Wohnungsknappheit ist ein brennendes Thema in Konstanz – und es hat auch Auswirkungen auf die Wirtschaft. Dann nämlich, wenn Fachkräfte, die von Unternehmen zum Teil dringend gesucht werden, eine Stelle wieder absagen, weil sie in Konstanz und Umgebung keine Wohnung zu einem angemessenen Preis finden. Konstanzer Betriebe reagieren darauf – zum Teil. Einzelne versuchen, Wohnungen anzumieten und als Personalwohnungen unterzuvermieten. Doch diese Strategie verfolgen längst nicht alle.

An der Uni können Gastwissenschaftler in Gästehäusern wohnen

Die Universität Konstanz beispielsweise, in Konstanz der größte Arbeitgeber, verfügt nicht über Wohnungen, die sie an Mitarbeiter vermieten könnte, wie Pressesprecherin Julia Wandt auf Anfrage mitteilt. Die Universität bewirtschafte allerdings Gästehäuser, deren Wohnungen sie internationalen Gastwissenschaftlern auf begrenzte Zeit zur Verfügung stellt. Diese Häuser sind angemietet. Die Universität richtet den dringenden Wunsch an die Stadt, dass in Konstanz mehr bezahlbarer Wohnraum für Beschäftigte geschaffen werde.

Auch eine Variante: Kleine Wohnung mit Einkaufsservice

Aktiv geworden sind andere Unternehmen. Der Business Park Konstanz, der Firmen an der Grenze zwischen Petershausen und dem Industriegebiet Büro- und Gewerbeflächen inklusive Infrastruktur anbietet, will nun auch in Personalwohnungen investieren. Der Businesspark plane in der Nachbarschaft den Neubau von etwa 150 Wohnungen. Von den 150 Wohnungen werden bis zu 41 Wohnungen als "managed apartements" ausgelegt sein, berichtet Markus Imholz, Geschäftsführer der Bluebird Asset Management AG, die den Businesspark besitzt.

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Was ist ein "managed apartment"? Imholz erklärt den Begriff: "Das ist so etwas wie ein Hotelzimmer zur Langzeitanmiete". Die Wohnungen zwischen 21 und 25 Quadratmetern Größe seien möbliert und können mit verschiedenen Serviceleistungen angemietet werden – das reiche vom Putzdienst über den Auftrag, den Kühlschrank zu füllen bis zum Bügeldienst. Gedacht sei bei diesem Konzept an Fachkräfte, die nach Konstanz ziehen, und deren Familie später nachkomme. Oder an Hochschullehrkräfte, die nur an Wochentagen in der Stadt wohnten. "Wir reagieren hier auf einen Bedarf, den viele Firmen äußern", sagt Imholz. Etliche Firmen könnten Stellen nicht besetzen, weil die Mitarbeiter keine Wohnung fänden.

Bild 1: Fachkraft gefunden – aber wo soll sie wohnen? Wie Konstanzer Firmen versuchen, ihren Mitarbeitern eine Wohnung zu organisieren
Bild: Bogevischs Büro, München

Spitalstiftung nimmt Vorreiterrolle ein

Darauf hat auch die Spitalstiftung reagiert. Bereits im März hatte sie die Sanierung eines ehemaligen Wohnheims in der Luisenstraße fertig gestellt, in dem 34 Personalwohnungen für Mitarbeiter der Spitalstiftung entstanden. Das Engagement will die Spitalstiftung fortsetzen. Wegen der großen Nachfrage an Wohnraum plant sie den Bau von weiteren 40 Mitarbeiterwohnungen, schreibt Steven Hausen, Leiter der Finanzabteilung. Alle Wohnungen würden zuerst den Mitarbeitern der Stiftung sowie des Klinikums angeboten. Auch das neue Haus in der Luisenstraße werde zur Hälfte von Pflegekräften der Spitalstiftung und des Klinikums belegt. Das Wohnungsangebot sei für die Stiftung ein großer Pluspunkt in der Mitarbeitergewinnung.

In der Lusienstraße sind in einem sanierten Wohnheim Mitarbeiterwohnungen der Spitalstiftung untergebracht.
In der Lusienstraße sind in einem sanierten Wohnheim Mitarbeiterwohnungen der Spitalstiftung untergebracht. | Bild: Wagner, Claudia

Konstanzer Innovationsareal (KINA) plant Mitarbeiterwohnungen von Anfang an mit

Auch beim Konstanzer Innovationsareal (KINA), das auf dem ehemaligen Siemensareal entsteht, wird das Konzept Mitarbeiter-Wohnungen mit einbezogen. In einem Gebäude auf dem Areal sollen 120 bis 150 Mikro-Wohnungen untergebracht werden, sagt Moritz Meidert, Geschäftsführer des Gründerschiffs, der das KINA federführend mitentwickelt. Dort sollen vor allem Auszubildende und Praktikanten unterkommen können, doch auch Gründer sollen Zugriff erhalten. 15 bis 20 Wohneinheiten werden dort geschaffen, die Platz für mehr als eine Person bieten. "Das Ziel ist klar", sagt Meidert, "auch die Gründerfirmen müssen attraktiv genug sein für Fachkräfte, die hier herziehen."

