Selbst wenn man als Laie nicht viele Berührungspunkte mit dem Thema Architektur hat, ziehen herausragende Bauwerke doch ganz automatisch die Aufmerksamkeit des Betrachters auf sich. Noch dazu, wenn es sich um zentral gelegene Objekte oder öffentliche Einrichtungen handelt. Dass dieses Gefühl auch in Gottmadingen nicht täuscht, hat nun eine siebenköpfige Jury der Architektenkammer Baden-Württemberg im Rahmen der Prämierung für beispielhaftes Bauen mit fachlichen Argumenten untermauert. Aus 75 Arbeiten wurden die besten ausgewählt. Schirmherr war Landrat Zeno Danner und den Vorsitz der Jury hatte der Stuttgarter Freie Architekt Tobias Meigle.

Zwei ausgezeichnete Projekte in Gottmadingen

Voller Stolz weist Bürgermeister Michael Klinger darauf hin, dass in Gottmadingen gleich zwei Objekte für ihre architektonische Besonderheit ausgezeichnet wurden. Zum einen das Brigg im Ortskern von Gottmadingen, das 2020 fertiggestellt wurde, und zum anderen die neue Eichendorff-Realschule. Beides sind Objekte, mit denen sich der Gemeinderat und die Gottmadinger Bürgerschaft in der Vergangenheit intensiv befasst haben.

Die Belohnung für diese umfangreiche Auseinandersetzung kommt jetzt in Form der Auszeichnung für vorbildliches Bauen. Diese Prämierung dient auch als Anreiz für zukünftige Projekte, sich mit der Qualität der Architektur auseinanderzusetzen. Doch welche Merkmale überzeugten die Jury?

Das könnte Sie auch interessieren

Eichendorff-Realschule begeistert als Gesamtkonzept

Die Eichendorff-Realschule wird von der Jury als Paradebeispiel für Offenheit und Transparenz in der Architektur hervorgehoben. „Aus der Gebäudeform einer liegenden Acht resultieren im Innern unterschiedliche Blickachsen und Ausblicke in die Natur“, heißt es in der Begründung. „Fließende Grundrisse erlauben offene Lernkonzepte. Die Multifunktionalität der Räume hat einen hohen Stellenwert und ermöglicht vielfältige Nutzungen.“

Das können auch die Gottmadinger Bürger bestätigen, die seit der Eröffnung der Schule bereits zahlreiche Veranstaltungen in der offen gestalteten Mensa erlebt haben. „Die Schule überzeugt durch ihr gelungenes Gesamtkonzept“, so die Bewertung der Jury. Dazu gehöre auch das ausgeklügelte Energiekonzept. Durch den kompakten Bau verbrauche das Gebäude weniger Energie, heißt es in der Begründung.

Die Juroren lobten zudem die durchdachte Raumaufteilung, die den Schülern ein freies, schülerzentriertes Arbeiten ermögliche. Damit bestätigen die externen Gutachter, was Alexander Kopp vom Gottmadinger Bauamt bei zahlreichen Rundgängen immer wieder betont hatte: Die Schüler sollen sich mit ihren Lernbereichen identifizieren und ein gewisses Heimatgefühl entwickeln.

Ebenfalls für beispielhaftes Bauen wurde die neue Eichendorff-Realschule von der Architektenkammer Baden-Württemberg ausgezeichnet.
Ebenfalls für beispielhaftes Bauen wurde die neue Eichendorff-Realschule von der Architektenkammer Baden-Württemberg ausgezeichnet. | Bild: Trautmann, Gudrun

Im Brigg trifft Historie auf Moderne

Die Jury lobt das Brigg für seine „äußerst urbane und selbstbewusste“ Gestaltung der Umwandlung des alten Brauereigeländes im Ortskern. Es handle sich um „eine gelungene Symbiose aus historischen Bezügen, einem flexiblen und sich ergänzenden Nutzungsmix und einem kompromisslos modernen Gebäude, das starke Identität im Ortskern schafft“. Sheddächer und die Ziegelfassade sollen dabei einen Bezug zur ursprünglichen industriellen Nutzung und Prägung des Quartiers herstellen.

Neben den Dienstleistungsangeboten wurden in dem Ziegelstein-Gebäude auch Maisonette- und Geschosswohnungen untergebracht. „So wurden in der kleinen Gemeinde ungeahnte urbane Wohnraumangebote geschaffen“, erklärt die Jury. „Gottmadingen ist seit 1821 architektonisch von den Industriegebäuden der Bilger-Brauerei und des Landmaschinenherstellers Fahr geprägt. Das Brigg will diese räumliche Flexibilität und industrielle Atmosphäre in ein Wohngebäude übersetzen.“

Das könnte Sie auch interessieren

Neben dem energetischen Aspekt hob die Jury das soziale, generationenübergreifende Zusammenleben im Brigg hervor, das durch die Aufteilung des Gebäudes ermöglicht wird. Auch die Nachnutzung früherer Gebäude und der schonende Umgang mit Grundstücksflächen wurden positiv bewertet. Auf dem ehemaligen Brauereigelände, das früher nur als Parkplatz genutzt wurde, habe sich städtisches Leben entwickeln können. Die Bauherren Thomas Conrady und Nina Ache-Conrady öffnen ihren Veranstaltungsraum im Erdgeschoss regelmäßig für kulturelle Anlässe, die von den Gottmadingern Bürgern rege genutzt werden.

Bei der Preisverleihung der Architektenkammer Baden-Württemberg im Landratsamt Konstanz für Beispielhaftes Bauen posieren (v.l.): ...
Bei der Preisverleihung der Architektenkammer Baden-Württemberg im Landratsamt Konstanz für Beispielhaftes Bauen posieren (v.l.): Jury-Vorsitzender Tobias Meigel; Michael Eichmann, Hannes Linder (hotz+ architekten Freiburg); Alexander Kopp (Bauamt Gottmadingen), Bürgermeister Michael Klinger, Sabine Ott (Mohnke Partner, Statik), Karin Sinnwell (Hotz+ architekten, Freiburg) und Schirmherr Landrat Zeno Danner. | Bild: Felix Kaestle

Qualität im Budgetrahmen

In der Bewertung ging die Jury auch der Frage nach, wie sich eine hohe architektonische Qualität auch mit kleinem Budget erreichen lasse. Die Antwort lautet: „Wiederholungsfaktor, Vorfertigung, Standardprodukte, kompakte Bauweise und damit einhergehende Zeit- und Grundflächenersparnis verringern die Kosten eines Gebäudes.“ Ein Prinzip, das angesichts des knappen Wohnraums zur Schule werden könnte und beim Bau der zweiten Flüchtlingsunterkunft in Randegg angewendet wird.