Ein alter Wunsch könnte doch noch in Erfüllung gehen: Die Stadtwerke sperren sich nicht mehr gegen die Einführung eines Kurzstreckentarifs beim Bus. Nachdem es bei dem Thema jahrelang keine Fortschritte gab, wurde zuletzt Hans-Peter Klauda deutlich. Der Vorsitzende des Stadtseniorenrats erklärte, es sei Menschen, die nicht mehr so gut zu Fuß sind, nicht zuzumuten, dass sie für eine Strecke wie Zähringerplatz-Friedhof 2,45 Euro bezahlen müssten. Jetzt lenken die Stadtwerke ein: Man sei "nicht grundsätzlich gegen einen Kurzstreckentarif", sagte Geschäftsführer Norbert Reuter im Technischen und Umweltausschuss: "Wir suchen nach einer Lösung – wenn wir sie haben, sagen wir zu, dass wir sie relativ schnell umsetzen."

Gilt für drei oder vier Haltestellen: Auf keinen Fall soll Kurzstrecke kompliziert sein

Die Stadtwerke prüfen nun, wie sich eine Kurzstrecke festlegen lässt. In vielen Städten ist es eine bestimmte Anzahl von Haltstellen, es gibt aber auch Lösungen mit unterschiedlichen Tarifzonen. Unklar ist auch noch, wie kontrolliert wird, dass die Passagiere nach der bezahlten Kurzstrecke auch tatsächlich aussteigen. Einer nach dem Vorbild von Karlsruhe nur über das Handy käuflichen Fahrkarte, deren Preis sich aus Grundpreis und Streckenpreis zusammensetzt, erteilte Reuter eine klare Absage: zu kompliziert.

Seniorenvertreter sagt: Nicht nur für 20.000 ältere Menschen in Konstanz wäre das ein Gewinn

Hans-Peter Klauda freut sich über die neue Entwicklung: "Ein Kurzstreckentarif würde uns sehr freuen – nicht nur für die Senioren, sondern für alle." Einen übermäßigen Aufwand für die Busfahrer sieht er im Gegensatz zu den Stadtwerken nicht, zumal die Stadtwerke den neuen Fahrschein ja auch exklusiv im Vorverkauf anbieten könnten. Und die angeblichen Mehrkosten? "Ich glaube nicht, dass da ein Defizit entsteht – ganz im Gegenteil, denn eine kurze Busfahrt wir ja attraktiver."

Gratis-Bus am Samstag bleibt ein Zankapfel: Die einen finden's klasse, die anderen sinnlos

Umstritten bleibt die Forderung, dass das Busfahren samstags grundsätzlich kostenlos sein solle, um die Innenstadt zu entlasten. Gisela Kusche von der Freien Grünen Liste hält an der Idee fest. Dass die Stadt die Freifahrten vermutlich mit Steuermitteln bezahlen müsste, stört sie nicht: "Wir haben keine Probleme, für Autofahrer etwas auszugeben – also können wir auch in den Bus investieren." Auch Thomas Buck vom Jungen Forum plädiert dafür, im Budget 2019 einen Betrag für das Angebot nach dem Muster von Tübingen zu reservieren: "Wir stellen Minderjährige auf die Straße, um die Kontrolle zu behalten und geben dafür viel Geld aus, das ist doch lächerlich." Allerdings gibt es auch andere Stimmen. Wichtiger als ein billiger Fahrpreis sei ein attraktives Angebot, argumentiert Jürgen Ruff (SPD) ganz im Sinne der Stadtwerke. Er hat eine andere Idee: "Wir sollten eher über eine kostenlose Schülerkarte diskutieren, denn das setzt an der Bewusstseinsbildung an." Für Matthias Heider (CDU) gibt es ebenfalls keinen Grund, über einen Nulltarif am Samstag zu sprechen: "Das ist im Moment nicht zielführend." Johannes Hartwich (FDP) sieht in der Debatte einen Vorboten der Gemeinderatswahl in einem Jahr.

Hat der Verkehr wirklich abgenommen? Genaue Zahlen gibt es im Rathaus jedenfalls nicht

Was sagt der Experte im Rathaus? Verkehrsplaner Stephan Fischer will erst einmal abwarten, was bis Jahresende die Untersuchung zur tatsächlichen Busnutzung erbringt. Einen Gratis-Bus gegen Samstags-Staus hält er nicht für erforderlich. Die Zahl der Tage mit extremer Belastung sei überdies deutlich zurückgegangen. Beziffern kann er es aber nicht: "Dafür bräuchten wir Zahlenreihen, die wir so aber nicht haben."

Fahren mehr Leute Bus, wenn es billiger ist? Das ist auch eine Glaubensfrage

Ob niedrigere Preise mehr Menschen in öffentliche Verkehrsmittel locken, ist umstritten. Das zeigt auch der Vergleich von zwei viel beachteten Projekten in Österreich. In Vorarlberg kostet die Jahreskarte fürs gesamte Bundesland nur noch 370 Euro, die Fahrgastzahlen sind laut dem dortigen Tarifverbund gestiegen – allerdings wurde auch das Angebot immer weiter verbessert. In Wien, wo die Jahreskarte 365 Euro (ein Euro pro Tag) kostet, ist zwar das Defizit, nicht aber die Nutzung von Bus und Bahn wesentlich gestiegen. Allerdings war sie zuvor schon sehr hoch, sagte der Forscher Ulrich Leth von der Technischen Universität Wien der "Zeit". Zum Vergleich: Eine Jahreskarte der Stadtwerke Konstanz, die nicht einmal bis zur Reichenau gilt, kostet 470 Euro.

 

"Ich glaube einfach nicht, dass da ein Defizit entsteht – ganz im Gegenteil, denn eine kurze Busfahrt wird ja attraktiver."

Hans-Peter Klauda, Stadtseniorenrat

"Wir sollten eher über eine kostenlose Schülerkarte diskutieren, denn das setzt an der Bewusstseinsbildung an."

Jürgen Ruff, SPD

"Wir haben keine Probleme, für Autofahrer etwas auszugeben – also können wir auch in den Bus investieren."

Gisela Kusche, Freie Grüne Liste

"Wir stellen Minderjährige auf die Straße, um die Kontrolle zu behalten und geben dafür viel Geld aus, das ist doch lächerlich."

Thomas Buck, Junges Forum