Bahnfahren wird von vielen als Wunderwaffe gegen Klimawandel und Blechlawine betrachtet. Erklärtes Ziel der Landes- und Bundespolitik ist es daher, bis 2030 die Zahl der Fahrgäste in öffentlichen Verkehrsmitteln im Vergleich zu 2010 zu verdoppeln. Unter anderem der bundesweite Deutschlandtakt soll dabei helfen, dieses Ziel zu erreichen. Doch wie geht es Menschen in der Region, die mit dem Zug unterwegs sind? Lena Willauer ist eine von ihnen. Sie berichtet von ihren Erfahrungen.

Für sie hat eine Zugfahrt manchmal etwas entspannendes an sich. Die Aussicht genießen, nebenher eine Zeitschrift durchblättern oder einem Hörbuch lauschen. Die Zeit ist eigentlich nie verschwendet. „Ich weiß noch, als ich nach Konstanz zur Uni gependelt bin, habe ich während der Fahrt noch viel geschafft, wofür ich sonst nicht so viel Zeit hatte“, erzählt die junge Frau im Gespräch mit dem SÜDKURIER. Das sei für sie einer der größten Vorteile, die öffentlichen Verkehrsmittel zu nutzen. Aber auch das Thema Nachhaltigkeit spielt für sie eine wichtige Rolle. „Ich finde, gerade wenn es eine gute Verbindung gibt, kann es manchmal schon schneller sein, als mit dem Auto zu fahren, weil man dann auch nicht im Stau steht“, sagt die 25-Jährige.

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Ein weiterer Pluspunkt für sie sind Gruppenfahrten. „Aus meiner Erfahrung kann ich sagen, dass man es als Gruppe in der Bahn auch lustig haben kann. Man kann sich unterhalten, Spiele spielen oder was auch immer, ohne dass jemand fahren und sich auf den Verkehr konzentrieren muss. Es sind dann alle an der Aktivität beteiligt. Das finde ich gut“, so Lena Willauer. Für die junge Frau aus Gailingen ist die Parkplatzsuche in Städten wie Singen, Radolfzell oder Konstanz oft eine wahre Zerreißprobe, gesteht sie. Mit Bus und Bahn muss sie sich darüber keine Gedanken mehr machen. „Gerade am Wochenende wenn auch mehr los ist, kann das eine Erleichterung sein.“

Die 25-Jährige lebt in Gailingen und pendelt in ihrer Freizeit oft nach Singen, um ihre Erledigungen zu machen. Dafür nutzt sie meist die öffentlichen Verkehrsmittel. Die Strecke führt sie mit dem Bus von Gailingen nach Gottmadingen, wo sie in den Zug nach Singen umsteigt. „Die Anbindung von Singen nach Gailingen ist gut“, findet Lena Willauer. „In Gailingen kommt jede halbe Stunde ein Bus, der fährt auch bis in die Abendstunden, das ist ganz angenehm.“ Der Bus sei zeitlich auch auf den Zug abgestimmt, das sei für sie ein entscheidender Punkt, weshalb sie gern mit den öffentlichen Verkehrsmittel unterwegs ist. „Man wartet also nicht lange am Bahnhof und man verpasst den Anschluss auch nicht“, sagt Willauer. Der Bus warte bei kleineren Zugverspätungen auch mal ein paar Minuten. „Dadurch ist man schon relativ schnell in Singen. Und wenn man sich die Parkplatzsuche sparen kann, dann ist das ein doppelter Gewinn“, findet sie.

Zwischen Singen und Gottmadingen fährt eine Regionalbahn. Die ist oft überfüllt und sorgt seit Jahren für Unmut bei Pendlern.
Zwischen Singen und Gottmadingen fährt eine Regionalbahn. Die ist oft überfüllt und sorgt seit Jahren für Unmut bei Pendlern. | Bild: Verchio, Graziella

Zu Stoßzeiten ist es ziemlich voll

Trotzdem gebe es noch einige Punkte, wo sie Verbesserungspotenzial sieht, gerade was die Zugfahrt von Gottmadingen nach Singen angeht. „Wenn man zu den Stoßzeiten fährt, ist der Waggon relativ überfüllt. Man muss sich manchmal richtig reinquetschen, weil es auch ein recht kleiner Zug ist“, bemängelt Willauer. Dieser Umstand hat regelmäßig zu Problemen beim Schülerverkehr geführt und ist im Gottmadinger Rathaus seit Jahren bekannt. Bürgermeister Michael Klinger setzte sich immer wieder mit Nachdruck dafür ein, dass sich etwas ändert. Nachdem auch der Gottmadinger Gemeinderat eine Resolution verabschiedet hat, Eltern mehr als 1000 Unterschriften gesammelt haben und Landtagsabgeordnete aktiv geworden waren, gab es im Frühjahr die Einigung: Bahn und Land lösen den laufenden Vertrag vorzeitig auf, ab Dezember 2022 kann somit eine andere Bahngesellschaft am Zug sein.

Dafür hat Lena Willauer auch schon Vorschläge: „Grundsätzlich würde ich gerade hier in der Region die Folgezüge mehr aufeinander abstimmen. Wenn ich von Gailingen nach Mühlhausen fahren möchte, habe ich in Singen nur zwei Minuten Umsteigezeit. Das ist schon sehr sportlich. Wenn ich den Zug nicht kriege, muss ich eine halbe Stunde warten. Das ist dann schon ärgerlich“, sagt sie. Auch im Hinblick auf die Kosten seien in ihren Augen gerade Kurzstrecken viel zu teuer. „Gerade wenn man nur gelegentlich mit dem Zug fährt, also kein Monatsticket hat, lohnt sich das nicht“, so die 25-Jährige. Mit den Parkgebühren für das Auto komme man etwa auf das gleiche heraus, findet sie.

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„Ärgerlich ist auch, dass man am Automaten nicht mit allen Geldscheinen zahlen kann. Wenn ich ein Ticket für 3,50 Euro einlösen möchte, aber nur einen 20 Euro-Schein habe, dann kann ich diese Fahrkarte nicht kaufen“, bemängelt sie. Gerade abends, wenn weniger Fahrgäste unterwegs seien und das Service-Center geschlossen habe, sei das Geldwechseln problematisch, so Willauer. „Es wäre auch für die Kunden besser, wenn man bei Zugverspätungen rechtzeitig eine Durchsage macht und nicht erst fünf Minuten vorher“, sagt die junge Frau. Ihr sei schon oft passiert, dass der Zug mitten auf der Strecke angehalten habe. Manchmal habe es für die Fahrgäste keine Information gegeben, warum man nicht weiterfahre. „Als Kunde finde ich es schon wichtig, dass man weiß, was Sache ist. Dann kann man sich vielleicht auch um eine Alternative bemühen.“

Für Ben Rommel kommt eine Bahn- oder Busfahrt nur im Notfall in Frage. Er fährt lieber Auto. Die Gründe die er nennt sind Bequemlichkeit und Zeiteinsparung. „Mein Auto steht vor der Haustür. Ich muss nicht erst zum Bahnhof hinkommen oder zur Bushaltestelle laufen“, sagt er. Flexibilität ist ein weiterer Punkt, der ihm wichtig ist. „Ich kann nach der Arbeit direkt nach Hause fahren. Wenn ich nach Feierabend noch eine halbe Stunde auf den Bus oder Zug warten muss, obwohl ich in der Zeit mit dem Auto schon zu Hause sein könnte, rechnet sich das nicht für mich.“