Dr. Lang Group investiert in Büroflächen und Mitarbeiterwohnungen

Ein verwandtes Konzept verfolgt die Dr. Lang Group, die in Stromeyersdorf bis zu 40 Millionen Euro investiert, um Büroflächen und Mitarbeiterwohnungen zur Verfügung zu stellen, wie der SÜDKURIER bereits berichtete. Unter anderem ist ein Aparthotel geplant. 120 Apartments sind für Mitarbeiter vorgesehen, die in dem Gesamtprojekt einen Job gefunden, aber noch keine Wohnung haben. Das Modell Büros und Aparthotel sei bundesweit im Trend, sagte der Geschäftsführer der Dr. Lang Group, Peter Lang.

Bei Firma Seitenbau können neue Fachkräfte in Ruhe suchen

Die Firma Seitenbau bemüht sich ebenfalls, zuziehende Mitarbeiter im Bereich Wohnen zu unterstützen, wie Irene Gerau, Abteilungsleiterin Softwareentwicklung, berichtet. Die Firma bietet seit 2018 eine sanierte Wohnung für mehrere Personen als erste Anlaufstelle für neue Mitarbeter an, die etwa zwei Kilometer vom Arbeitsort entfernt ist und mit Bettwäsche, Handtüchern und Kochzubehör ausgestattet ist. Darüber hinaus arbeitet Seitenbau an anderen Standortfaktoren: mit im Programm sind Plätze in einer Kita, mit der die Firma kooperiert, ein Programm zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie Freizeitangebote für die Mitarbeiter.

Wie die IHK den Bedarf an Personalwohnungen bewertet

Bertram Paganini, zuständig für das Geschäftsfeld Existenzgründung in der Geschäftsführung der Industrie- und Handelskammer (IHK) Konstanz, beobachtet das unternehmerische Problem schon länger. "Ich habe schon vor Jahren darauf hingewiesen, dass Wohnortmarketing ein Teil der Wirtschaftsförderung werden sollte", sagt er. Im schweizerischen Winterthur etwa arbeite die Wirtschaftsförderung eng mit Maklern zusammen, die auf Wunsch von Firmen deren neu zuziehenden Mitarbeitern helfen könnten, eine Wohnung zu finden. Dieses Modell halte er für Konstanz für nachahmenswert.

Die Stadt hält oft noch an der Trennung zwischen Gewerbe und Wohnen fest – aber wie lange noch?

In Konstanz kenne er inzwischen Betriebe, die sich auch anders behelfen wollen: in einem Fall sei der Bau einer Halle im Industriegebiet beantragt worden mit einer integrierten Wohnung. Dem Antrag habe die Stadt zunächst nicht zugestimmt, um die Trennung zwischen Gewerbe und Wohnen aufrechtzuerhalten. "Mal sehen, wie lange die Stadt das durchhält", sagt Paganini mit Hinweis darauf, dass sich das Thema noch verschärfen werde. "Der Handlungsbedarf zeichnet sich immer stärker ab". Unternehmer entwickelten zunehmend kreative Ansätze – weil es so schwierig sei, Flächen zu bekommen, gebe es bereits Betriebe, die sich zusammenschlössen, um gemeinsam Mitarbeiterwohnungen zu bauen.

Wie andere größere Firmen das Problem zu lösen versuchen

  • Siemens: Laut Auskunft von Marketingleiterin Monica Soffritti kommen viele Mitarbeiter, die Siemens Postal, Parcel & Airport Logistics GmbH (SPPAL) gewinnen konnte, aus Konstanz und Umgebung. Neue Mitarbeiter, die in die Region ziehen, würden bei der Wohnungssuche auf die gängigen Wohnungsportale im Internet hingewiesen. Zudem biete die Firma mit dem Schwarzen Brett eine Plattform für Wohnungsannoncen.
  • Edeka Baur: Auch beim Lebensmitteleinzelhandel ist das Problem bekannt. Pamela Baumhardt, Leiterin der Unternehmenskommunikation bei Edeka Baur, schreibt, dass der angespannte Wohnungsmarkt in Konstanz die Suche nach Mitarbeitern nicht einfacher mache. Potenzielle Bewerber lasse er vor einem Zuzug nach Konstanz zurückschrecken. Eigene Mitarbeiterwohnung habe Edeka Baur nicht. Der Betrieb versuche aber, neuen Mitarbeitern über das eigene Netzwerk und Kontakte zu Maklern bei der Wohnungssuche zu helfen. 2017 habe ein Auszubildender kurzfristig vor Ausblidungsbeginn die Stelle abgesagt, weil er keinen Wohnraum finden konnte.