Hegau – „Der Hochwasserschutz stellt uns künftig vor gewaltige Aufgaben, die von großer Bedeutung in den kommenden Jahren sind und die Gemeinden stark herausfordert“, betont der Hilzinger Bürgermeister Holger Mayer. Kürzlich hat er hautnah erlebt, zu welchen gravierenden Auswirkungen mit Unwetter verbundener Starkregen auf Straßen und Wohnareale führen können. 35 Keller haben die Hilzinger Feuerwehr und die Ortsteile-Abteilungen ausgepumpt. Die Bundesstraße 314 musste zwischen Riedheim und Binningen für den Verkehr gesperrt werden. Auch auf der Gemarkung des Ortsteils Schlatt kam es zu Überflutungen.

  • Hilzingen schützt Wohngebiet: „Wir müssen in den Hochwasserschutz weiter kräftig investieren. Die folgenschweren Unwetter kommen häufiger“, erklärt Mayer. Dabei habe die Gemeinde Hilzingen in der jüngeren Vergangenheit schon etliche Maßnahmen vollzogen, um sich für starke Regengüsse zu wappnen und die Wassermassen einzudämmen. Solche schützten vor allem das neue Wohngebiet Steppachwiesle. Das Wasser, das über den Steppach vom Ortsteil Weiterdingen hinunter fließt, werde zunächst über einen Kanal geleitet, wo dann hinter dem Hilzinger Kunstrasenplatz ein Regen-Auffangbecken zum Zuge komme. Bewusst soll dann die große Freifläche zwischen Hilzingen und Riedheim bei heftigem Niederschlag gefahrlos überflutet werden, ohne dass es auch auf der Bundesstraße zu einer Beeinträchtigung kommt. „Für diese Maßnahme hat die Gemeinde Hilzingen etwa 1,5 Millionen Euro ausgegeben“, sagt Mayer.
Der Mühlbach ist etwas tiefer und breiter geworden. Steinbänke machen den Bach wieder zu einem kleinen Erholungsort mitten im Ortskern.
Der Mühlbach ist etwas tiefer und breiter geworden. Steinbänke machen den Bach wieder zu einem kleinen Erholungsort mitten im Ortskern. | Bild: Tesche, Sabine
  • Mühlbach renaturiert: „Auch den Mühlbach, der von Duchtlingen nach Hilzingen fließt, konnten wir durch eine Renaturierung beruhigen. Die Maßnahme war aber auch städtebaulich zur Aufwertung im Zug der Ortskern-Sanierung von Belang“, so Mayer. Er sei mit dem Leiter des Bauamtes nach dem Unwetter heikle Stellen abgefahren, um auszuloten, ob Optimierungen ausgeführt werden können. Auch die Feuerwehren stünden vor weiteren Herausforderungen, wenn sich immer mehr Unwetter ereignen, ist Mayer überzeugt. „Sie haben kürzlich einen tollen Einsatz geleistet. Davon habe ich mich selbst überzeugt, weil ich die halbe Nacht selbst vor Ort war“, so der Hilzinger Bürgermeister.
Unterhalb des Wohngebiets Steppachwiesle fließt das Regenwasser in einen Kanal und von dort aus in ein Regen-Rückhaltebecken.
Unterhalb des Wohngebiets Steppachwiesle fließt das Regenwasser in einen Kanal und von dort aus in ein Regen-Rückhaltebecken. | Bild: Tesche, Sabine
  • Engens Maßnahme greift: Die Stadt Engen setzt ein Konzept um, das auf Grundlage der landesweiten Hochwasser-Gefahrenkarte besonders kritische Stellen beheben soll. Dies basiert auf der Szenario-Annahme eines Jahrhundert-Hochwassers, wie Bürgermeister Johannes Moser verrät. „Unser Glück war es, vor allem für Anwohner an Bächen, dass im Stadtteil Neuhausen bereits eine große bauliche Maßnahme vollzogen wurde, wie die Ausweitung der Bachbetten und kleineren Dämmen. Bei zwei Starkregen-Ereignissen hätten andernfalls Überflutungen gedroht“, erklärt Moser.
