Ein Kandidat, der das Badnerlied anstimmte, ein anderer, der die Zuhörer versehentlich als Bewohner von Amtzell grüßte – es war ein Abend, der in Erinnerung bleiben wird. Kurz bevor am Sonntag, 23. Oktober, in Gaienhofen ein neuer Bürgermeister oder eine neue Bürgermeisterin gewählt wird, konnten sich die Bürger am Dienstag bei der SÜDKURIER-Podiumsdiskussion ein Bild von vier Kandidaten machen.

Vier von sechs Kandidaten präsentieren sich

Etwa 450 Zuhörer waren in die Höri-Halle gekommen, wo Fatih Cicek, Frank Schweitzer, Andreas Werft und Derya Yildirim nach der offiziellen Vorstellung der Kandidaten durch die Gemeinde nun auch bei der Podiumsdiskussion aufeinandertrafen. Nicht eingeladen worden war Dauerkandidat Samuel Speitelsbach. Ebenfalls nicht erschienen war Heiko de Vita, der sich aus persönlichen Gründen aus dem aktiven Wahlkampf zurückgezogen hat.

Das könnte Sie auch interessieren

Die vier anwesenden Kandidaten mussten sich nach einer Begrüßung durch Jörg-Peter Rau, Mitglied der SÜDKURIER-Chefredaktion in Konstanz, auf der Bühne knapp zwei Stunden lang den Fragen der Moderatoren Anna-Maria Schneider und Georg Becker stellen. Überzeugt, geeignet für das Amt zu sein, waren dabei alle, auch wenn sich mehrere Zuhörer mit dem Kandidatenfeld unzufrieden zeigten. Immer wieder sorgten Äußerungen für Kopfschütteln und auf manche Fragen erhielten die Zuhörer keine Antwort.

Die vier Bürgmermeister-Kandidaten Derya Yldirim, Frank Schweitzer, Andreas Werft und Fatih Cicek bei der SÜDKURIER-Vorstellung in der ...
Die vier Bürgmermeister-Kandidaten Derya Yldirim, Frank Schweitzer, Andreas Werft und Fatih Cicek bei der SÜDKURIER-Vorstellung in der Höri-Halle. | Bild: Jarausch, Gerald

Kandidaten geben sich selbstbewusst

Die Gastronomin und Radolfzeller Stadträtin Derya Yildirim war sich sicher, dass die Höri reif sei für eine Frau an der Rathausspitze. Ihre stärkste Eigenschaft sei ihre Sozialkompetenz. Bauleiter Andreas Werft betonte, überlegt zu handeln und versprach, sich „mit voller Begeisterung und Energie“ Herausforderungen in Gaienhofen stellen zu wollen.

Frank Schweitzer erklärte, er habe in seinem Beruf als Architekt bereits große Projekte geleitet. Als Bürgermeister wolle er den Bürgern aufmerksam zuhören. Der selbstständige Wirtschaftsbeauftragte Fatih Cicek versprach, was er anpacke, das mache er mit Leidenschaft: „Meine Wahlversprechen sind nicht aus der Luft gegriffen.“

Gut besucht: Zahlreiche Bürger nutzten die Gelegenheit, die Bürgermeister-Kandidaten kennenzulernen.
Gut besucht: Zahlreiche Bürger nutzten die Gelegenheit, die Bürgermeister-Kandidaten kennenzulernen. | Bild: Jarausch, Gerald

Ist eine Hundesteuererstattung möglich?

Angekündigt hatte Cicek vorab, Hundebesitzern in der Gemeinde die Hundesteuer mit seinem ersten Bürgermeistergehalt erstatten zu wollen. Georg Becker fragte nach: Ein Monatsgehalt reiche gerade einmal für knapp 80 der rund 230 Hunde in der Gemeinde. Fatih Cicek gab zu, über die Aufteilung des Geldes habe er sich noch keine Gedanken gemacht – Möglichkeiten seien aber, nur Hundebesitzern ab einem bestimmten Alter die Hundesteuer zu erlassen, oder „jedem einen Anteil erstatten“.

Auch an seinem Versprechen, Mitarbeiter leistungsgerecht bezahlen zu wollen, hielt er fest. Notfalls sei er auch bereit, wieder etwas von seinem Gehalt abzugeben.

Podiumsdiskussion in der Höri-Halle.
Podiumsdiskussion in der Höri-Halle. | Bild: Jarausch, Gerald

Sedimentabtragung am See?

Frank Schweitzer will als Bürgermeister die Zweitwohnungssteuer überprüfen. „Unter Umständen wird diese Gebühr angepasst“, kündigte er an. Von den Einnahmen könne die Gemeinde dann vielleicht auch so manches Grundstück erwerben – und so für Sozialwohnungen sorgen. In Moos etwa seien auf gemeindeeigenen Flächen solche gebaut worden.

Zudem will er die Uferzonen, Häfen und Stege attraktiv erhalten – und brachte in dem Zusammenhang eine Sedimentabtragung zur Sprache. Dafür müssten aber Ausgleichmaßnahmen gefunden werden, etwa in Form von Erweiterungen von Schilfgürteln oder Baumpflanzungen.

Weitere Fragen an die Kandidaten

Flächen für Parkplätze effektiver nutzen

Verbesserungsbedarf beim öffentlichen Nahverkehr sieht Andreas Werft. „Nach 23 Uhr ist es kaum noch möglich, nach Gaienhofen zurück zu kommen“, sagte er und verwies auf die Erfahrung, die er durch seine Kinder gemacht habe. „Da muss eine bessere Verbindung sein.“ Auch würden die Busse zu den Spitzenzeiten zu selten fahren.

Das könnte Sie auch interessieren

Als weiteres Verkehrsthema möchte er sich zudem der Parkplatzsituation in Gaienhofen widmen. Parkplätze müssten besser beschildert werden, zudem müssten Flächen, die als Parkplätze dienen könnten, effektiver genutzt werden. Und eine Möglichkeit sei es auch, Bereiche, die unter der Woche gewerblich genutzt werden, an Wochenenden als Parkplätze frei zu halten.

Mehrere Meinungen zu Zweitwohnungen

Ganz anderer Meinung war Derya Yildirim: „Ich möchte nicht mehr Parkplätze.“ Denn das bedeute auch Autos und damit mehr Verkehr. Als Chance für jungen Tourismus am See sah sie sportliche Angebote. „Da können wir uns vernetzen mit Radolfzell“, schlug sie vor.

Kandidat Frank Schweizer singt das Badnerlied Video: Schneider, Anna-Maria

Beim Thema sozialer Wohnungsbau sprach sie sich deutlich für eine Erhöhung der Zweitwohnungssteuer aus, zudem schlug sie eine Genehmigungspflicht für Zweitwohnungen vor. Am Bestand ändere das zwar nichts, „aber wir können das künftig in die richtige Richtung steuern“, so Yildirim. Auch einer Wohnungsbaugesellschaft stehe sie positiv gegenüber.

Das Badnerlied und die Bewohner von Amtzell

In ihren Schlussworten stachen schließlich zwei Kandidaten besonders hervor – zum einen Frank Schweitzer, der mit dem Publikum das Badnerlied anstimmte, zum anderen Fatih Cicek, der zugab, das Lied nicht zu kennen. Sein zweites Missgeschick sorgte ebenfalls für Aufregung: nämlich dass er die Gaienhofener zunächst als „Bürgerinnen und Bürger von Amtzell“ ansprach.