Zwei große Anliegen mit Konfliktpotenzial will die Gemeinde Gaienhofen in diesem Jahr angehen: Es geht um die Temporeduzierung auf den Durchgangsstraßen in den Ortschaften sowie um die Regulierung der Ferien- und Zweitwohnungen in der Gemeinde und damit um eine mögliche Steuerung des heimischen Wohnungsmarkts.

Beide Themen werden in der Bürgerschaft seit Langem kontrovers diskutiert. In diesem Jahr sollen sie nun auf die politische Agenda im Gemeinderat gelangen, wie Bürgermeister Jürgen Maas berichtet. Im Gespräch mit dem SÜDKURIER erläutert er die Rahmenbedingungen und den Fahrplan der Entscheidungsfindung.

Temporeduktion ist schon Thema mit dem Landratsamt

In rund drei Viertel der Bürgergespräche mit Bürgermeister Jürgen Maas geht es um den Verkehr in Gaienhofen, wie er schildert. Es gebe einerseits einen hohen Druck aus der Bürgerschaft, andererseits aber auch große Meinungsverschiedenheiten unter den Bürgern und den Gemeinderäten zu den Plänen um eine Temporeduzierung auf den Durchgangsstraßen, beobachtet er.

Das könnte Sie auch interessieren

Im Mai 2024 sprach sich eine deutliche Mehrheit im Gemeinderat dafür aus, sich dem Thema anzunehmen und dieses zu prüfen, holt Jürgen Maas in Erinnerung: „Seitdem sind wir mit dem Landratsamt in Konstanz im Gespräch.“ Eine Möglichkeit bestünde darin, das Tempo aufgrund des Fremdenverkehrs an den Straßen mit Übernachtungsbetrieben und mit den Infrastruktureinrichtungen für den Tourismus zu reduzieren. Das gelte dann zum Beispiel auch bei der Gastronomie oder den Kreditinstituten.

Bürger sollen mitdiskutieren können

Das Landratsamt überprüfe aktuell, ob das rechtlich möglich ist, sagt Maas. Dann entscheide der Rat, ob die Gemeinde das auch möchte. Vor der abschließenden Ratsentscheidung beabsichtigt Maas, eine Bürgerinformation zu veranstalten. Dort könnten Bürger dann Fragen stellen und die Gemeinderäte die Stimmung aus der Bevölkerung aufgreifen sowie mit Menschen diskutieren.

Eine weitere Möglichkeit für eine Temporeduktion sieht der Bürgermeister in der Messung des Verkehrslärms an den Straßen. Das sei jedoch ein sehr aufwendiges und teures Verfahren für die Gemeinde. Und Jürgen Maas glaubt, dass die Ergebnisse vom Fremdenverkehr der Gemeinde bereits weiterhelfen könnten.

Wie geht es bei der Regulierung von Ferienwohnungen weiter?

Die Regulierung der Ferienwohnungen und Zweitwohnsitze derweil „wird ein extrem schwieriges Thema“, kündigt Maas an. In der jüngsten Sitzung wurden erneut Anträge für Ferienwohnungen gestellt, aber nicht gebilligt. Wohnraum spielt eine große Rolle in der Gemeinde. Maas sieht auch das mit Sorge: „Es gibt genügend Luxuswohnungen in Gaienhofen“, sagt er. Und es gebe einen dringenden Wohnungsbedarf für die Bürgerschaft wie für den ansässigen Arbeitsmarkt und für die heimischen Betriebe.

Wenn die nachfolgenden Generationen im Ort ein Haus mit einer Einliegerwohnung bauen, dann helfe die Ferienwohnung bei der Finanzierung des Hauses. Gaienhofen liege auch in einer Tourismus-Region. Damit könne er die Ferienwohnungen nicht grundsätzlich verteufeln.

Er wünsche sich aber vom Rat eine Zieldiskussion dahingehend, ob die Gemeinde insgesamt mehr Tourismus oder den aktuellen Stand beibehalten wolle. Im Anschluss daran gelte es dann zu prüfen, welche rechtlichen Instrumente es für eine Regulierung geben könnte.

Zweckentfremdungssatzung sehr aufwendig

Am liebsten wolle er den lang eingesessenen Bürgern die Möglichkeit für Ferienwohnungen ermöglichen und den Immobilienkauf aus dem Umland einen Riegel vorschieben. Denn es gebe eine spürbare Zunahme von externen Investoren, die Ferienwohnungen in Gaienhofen bauen wollen. Das Gesetz sehe hier eine Gleichbehandlung vor, sagte Maas. Doch die Verwaltung suche gerade juristischen Rat, welche Instrumente es für eine Regulierung und für die Steuerung des Immobilienmarkts geben könnte.

Das könnte Sie auch interessieren

Zwar könnte eine Zweckentfremdungssatzung ein Regulativ schaffen. Aber die Prüfung und Umsetzung sei sehr aufwendig. Jürgen Maas wüsste nicht, wie er dies mit einer elfköpfigen Verwaltung gestemmt brächte, berichtet er. Aber wenn sich Instrumente und Regularien gegen Zweitwohnsitze oder gegen künftige Bauobjekte – die ausschließlich als Ferienwohnungen konzipiert seien – herauskristallisieren, dann gehe er diese an, verspricht Maas.

Auch Sanierungen und Kameraerfassung ist geplant

Auf der Agenda steht im Jahr 2025 auch der Erhalt der Infrastrukturen. Es gelte, in der Teilortschaft Gundholzen die Kanäle sowie die Kläranlage und in Hemmenhofen die Verdohlung des Frauengrundbachs zu sanieren. Allein diese drei Projekte belasten den Haushalt mit rund 1,5 Millionen Euro. Hinzu kommt die Sanierung des Stegs in Gundholzen mit weiteren Kosten in Höhe von 100.000 Euro.

Das könnte Sie auch interessieren

Für die Sanierung der Straßen in der Gemeinde sieht Maas die Kartierung der Straßen durch eine IT-gestützte Kameraerfassung vor. Die automatisierte Zustandserfassung in unterschiedlichen Schadensklassen soll dem Gemeinderat eine Hilfestellung für notwendige Sanierungen geben – insofern Gelder zur Verfügung stünden. Durch die Erkrankung des Kämmerers kann der Haushalt 2025 mit den neuen Projekten erst im April beraten und beschlossen werden, kündigte Maas an.