Es knistert weiterhin im deutsch-schweizerischen Bauernverhältnis. Im Hegauer Grenzgebiet bewirtschaften Landwirte des Nachbarlandes immer mehr Grundstücke. „Dies trübt die Beziehungen“, erklärt Peter Graf, Vorsitzender des Badischen Landwirtschaftlichen Hauptverbandes (BLHV) im Landkreis Konstanz. Er betreibt einen bäuerlichen Hof im Hilzinger Ortsteil Duchtlingen. Graf sieht einen enormen Nachteil der deutschen Bauern gegenüber den Schweizer Kollegen. Dies wertet er auch als Grund dafür, dass der Begriff Landnahme heute wie schon vor vielen Jahren seine ungeliebte Bedeutung hat.

Vor etlichen Jahren war die Lage fast eskaliert, als eine über großflächigen Schildern scharf formulierte Protestaktion von Hegauer Bauern den Zorn von Schweizer Landwirten nach sich zog. Sie hatten sich damals gegenüber dem SÜDKURIER unter Beteiligung von mehr als 20 Landwirten in einer Thaynger Gaststätte mächtig Luft verschafft. Heute sieht der Landwirt Artur Fuchs aus dem schweizerischen Altdorf, der die Aktion initiiert hatte und um einen Konsens bemüht war, den Konflikt vielerorts entschärft.
„Es gibt etliche Beispiele im Hegauer Grenzgebiet, bei denen sich deutsche und Schweizer Landwirte gegenseitig unterstützen“, sagt Fuchs, der seinen Hof an die nächste Generation übergeben hat, aber immer noch bei Arbeiten mithilft. Schweizer Bauern bräuchten große Flächen, weil sie überwiegend auf die direkten Erlöse der Erzeugnisse angewiesen seien. Deutsche Bauern benötigen sie, da es EU-Flächenprämien gibt.

„Die Schweizer Landwirte nutzen ihre rechtlichen und wirtschaftlichen Vorteile, die ihnen das eigene Land bietet. Das ist legitim, sorgt aber für Missstimmungen bei den Hegauer Bauern“, sagt dagegen Graf. Bessere Direktzahlungen, zollfreie Ausfuhren vom deutschen Grenzgebiet in die Schweiz und zwei- bis dreifach höhere Erträge der landwirtschaftlichen Erzeugnisse nennt er als gravierende Begünstigungen. „Da sich die Schweiz vom EU-Markt abgeschottet hat, können die Bauern des Landes viel bessere Preise erzielen“, zeigt Graf auf. Zudem könnten auch Schweizer Landwirte EU-Flächenprämie beantragen und erhalten. Gerade eine solche sei aber das wichtigste Standbein der deutschen Bauern.

„Es gibt einen harten Kampf um landwirtschaftliche Flächen. Wer mehr bewirtschaftet, erhält auch eine höhere Förderung. Die ist für viele Betriebe von existenzieller Bedeutung. Bei den Pacht- oder Kaufpreisen können wir gegen die Schweizer aber nicht mithalten. Und wenn die Flächen weg sind, dann kommen sie nicht wieder“, betont der Landwirt. Gerade in Dörfern, wo es keine Haupterwerbslandwirte mehr gebe, seien die Flächen überwiegend in Schweizer Hand. Im Tengener Grenzgebiet von Wiechs am Randen mache dies sogar einen Prozentsatz von um die 90 Prozent aus. „Die bilateralen wirtschaftlichen Abkommen gibt es schon seit gut 60 Jahren. Politisch will da niemand ran, weil die Deutschen außerhalb der Landwirtschaft Vorteile in anderen Sparten sehen“, erklärt Graf.
Landwirt kritisiert Politik
Landwirt Stefan Leichenauer aus dem Tengener Stadtteil Uttenhofen, der kürzlich aufgrund seiner innovativen Betriebshaltung von einer Fachzeitschrift als „Bauer des Jahres“ ausgezeichnet wurde, bestätigt: „Wenn politisch etwas nicht gewollt ist, haben wir als Landwirte in dieser Sache das Nachsehen“, bedauert er. Die große Protestaktion hatte er selbst initiiert. Heute gibt er sich etwas besänftigter. „Trotz völlig ungleicher Bedingungen und der daraus resultierenden großen Rivalität beim Pachten oder Kaufen von landwirtschaftlichen Flächen sind wir um ein gutes nachbarliches Verhältnis bemüht“, schildert Leichenauer. Schweizer Bauern, die in massiver Form Flächen pachten oder kaufen, stehe er aber reserviert gegenüber.

Seit dem Tod seines Vaters im Jahr 2014 seien die bewirtschafteten Flächen um 30 Hektar gesunken. Leichenauers Söhne Moritz (14) und Nils (9) seien begeistert im Betrieb tätig. Moritz wolle schon bald in die Fußstapfen des Vaters treten. „Ich habe ihm aber geraten, erst eine Ausbildung in einem anderen Beruf zu beginnen. Die Erträge unseres Hofes können keine zwei Haushalte ernähren“, sagt Leichenauer. Er hat seinen Betrieb mit Schwerpunkt Mastbullen-Haltung grundlegend umstrukturiert. „Ich setzte auf Regionalisierung und Direktvermarktung“, sagt er.
„Die Spannungen haben sich gelegt. Das liegt auch am Generationswechsel“, sagt Lisa Fuchs vom Altdorfer Föhrenhof, Schwiegertochter von Artur Fuchs. Auf Gemarkung des Nachbarortes, Tengen-Wiechs am Randen, hat die Familie Fuchs landwirtschaftliche Flächen in Besitz. Lisa Fuchs ist in Blumenfeld aufgewachsen. Die Frau von Artur Fuchs stammt aus Wiechs am Randen. „Es waren auch deutsche Landwirte froh, wenn sie bei Verpachtungen oder Verkäufen ihres Landes gute Preise erzielen konnten. So, als sie beispielsweise ihre Betriebe umstrukturiert oder aufgegeben haben“, sagt Artur Fuchs.