Wann waren Sie zuletzt in unserer Stadtbücherei? Das ist ein schöner Ort, nicht nur der Bücher und der Ruhe wegen, sondern auch architektonisch. Toll gelegen, direkt am Münsterplatz, und kostenloses W-Lan gibt es dort auch.

Letzteres ist mir bis vor Kurzem nie aufgefallen, aber meine Tochter (10), mit der ich dort war, machte mich auf ein Hinweisschild aufmerksam, auf dem das W-Lan angepriesen wurde.

Bisher hat mich die gut sotierte Auswahl beeindruck - jetzt sehe ich diesen Ort mit andern Augen

Denn im vierten Obergeschoss, wo die Kinderbücher sind, gibt es auch ein Regal mit Spielen für die Konsolen, mit denen die Kinder heute gerne und viel spielen. Von Switch über Wii U bis zu Playstation ist alles dabei, und wir kommen eigentlich nie ohne eins dieser Spiele nach Hause – ohne Buch hingegen regelmäßig.

Früher, als ich noch dachte, es sei ein Kinderspiel, den Kindern vorzuleben, dass Lesen etwas Tolles ist, hatte ich mir vorgestellt, wie ich mit meinen Kindern durch die Bücherei stromere und tolle Kinderbücher aus den Regalen ziehe, die sie dann gefesselt zu Hause verschlingen.

Ich las mich als Kind wie ein Bücherwurm durch die komplette Schulbibliothek

Tja, Pustekuchen.

Obwohl ich nicht nur selbst mehrere Bücher geschrieben habe (eins davon steht auch in der städtischen Bücherei, was meinen Kindern immerhin imponiert), sondern auch jahrelang in einem Kinderbuchverlag gearbeitet habe, was uns jede Menge druckfrischer Bücher frei Haus bescherte, rühren meine Kinder Bücher kaum an. Bis auf die älteste Tochter, die genauso gerne und schnell Bücher verschlingt wie ich – aber die beiden anderen Kinder sind nicht dafür zu begeistern.

Meine Möglichkeiten, die Kinder für mein Steckenpferd zu begeistern, sind begrenzt

Ich füge mich also in mein Schicksal, wenn die Kinder verkünden, sie würden gerne mal wieder in die Bücherei gehen, und schlage ihnen dort nicht ständig vor, noch nach einem schönen Buch zu gucken, während sie eigentlich nur direkt zum Medienregal marschieren wollen.

Das höchste der Gefühle ist dann, dass die Jüngste ein Buch über Pokémon oder Mine Craft ausleihen möchte. Klassische Kinderbücher stehen hier leider überhaupt nicht hoch im Kurs.

Machen Sie sich nichts draus, wenn es Ihnen genauso geht

Ich für meinen Teil habe jedenfalls schon lange aufgehört, Alibi-Bücher mitzunehmen, frei nach dem Motto „Du darfst nur ein Spiel ausleihen, wenn du zwei richtige Bücher mitnimmst!“ Denn das Ende vom Lied ist, dass ich die Bücher ungelesen wieder in die Bibliothek zurückbringe nach zwei Wochen. Und in der Zeit hätte sie ja auch gut jemand anders ausleihen können.

Falls Sie also irgendwann mal eine Frau an der Ausleihtheke treffen, die mit ihren Kindern nur „böse“ Medien ausleiht, zwinkern Sie ihr freundlich zu. Sie hat es wirklich versucht, das mit den Büchern.

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