Gute Nachrichten für das Kinderhaus Bodensee in Mindersdorf: In seiner jüngsten Sitzung hat der Gemeinderat einstimmig einen Nutzungsänderungsantrag der Werkstatt und des Schuppens der Einrichtung zum Einbau weiterer Räume durchgewunken. Bürgermeister Florian Zindeler sagte dazu: „Wenn in Mindersdorf weitere Räumlichkeiten für die Kindertagespflege geschaffen werden, so unterstützt das auch unsere Kindereinrichtung.“

Und damit auch Kinder, die aufgrund problematischer Lebensverhältnisse nicht bei ihren Familien leben können. Denn diese finden im Kinderhaus Bodensee Zuflucht. Aus ganz Deutschland werden durch die Jugendämter Kinder nach Mindersdorf vermittelt. Ab einem Alter von etwa drei Jahren bis hin zu neun Jahren dürfen die sie in der Einrichtung leben, das Kinderhaus ist dabei die Einzige Einrichtung im Süden, die rein auf diese Altersgruppe spezialisiert ist.

Im Kinderhaus in Hohenfels-Mindersdorf finden Kinder Zuflucht, die aufgrund problematischer Lebensverhältnisse nicht bei ihren Familien ...
Im Kinderhaus in Hohenfels-Mindersdorf finden Kinder Zuflucht, die aufgrund problematischer Lebensverhältnisse nicht bei ihren Familien leben können. | Bild: Constanze Wyneken

„Je jünger die Kinder zu uns kommen, desto besser ist es für sie“, erklärt Maria Paus. Sie ist die Lebensgefährtin von Jesse Hautzinger, der zusammen mit Paus, seinem Bruder Casey Hautzinger und seinen Eltern Charis und Martin Hautzinger das Kinderhaus Bodensee am Laufen hält. Maria Paus führt weiter aus: „Wenn die Kinder noch ganz klein sind, wenn sie zu uns kommen, dann haben sie später keine Traumata, weil ihre Erinnerung nicht viel weiter zurückreichen wird als an die Zeit bei uns. Und je länger die Kinder bleiben können, desto besser.“

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Viel Hilfe von außen

Um den Kindern ein möglichst gutes Umfeld zu bieten, gibt es in der grünen, beinahe einen dreiviertel Hektar großen Anlage des Kinderhauses Spielgeräte, ein Trampolin, Hochbeete, eine Hühnerschar, Bienenkästen, einen Sandkasten, eine Nestschaukel und einen Bauwagen. Doch dies war nicht immer so. Denn als die das Kinderhaus Bodensee in Mindersdorf auf Initiative von Charis Hautzinger, die Kinder- und Jugendpsychotherapeutin ist, im Jahr 2013 auf dem Gelände und in den Gebäuden eines alten Bauernhofs ins Leben gerufen wurde, sah alles noch anders aus. Jesse Hautzinger erzählt: „Auf dem Hof war alles ziemlich marode, als wir ihn damals erwarben. Aber anders hätten wir ihn uns auch nicht leisten können. Es geht mit dem Ausbau Jahr für Jahr immer weiter und ganz langsam voran, Schritt für Schritt.“

Dies läge daran, dass man auf viel Hilfe von außen angewiesen sei – auf sach- und zweckgebundene und finanzielle Spenden und auf Manpower, also Menschen, die ehrenamtlich Hand anlegen, erläutert Hautzinger. So hätten etliche, regionale Firmen und Handwerksbetriebe sich mit finanziellen Spenden oder mit dem Bau diverser Dinge, beispielsweise Türen oder Fußböden, in die Gestaltung des Kinderhauses und seiner Anlage mit eingebracht. Und auch Hautzinger und seine Familie haben Vieles an Eigenleistung erbracht. „Alles, was man heute hier sieht, ist durch Blut und Schweiß entstanden“, sagt Jesse Hautzinger.

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Schon zahlreiche Projekte wurden umgesetzt

Und das ist eine ganze Menge: Zu Beginn des Jahres 2020 ist zum Beispiel die Werkstatt im früheren Schweinestall fertig geworden, die laut Jesse Hautzinger sehr im Gebrauch sei, weil ja irgendwo immer weiter gebaut werde. Es gibt eine Kleiderkammer, in der vom Boden bis zur Decke die verschiedensten Kleidungsstücke für alle Jahreszeiten in vielen unterschiedlichen Größen aufbewahrt werden. Im Hof ist eine Außentoilette entstanden, das die Kinder aufsuchen können, während sie im Garten spielen.

Das Gelände, das zum Kinderhaus Bodensee in Hohenfels-Mindersdorf gehört, ist mit Vielem ausgestattet, was Kinderherzen höher schlagen ...
Das Gelände, das zum Kinderhaus Bodensee in Hohenfels-Mindersdorf gehört, ist mit Vielem ausgestattet, was Kinderherzen höher schlagen lässt: Es gibt Spielgeräte, ein Trampolin, Schaukeln, Hochbeete, eine Anlage mit Hühnern, einen Totempfahl zum Spielen und vieles mehr. | Bild: Constanze Wyneken

Außerdem gibt es einen regelrechten Fuhrpark voller Fahrräder, Roller, Bobbycars und mobiler Spielpferde, der im alten Pferdestall beherbergt ist. Und in einem Bastelraum können die Kinder mit allen nur vorstellbaren Materialien werkeln, wenn das Wetter schlecht ist. Ein Bewegungsraum ist zudem gerade in Arbeit. Das sei, so erklärt Jesse Hautzinger, ein kleine, etwa 60 Quadratmeter große Turnhalle. Gerade werde dort gestrichen, danach werde der Spezialboden gebaut, den man sich auch nur durch Spenden leisten könne. Ein Automobilzulieferer aus Markdorf habe dafür 5500 Euro gespendet, weitere 500 Euro kamen von einer Jugendorganisation aus Stockach.

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Corona bringt Herausforderungen

Die Corona-Zeit bezeichnet Jesse Hautzinger selbst als „krass anstrengend“, was die Arbeit im Kinderhaus Bodensee angeht. Dort habe sich die Zeit von März bis September des vergangenen Jahres für die rund zehn Mitarbeiter so angefühlt, wie Dauersommerferien – nicht so entspannend, sondern so arbeitsreich. Denn die Kinder seien ja, aufgrund des Lockdowns und der geschlossenen Schulen, ständig vor Ort gewesen, was permanente Betreuung bedeutete.

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Für die Kinder selbst sei Corona wohl prima durchzuhalten, sagt Hautzinger dagegen. Denn das Gelände des Kinderhauses Bodensee sei für sie so unterhaltsam wie ein großer Spielplatz. „Die Kinder erleben hier Geborgenheit, Sicherheit und eine Familienstruktur. Sie werden hier gut geerdet“, erklärt Maria Paus. Sie geht in ihrer Arbeit im Kinderhaus Bodensee richtig auf und kann parallel auch ihre eigene Tochter Rosa betreuen. Maria Paus träumt davon, vielleicht in ihrer alten Heimat Brandenburg ein ebensolches Kinderhaus wie das in Mindersdorf aufzubauen – eines Tages jedenfalls.