung eines viele Jahrhunderte alten, kulinarischen Erbes.

Immerhin stammen die ersten Aufzeichnungen über den Brie de Meaux aus dem 13. Jahrhundert und wurde während des Wiener Kongresses 1814 bis 1815 im Rahmen eines Käsewettbewerbs unter allen 30 Staatenvertretern zum „König aller Käse“ gekürt.

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Moser macht sich stark für den Käse

Dem deutschen Botschafter Johannes Moser ist es zu verdanken, dass in der Käsetheke eines Engener Supermarkts der Brie de Meaux fest zum Sortiment gehört. „Seit ich Botschafter bin, gibt es immer Brie beim Neujahrsempfang. Die Redner bekommen von mir einen ganzen Brie“, erläutert Johannes Moser seine Lobbyarbeit für den französischen Weichkäse. So hat er zum Beispiel einmal die ehemalige Kultusministerin Annette Schavan mit einem Käse in Tortengröße beschenkt. Um den zu essen, brauche es dann schon ein Fest mit zehn bis 12 Personen, so Moser. Denn, und das ist ihm wichtig zu erwähnen, der Käse hat nur kurze Zeit seinen idealen Reifegrad.

Moser pflegte als Engener Bürgermeister seiner Botschafteraufgabe auch rhetorisch nachzukommen. „Ich habe den Briekäse immer in meine Reden miteingebracht“, so zum Beispiel an den Narrentreffen in Anselfingen und Zimmerholz, erinnert sich Moser.

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Die Käsebruderschaft in Frankreich lässt sich immer wieder neue Dinge einfallen, um dem Brie zu huldigen und ihn im wahrsten Sinne des Wortes in aller Munde zu bringen. Seit drei Jahren feiern sie in Meaux das Festival „Brie Happy“. Im vergangenen Oktober stellten sie dabei einen neuen Weltrekord auf. Mit über 100 Metern Länge belegten sie das längste Brie-Brot der Welt. Und einen eigenen Ruf hat die Brie Bruderschaft auch: „Crémeux, onctueux, savoureux!“, zu Deutsch: „Cremig, sahnig, köstlich!“