Es gab Jahre, da hat sich Hannelore Rimmele im achten Stock ihrer kleinen Zwei-Zimmer-Wohnung in der Schwaketenstraße richtig wohl gefühlt. Damals gab es im Haus noch einen Hausmeister, der die Bewohner persönlich kannte und bei Problemen für schnelle Lösungen sorgte.
Viele Eigentümerwechsel der Wohnungen in der Schwaketenstraße
Seit einigen Jahren lebt sie mit Einschränkungen, Ärger und ständig neuen Mietforderungen. Hannelore Rimmele gehört zu den Mietern der 252 Wohnungen, denen durch umstrittene Modernisierungen des Vonovia-Konzerns drastische Preissteigerungen drohen. "Ich bin schon lange im Mieterbund, ich habe ihn nie gebraucht, jetzt aber schon", sagt Hannelore Rimmele. Sie wohnt seit rund 25 Jahren im Haus, das mehrere Eigentümerwechsel hinter sich hat, und 2015 an den börsennotierten Vonovia-Konzern ging.
Mit Legionellen-Fund hat alles angefangen
Ein kurzer Flur mit Einbauschränken, ein Wohnraum mit Kücheneck und schönem Blick über die Stadt, ein kleines Schlafzimmer mit winzigem Balkon sowie ein enges Bad mit blauen Kacheln, die dank guter Pflege fast wie neu aussehen – das ist das 38-Quadratmeter-Refugium der Rentnerin Rimmele.
Vor etwa sechs Jahren begannen die Probleme: Damals wurden in den Leitungssystemen der heutigen Vonovia-Häuser in der Schwaketenstraße 98 bis 108 teilweise hohe Belastungen mit Legionellen gefunden, also Bakterien, die Krankheiten auslösen können. Einige Versuche seien seitdem unternommen worden, die Legionellen zu vertreiben, offenbar ohne Erfolg.
Wasserflaschen schleppen, um sicher sauberes Trinkwasser zu haben
Sie und die anderen Mieter durften zeitweise gar nicht duschen, inzwischen bekommen sie Duschköpfe mit Filtern, die alle zwei Monate erneuert werden, wenn der Bewohner den Ausgabetermin nicht verpasst. Die Mieter sollten das Wasser zum Trinken auch abkochen. Viele, so auch Rimmele, schleppen Flaschen, um sicher sauberes Trinkwasser zur Hand zu haben.
Mieter sind sich sicher: Für Reparaturen muss Vermieter aufkommen
Dass jetzt die Leitungen saniert werden sollen, begrüßen Rimmele und die gelernte Sozialarbeiterin Corina Jäger, die im Nachbarblock der 47 Jahre alten Häuser wohnt. Doch dabei handle es sich um Reparaturen, die der Vermieter zu leisten habe, und nicht um Modernisierungen, die auf Mieter umgelegt werden können, sind sich beide sicher.
Alle 15 Monate liegt ein Brief mit der Mieterhöhung im Kasten
Wie bei anderen in den Häusern sei zuletzt alle 15 Monate eine Mieterhöhung im Kasten gelegen, berichten Rimmele und Jäger. Offensichtliches Ziel: Den Preis auf die Vergleichsmieten im Mietspiegel und darüber zu treiben. Aktuell lägen nach ihren Rechnungen beide Wohnungen knapp darüber. Sie hätten dem letzten Aufschlag widersprochen. Denn sie sehen sich weder in ruhiger Wohnlage noch nahe am Zentrum.
Steigerung von 130 bis 150 Euro für die Kaltmiete
Rimmele zahlt für die 38,45 Quadratmeter inklusive Betriebskosten, aber ohne Wasser, Strom, Heizung, Müll 431 Euro. Sollten die geplanten Modernisierungen umgesetzt werden, ist ein Aufschlag von 150 Euro angekündigt. Bei Corina Jäger würde die Kaltmiete fürs Ein-Zimmer-Appartement (34,88 Quadratmeter) von 400 auf 530 Euro steigen.
Vonovia: Wir sind um Lösungen bemüht
Rimmele würde der Aufschlag schmerzen, andere müssten zum Sozialamt oder könnten die Wohnung nicht mehr halten. Rimmele und Jäger sagen, sie kämpften auch für Bewohner, denen der Verlust des Zuhauses drohe. Modernisierungen wie der Austausch der vor 16 Jahren eingebauten Fenster und Dämmungen betrachtet sie als nicht notwendig. Diese sollten nur die Mieten nach oben treiben.
Vonovia bestreitet Luxussanierungen und sagt, die Mieter sollten in den Häusern bleiben können. Man sei um Lösungen bemüht.
Der Konflikt
Der Immobilienkonzern Vonovia hat umfangreiche Modernisierungen in den Häusern 98 bis 108 in der Schwaketenstraße angekündigt, deren Kosten er teilweise auf die Mieter umlegen will. Bewohner laufen mit Unterstützung des Bodensee-Mieterbunds dagegen Sturm. Auch Oberbürgermeister Uli Burchardt und der Gemeinderat kritisieren das Vorhaben, vor allem den Austausch der vor 16 Jahren erneuerten Fenster mit Isolierverglasung und der Wärmedämmung. Umstritten sind auch Eingriffe wie der Einbau neuer Bäder. Neben der Befreiung der Leitungen von Legionellen würden Mieter mehr Stellplätze für Räder, einen abschließbaren Müllplatz und einen intakten Aufzug begrüßen.