Eine Wahl in Gaienhofen sei immer auch ein Ausnahmezustand, kündigte der Gaienhofener Bürgermeister Uwe Eisch an. Und irgendwie sollte er Recht behalten. Auch die zweite Kandidatenvorstellung der Gemeinde in der Höri-Halle bot einiges an Emotionen.

Teilgenommen hatten drei der sechs Personen, die am Wahlsonntag, 6. November, auf dem amtlichen Wahlzettel stehen werden: Frank Schweitzer, Peter Schmenger und Jürgen Maas. Nicht gekommen waren Dauerkandidat Samuel Speitelsbach, Derya Yildirim, die ihre Bewerbung zurückgezogen hat, sowie Andreas Werft, der zwar noch kandidiert, aber sich kein zweites Mal dem Publikum vorstellen wollte.

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Ein weiteres Mal gut besucht: Die zweite Kandidatenvorstellung zur Bürgermeisterwahl Gaienhofen in der Höri-Halle.
Ein weiteres Mal gut besucht: Die zweite Kandidatenvorstellung zur Bürgermeisterwahl Gaienhofen in der Höri-Halle. | Bild: Jarausch, Gerald

Die gut gefüllte Höri-Halle zeigte, dass das Interesse an der Bürgermeisterwahl nach wie vor groß ist, auch wenn einer der Kandidaten bereits bekannt war. Das ehrliche Interesse an Peter Schmenger, Bewerber der Satire-Partei Die Partei, dürfte sich bei den Wählerinnen und Wählern aus Gaienhofen in Grenzen gehalten haben.

Doch die Neugierde war groß auf Jürgen Maas, Diplom-Verwaltungswirt aus Kempen. Er war erst nach dem ersten Wahldurchgang ins Rennen eingestiegen und wegen einer Corona-Infektion begann sein aktiver Wahlkampf vergangenen Freitag.

Jürgen Maas bei der zweiten Kandidatenvorstellung zur Bürgermeisterwahl Gaienhofen in der Höri-Halle.
Jürgen Maas bei der zweiten Kandidatenvorstellung zur Bürgermeisterwahl Gaienhofen in der Höri-Halle. | Bild: Jarausch, Gerald

Maas selbst sprach von einer „intensiven Zeit“, die er in den vergangenen Tagen in Gaienhofen verbracht hatte und wagte die Aussage, er habe das Gefühl, bereits die meisten Anwesenden in der Höri-Halle schon einmal getroffen zu haben. In seiner Vorstellung portraitierte er sich als versierten und souveränen Verwaltungsfachmann mit viel Erfahrung. Er werbe lieber für Positionen, als für seine eigene Person, er führe lieber Dialoge anstatt Monologe, so Maas. Dass man seine Fachkenntnisse und seine Ausbildung zwingend für das Amt des Bürgermeisters benötige, davon zeigte sich Jürgen Maas überzeugt.

Zukunftswerkstatt für alle Generationen

Für Gaienhofen plane er eine Zukunftswerkstatt, in der sich alle Generationen einbringen könnten. Damit wolle er einen Entwicklungsplan für die Gemeinde aufstellen, der eine breite Unterstützung in der Gesellschaft erfahren werde. Die großen Themen der Gemeinde riss er ebenfalls kurz an: Wohnraum, Verkehr, Tourismus, Klima.

Durch den Glasfaserausbau, der bereits laufe, könne man neue Branchen in Gaienhofen ansiedeln, die eher Büros statt Produktionshallen benötigten. Beim Thema erneuerbare Energien brachte auch er die thermische Nutzung des Bodenseewassers ins Spiel. Ein Vorschlag, welcher sein Konkurrent Frank Schweitzer bereits bei der Podiumsdiskussion des SÜDKURIER, gemacht hatte.

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Charakterlich attestierte sich Jürgen Maas ein großes Herz und stets ein offenes Ohr. Als Bürgermeister wolle er mit gutem Vorbild vorangehen und Vereine seine Unterstützung garantieren. Ebenfalls wolle er die Bürger in all seine Schritte einbeziehen: „Sie dürfen nicht nur mitreden, sie müssen es auch“, so Maas.

