Beim Straßenfest zur Eröffnung der sanierten B 34 konnte man es wieder beobachten: Mit einem Sackkarren transportierte Stefan Kienzler ein ganzes Stockwerk von Bierkisten vom Feuerwehrhaus zum Treffpunkt auf der Hauptstraße. Völlig unbemerkt rollte so der Nachschub, während die Bürger bei Wurst und Wecken an den Tischen saßen. Dazu hatte die Jugendfeuerwehr alle Hände voll zu tun, um die 900 Würste zu grillen.

Diese kleine Geschichte ist nur ein Beispiel dafür, wie Stefan Kienzler den Dienst an der Gemeinschaft versteht: Anpacken, wo es nötig ist, und feiern, wo es möglich ist. Dabei ist es wahrlich nicht die Kernaufgabe eines Feuerwehrkommandanten, als Getränkelieferant zu agieren. Aber der Mann liebt den Dienst an seiner Heimatgemeinde. Das merkt man, wenn man mit ihm Bilanz über 25 Jahre Kommandantentätigkeit zieht.

Ja, ein Vierteljahrhundert Verantwortung im Brandschutz einer Gemeinde mit Teilorten ist eine lange Zeit. Eine Zeit, auf die Stefan Kienzler gerne zurückschaut und zugleich den Blick in die Zukunft wirft. Natürlich sei das zusätzliche Arbeit neben dem Brotberuf. Natürlich müsse die Familie oft zurückstehen. Und natürlich müsse der Arbeitgeber mitspielen. Bei der Logistikfirma Dachser ist man großzügig. Dort verantwortet Stefan Kienzler ebenfalls den Bereich Arbeitssicherheit, Gebäudeunterhalt und Brandschutz. Wenn er zum Einsatz fährt, wechselt er also praktisch nur das Firmenlogo.

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Ist dieses Modell in Zeiten wachsender Vorschriften überhaupt noch tragfähig? Diese Frage stellen sich immer mehr Gemeinden. Sie machen sich Sorgen um die Verfügbarkeit der Einsatzkräfte. Denn nicht alle Unternehmen schätzen es, wenn ein Mitarbeiter bei Alarm alles stehen und liegen lässt, um zum nächsten Feuerwehreinsatz zu springen.

Für den 58-jährigen Kienzler ist diese Frage ein Politikum. Er ist überzeugt, dass es von der Größe einer Gemeinde abhängt, ob sie einen hauptamtlichen Feuerwehrkommandanten engagiert oder sich weiterhin auf das Ehrenamt verlässt. „Bei der Größe von Gottmadingen stehe ich voll zum Modell des Kommandanten im Ehrenamt“, sagt Kienzler.

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Damit das funktioniert, braucht es viele Beteiligte, die auch bei der Stange bleiben: Einen Stellvertreter, auf den man sich verlassen kann. In Gottmadingen ist das Thomas Schleicher. Und eben auch viele andere, die zum Beispiel Verantwortung für die verschiedenen Fachbereiche wie die Wartung von Fahrzeugen, Geräten, Schläuchen übernehmen. Nicht zu vergessen ein begeisterter Nachwuchs.

„Alles beruht auf der Kameradschaft“, sagt Stefan Kienzler, der sich auf seine Leute verlassen kann. Die Aufgabe ist nicht marginal. Immerhin delegiert die Gemeinde eine Pflichtaufgabe an ehrenamtlich tätige Feuerwehrleute. Dafür gibt es zwar eine Funktionsvergütung, aber die Männer und sieben Frauen opfern dafür auch viel Freizeit. „Das geht nur mit Leidenschaft und Herzblut“, sagt Kienzler.

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Im Jugendalter ging es für ihn los

Mit 17 Jahren kam der heutige Kommandant über einen Freund in die Feuerwehr. Dessen Vater hatte die Jugendlichen dazu verdonnert, sich zu engagieren. In der eigenen Familie gab es keine Vorbilder. Offenbar war die Aufgabe so spannend, dass Kienzler und sein Kollege Markus Romer bis zum Ende des Jahres weitere zehn Freunde für die Wehr begeistern konnten.

Ziemlich schnell durchlief Stefan Kienzler alle Ausbildungsstufen und war schon 1992 stellvertretender Abteilungskommandant in Gottmadingen. Zum 100-jährigen Jubiläum zur Jahrtausendwende war er bereits Kommandant. Die Kameraden hatten ihn gewählt und der Gemeinderat hatte ihn bestellt und bestätigt. Seit 2023 ist er außerdem Vorsitzender des Kreis-Feuerwehr-Verbandes.

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Kienzler ist stolz darauf, dass er den Personalbestand in dieser Zeit immer konstant halten konnte. Und noch wichtiger ist ihm zu erwähnen, dass in der Zeit nie jemand bei Einsätzen verletzt wurde oder gar zu Tode kam. „Wir haben keine Nachwuchsprobleme“, erzählt er.

Das liege wohl auch daran, dass man gut mit anderen Vereinen wie der Fasnacht vernetzt sei. Mitglieder der Narrenzunft werden in die Feuerwehr integriert und umgekehrt. „Wir haben ein gutes Ansehen in der Gemeinde, weil wir bodenständig geblieben und gut vernetzt sind“, sagt Kienzler.

Gute Kontakte sind entscheidend

Die gute Vernetzung gehört auch auf höherer Ebene dazu. Dabei hilft dem Kommandanten die Verbandsarbeit auf Landesebene. Auf diesem Wege hat er die Ersatzbeschaffung der Drehleiter initiieren können. „Nach 35 Jahren hat unsere alte Leiter ihre Lebenszeit schon lange überschritten“, sagt er. Die Gemeinde bekommt im November ein Vorführfahrzeug zu einem erheblich günstigeren Preis. Das ist für Kienzler einer der Höhepunkte in seiner Karriere als Kommandant.

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Aber es gab auch Ereignisse, an die er mit Schrecken zurückdenkt. „Ich war drei Jahre bei der Feuerwehr, als ein kleines Kind an einer Rauchvergiftung starb“, sagt er. Das werde er genauso wenig vergessen wie den Frontalzusammenstoß zweier Lastwagen bei Ebringen. Oder die Woche, in der seine Leute zu zwei tödlichen Unfällen gerufen wurden. Da kamen auch Notfallseelsorger zum Einsatz.

Apropos Einsatz: Was den Gerätepark angeht, so zeigt sich der Kommandant eher bescheiden. Was nur sehr selten benötigt werde, wie zum Beispiel eine Chlorgasausrüstung, das könne man sich auch beim Umweltzug des Landkreises ausleihen. Ebenso Drohnen zur Überwachung von Glutnestern. „Ich bin der Überzeugung, dass man mit den finanziellen Mitteln der Gemeinde schonend umgehen muss“, sagt Kienzler. „Aber eine bestimmte Ausrüstung müssen wir haben, um das Feuerwehrgesetz zu erfüllen.“ Was es braucht, darüber hat der Kommandant den Gemeinderat zu beraten.