Selten standen die Bürger bei einem Neujahrsempfang so zentral im Mittelpunkt der Reden wie in diesem Jahr in Gaienhofen. Sei es bei Bürgermeister Jürgen Maas, der seine persönlichen Erlebnisse mit den Bürgern im ersten Amtsjahr Revue passieren ließ, oder auch beim Überraschungsgast, dem Generalkonsul der Republik Frankreich, Gaël de Maisonneuve.

Der Leiter des Instituts Français Stuttgart zeichnete Anton Breyer und Monika Engelmann mit der „Médaille du Traité de L´Élysée“ für deren Engagement zum Ausbau der Freundschaft beider Länder aus. Beide Redner zeigten sich anhand von vielen Beispielen dankbar gegenüber den Bürgern, deren größtes Kapital sowohl der Reichtum an bürgerschaftlichem Engagement zu sein scheint wie auch die Fähigkeit, immer wieder zu einem Konsens für das Wohl der Gemeinde zu kommen.

Bürger engagieren sich für die Gemeinde

In seinem ersten Amtsjahr sammelte Bürgermeister Jürgen Maas „eine immense Fülle an neuen Erfahrungen“. Schnell seien ihm viele persönliche Begegnungen mit Bürgern in den Sinn gekommen, „die sich ebenso uneigennützig wie voller Elan und Energie für das Gemeinwohl und den Gemeinschaftssinn in die Gemeinde einbringen“ würden.

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Bei der Fasnacht seien gefühlt alle vier Teilortschaften vollständig auf den Beinen gewesen. Gaienhofen habe im Mai des vergangenen Jahres außerdem 150 Gästen aus Frankreich und Ungarn großartige Gastfreundschaft bewiesen und mit ihnen gemeinsam ein Fest der europäischen Freundschaft gefeiert.

Gut funktionierende Gesamtgemeinde

Die Gemeinde blickte zudem auf 20 Jahre Nachbarschaftshilfe zurück, dabei habe Jürgen Maas dankbar erleben dürfen, dass „der Einsatz für Andere in Gaienhofen keine kaufmännische Dienstleistung sei, sondern ein gelebter Akt von Gemeinschaft und des Umeinander-Kümmerns“.

Es habe ein Bergfest, ein Dorffest, ein Strandfest, ein Fischerfest, ein Schlachtfest sowie ein Dorftheater und Konzerte wie auch Ausstellungen, den Weihnachtsmarkt und vieles mehr gegeben, beschrieb Jürgen Maas die meist ehrenamtlich gestemmten Aktivitäten der 3200 Einwohner zählenden Gemeinde.

Der Generalkonsul der Republik Frankreich, Gaël de Maisonneuve, zeichnet Monika Engelmann und Anton Breyer (vorne von links) mit der ...
Der Generalkonsul der Republik Frankreich, Gaël de Maisonneuve, zeichnet Monika Engelmann und Anton Breyer (vorne von links) mit der Médaille du Traité de L´Élysée für deren Engagement zum Ausbau der Freundschaft beider Länder aus. Bürgermeister Jürgen Maas (hinten mit Amtskette) ehrte beide für deren besonderen Verdienste. | Bild: Georg Lange

In Gaienhofen werde nicht lange diskutiert, so sein Eindruck: Denn die Menschen würden sehen, wo es etwas zu tun gebe. Und sofort seien helfende Hände da. Maas dankte in seiner Rede allen stillen Helfern und verantwortungsbewussten Menschen in seiner Gemeinde. Er blickte dabei auch auf die Zusammenlegung der Teilortschaften zu einer gut funktionieren Gesamtgemeinde, die sich 2024 zum 50. Mal jährt, wie die seit 40 Jahren bestehende Partnerschaft mit der französischen Gemeinde Saint-Georges-de-Didonne.

Kriege und Katastrophen machen fassungslos

Aber nicht nur positive Entwicklungen wurden angesprochen. Blicke er auf das vergangene Jahr zurück, so habe Maas feststellen müssen, dass die weltpolitischen Herausforderungen und globale Unsicherheit zugenommen habe: „Kriege und Katastrophen in allen Teilen der Welt haben uns begleitet. Die furchtbaren Ereignisse in der Ukraine, in Israel und Palästina machen uns fassungslos.“

Nicht zuletzt würden die Menschen durch deren mediale Präsenz in eine schmerzhafte Wirklichkeit hineingezerrt, die „uns vor Augen führt, zu welchen grausamen Exzessen der Terror, der Krieg und die Gewalt ganz konkret führen. Eingeübte Mechanismen der Zuordnung von richtig und falsch werden hinterfragt.“ Und die Menschen seien mehr denn je herausgefordert, die Wertegefüge von Frieden, Demokratie, Freiheit und Menschenwürde zu manifestieren. Damit meinte Maas nicht nur die weltpolitische Bühne, sondern ebenso die gesellschaftliche Ebenen in der Bundesrepublik.

Sorgenvoller Blick auf politische Entwicklungen

Mit Sorge beobachtet Jürgen Maas die politischen Entwicklungen und die Umfragen im Land. Er zitierte in seiner Neujahrsrede den Präsidenten des Bundesamts für Verfassungsschutz, Thomas Haldewang, der die Demokratie in Deutschland stärker bedroht sehe als es von der Mitte der Gesellschaft wahrgenommen werde. Dies zeige sich beispielsweise an einer Gleichgültigkeit gegenüber dem Erstarken bestimmter Parteien, aber auch in dem Umgang mit dem Antisemitismus.

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Thomas Haldewang sehe eine ernsthafte Bedrohung für die Demokratie, bei der die Sicherheitsbehörden nur bedingt gegen die Gefahr vorgehen könnten. Er wünsche sich daher, dass die Mitte der Gesellschaft, die schweigende Mehrheit in diesem Land, wach werde und klar Position gegen Extremismus beziehe, zitierte Maas den Präsidenten im Bundesamt für Verfassungsschutz.

Bürger sollen mitmachen

Was könne der Bürger nun selbst tun? Und wie könne der Bürger sich selbst einbringen, fragte Jürgen Maas in seiner Neujahrsansprache. Ein erster Schritt könne „das klare Farbe-Bekennen für unsere freiheitlich demokratische Grundordnung sein“, appelliert Maas an „die schweigende Mehrheit“. Ein weiterer Schritt könnte die Übernahme eines kommunalpolitischen Mandats sein, bei dem Bürger nicht nur mitreden, sondern auch mitgestalten könnten. Die Bürger könnten sich drittens auch in einem Verein, einer Institution oder in der Nachbarschaft engagieren, sodass sich die Gemeinde als ein liebens- und lebenswerter Ort weiter entwickle.

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Je mehr Menschen mitmachen und sich engagieren würden, desto weniger Sorgen müsse sich der Bürger um die Zukunft machen, zeigte sich Maas sicher. Am Sonntag, 9. Juni wird der Gemeinderat neu gewählt. Gleichzeitig finden auch Wahlen zum Konstanzer Kreistag und die Europawahl statt.

In der Arbeit mit dem aktuellen Rat hätten keinerlei ideologische oder parteipolitische Programmatik das Agieren der Räte bestimmt, resümierte Bürgermeister Jürgen Maas. Es hätte deutlich der Wille im Vordergrund gestanden, als Gremium möglichst gemeinsame Positionen zu entwickeln um dann konsensuale Entscheidungen zu treffen. Das zeuge davon, wie ernst die gewählten Vertreter ihren Auftrag nehmen, für das Gemeinwohl stets das Beste zu erreichen, sagte Maas. Dafür dankte er allen Gemeinderätinnen und Gemeinderäten herzlich.