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  • Weitere Maßnahmen seien beim Zimmerholzer Wildbach und beim Talbach geplant. Sie seien wichtig, aber nicht ganz so dringlich wie das in Neuhausen der Fall gewesen sei. Insgesamt kosten die gesamten Maßnahmen laut Moser 2,6 Millionen Euro. Etwa 800.000 Euro trage die Stadt Engen, 70 Prozent der Gesamtsumme zahle das Land als Förderbeitrag. Der bemesse sich an der Dringlichkeit, Gefahren für Gebäude und Menschen zu verhindern.
  • Mühlhausen-Ehingen wappnet sich: Auch in Mühlhausen-Ehingen wird der Hochwasserschutz zu einem dominanten Thema. „Wir haben jeweils drei herkömmliche und elektronische Pegelmesser in den durch die Gemeinde verlaufenden Bächen im Einsatz“, schildert Hauptamtsleiter Rainer Maus. Die Stellen fahren Gemeinde-Mitarbeiter regelmäßig an, um bewerten zu können, wie bedrohlich die Pegelstände bei vorausgesagten Unwettern werden können. „Wir orientieren uns dabei auch an der von einem Fach-Unternehmen erstellen Hochwassergefahren-Karte. Durch die Messungen können wir schon im Vorfeld die Feuerwehr für ihre Einsätze wappnen“, sagt der Hauptamtsleiter.
  • Nötige Grundstücke nicht zu haben: Geplante bauliche Umsetzungen, wie die Schaffung von Flutmulden, gestaltet sich aber sehr schwierig. „Gefährdete Bereiche, wie beim Ehinger Baugebiet Ried, könnten entschärft werden. Dies scheitert aber daran, dass Eigentümer ihre Grundstücke für Maßnahmen an den Bächen nicht verkaufen. Dies über Planfeststellungsverfahren einzufordern, ist sehr aufwendig und langwierig“, so Maus.
  • Rielasingen-Worblingen reagiert: Sorgen vor Hochwasser und Überflutungen gibt es auch bei vielen Aach-Anwohnern in Rielasingen-Worblingen. Angedachte bauliche Maßnahmen scheitern wie in Mühlhausen-Ehingen daran, dass Eigentümer nötige Grundstücke nicht zur Verfügung stellen, wie beim Bauamt der Gemeinde auf Nachfrage berichtet. „Wir haben einen Hochwasser-Alarmplan, der beim vergangenen Unwetter zum Einsatz gekommen ist. In Rielasingen-Worblingen gab es keine größeren Probleme“, schildert Rafael Grimm vom Tiefbauamt der Gemeinde. „Wenn bei Starkregen private Keller volllaufen, kann dies auch daran liegen, dass Kanäle überfüllt sind und Rückstauklappen fehlen“, so Grimm.
Im Jahr 2016 kam es zu einem Hochwasser in Worblingen. Die Feuerwehr musste auch viele Keller auspumpen.
Im Jahr 2016 kam es zu einem Hochwasser in Worblingen. Die Feuerwehr musste auch viele Keller auspumpen. | Bild: Hfr
  • Unwetter kommen schnell: „Die Unwetter ereignen sich in Rielasingen-Worblingen auffallend wellenartig schnell und kurz, aber heftig. Den Grund für diese Phänomen wollen Fachleute ermitteln“, schildert er. In Rielasingen-Worblingen komme das Flut-Informations- und Warnsystem des Regierungspräsidiums Freiburg zum Einsatz (Infokasten).
  • Aach wird in Singen entkrautet: Die Stadt Singen versucht, durch spezielle Aktionen zu verhindern, dass die Aach überläuft. Daneben sollen ständige Pegelmessungen rechtzeitig vor Gefahren warnen. Der Fluss steht unter der Obhut des Landes Baden-Württemberg, das auch für dessen Unterhalt verpflichtet ist. „Wir übernehmen im Auftrag des Landes eine groß angelegte Entkrautung der gesamten Aach, die auf der Singener Gemarkung verläuft. In der Regel geschieht das einmal pro Jahr“, berichtet Michael Schneider, Leiter der Abteilung Grün und Gewässer.
  • Flussbett ausgeweitet: „In Abstimmung mit dem Regierungspräsidium Freiburg setzen wir auch im Gewässer-Entwicklungsplan verankerte Maßnahmen um“, so Schneider. 2020 sei der Fluss bei Beuren an der Aach mit Kosten von etwa 100.000 Euro renaturieret worden. „Eine Uferabflachung hat das Flussbett ausgeweitet“, sagt er.