Kritik an Vorschlag einer externen Analyse

In der anschließenden Fragerunde erntete Maas Kritik für seinen Vorschlag, eine Verkehrsanalyse extern zu vergeben. Das sei nicht notwendig und würde unnötig Geld kosten, so die Meinung der Fragenden. Jürgen Maas selbst hielt daran fest: Es würde der Gemeinde „gut zu Gesicht“ stehen, ein Expertenbüro die Lage auf allen Straßen analysieren zu lassen.

Frank Schweitzer bei der zweiten Kandidatenvorstellung zur Bürgermeisterwahl Gaienhofen in der Höri-Halle.
Frank Schweitzer bei der zweiten Kandidatenvorstellung zur Bürgermeisterwahl Gaienhofen in der Höri-Halle. | Bild: Jarausch, Gerald

Seine zweite Vorstellung nutzte Architekt Frank Schweitzer, um sein Profil als Krisenmanager zu schärfen. In Zeiten von Inflation und Energieknappheit brauche Gaienhofen den Wandel und jemanden, der ihn vorantreibe. „Stillstand können wir uns nicht leisten“, so Schweitzer. Gaienhofen dürfe in diesen schweren Zeiten nicht abgehängt werden, deswegen brauche es einen Macher. Und dieser sei er.

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Das Thema Fachkompetenz spielte auch bei Frank Schweitzer eine Rolle. Er selbst erklärte den Besuchern der Höri-Halle seinen Berufsalltag und die Tätigkeiten. So planer er keine Häuser wie andere Architekten, sondern leite komplexe Großprojekte und verwalte dabei ein Millionen-Budget. Er stellte sich als Verhandlungspartner von Investoren und Behörden dar, der sich diese Aufgaben auch im Gaienhofener Rathaus zutraue. Nur eins wolle er ändern: Sein Auftraggeber soll nicht mehr ein Investor sein, sondern die Bürgerinnen und Bürger.

Peter Schmenger (Die Partei) bei der zweiten Kandidatenvorstellung zur Bürgermeisterwahl Gaienhofen in der Höri-Halle.
Peter Schmenger (Die Partei) bei der zweiten Kandidatenvorstellung zur Bürgermeisterwahl Gaienhofen in der Höri-Halle. | Bild: Jarausch, Gerald

Prüfen wolle er die Gründung einer kommunalen Wohnungsbaugesellschaft, mit der man generationenübergreifende Wohnprojekte realisieren könne. Auch einen Energieverbund mit den Nachbargemeinden könne sich Schweitzer gut vorstellen.

Gemeinderatssitzungen sollen gestreamt werden

Wichtig sei ihm auch das Thema Transparenz und Bürgerbeteiligung. Die Gemeinderatssitzungen wolle er künftig im Internet streamen, einen Senioren- und Jugendrat einrichten und regelmäßig über die Arbeit im Rathaus informieren. Schweitzer betonte seine Verbundenheit zu seiner Heimatgemeinde. Fragen hatte nach seinem Vortrag niemand mehr.

Bloß weg hier: Bürger verlassen demonstrativ den Saal bei der zweiten Kandidatenvorstellung zur Bürgermeisterwahl Gaienhofen in der ...
Bloß weg hier: Bürger verlassen demonstrativ den Saal bei der zweiten Kandidatenvorstellung zur Bürgermeisterwahl Gaienhofen in der Höri-Halle, als Peter Schmenger von der Satirepartei Die Partei auf der Bühne steht. | Bild: Jarausch, Gerald

Zwischen diesen beiden Vorträgen – den des Verwaltungsfachmanns und den des Krisenmanagers – hatte Peter Schmenger von der Partei seinen Auftritt. Er versuchte, mit einem Mitmachspiel das Eis zu brechen, was aber nur dazu führte, dass ein Teil des Publikums aus Protest den Saal verließ und im Foyer wartete.

Doch zwischen all den Scherzen und Anspielungen, die manch Gaienhofener amüsierten oder empörten, verbarg sich etwas, was als Wahlempfehlung zu deuten wäre. Schmenger kritisierte Verwaltungsmitarbeiter: diese seien nicht effizient, nicht kreativ, würden nicht gestalten, sondern eben nur verwalten. Er riet den Wählerinnen und Wählern: „Raus aus der Lethargie, gestalten Sie mit und lassen Sie sich nicht nur verwalten.“