Man soll die Feste feiern, wie sie fallen. So heißt das Sprichwort. Für die zahlreichen Feste und Veranstaltungen in und um Konstanz gilt das schon lange nicht mehr. Auflagen, Genehmigungen, strikte Sicherheitskonzepte: Es gibt viele Vorschriften, die die Städte und Veranstalter mittlerweile Monate und Jahre im Voraus beachten müssen. Eine davon ist die Pflicht, Großveranstaltungen, für die es weitere Interessenten gibt, in einem Wettbewerb, unter Umständen angeblich EU-weit, auszuschreiben. Nach und nach muss die Stadt deshalb alle Veranstaltungen prüfen. Wie viele das insgesamt sind, kann Hans-Rudi Fischer, Leiter des Bürgeramts, genau sagen: Im Jahr 2016 genehmigte er 108 Veranstaltungen mit 227 Veranstaltungstagen im öffentlichen Raum.

Die ersten beiden Feste, die auf der Liste stehen, sind das Seenachtfest und der Weihnachtsmarkt. Unabhängig von den gesetzlichen Vorschriften laufen die Verträge mit den Veranstaltern aus. Für den Weihnachtsmarkt schon dieses Jahr, für das Seenachtfest 2017. Für beide Feste gibt es weitere Interessenten. Gemäß dem Wettbewerbsrecht sieht sich die Stadt Konstanz somit zu einer Ausschreibung verpflichtet. Hans-Rudi Fischer spricht von einem „diskriminierungsfreien und transparenten wettbewerblichen Verfahren“. Nur: Die Rechtslage ist kompliziert. „Bei der Ausschreibung von Bauleistungen gibt es ganz klare Kriterien und man weiß ganz genau, was man will“, sagt Hans-Rudi Fischer. Bei einem Fest aber wird das sehr kompliziert. Denn: Was soll ausgeschrieben werden?

„Beim Weihnachtsmarkt, den wir für das Jahr 2017 eintüten müssen, sind die Kriterien leichter zu definieren“, stellt Fischer fest. Dass keine Party à la Ballermann, sondern eine Veranstaltung mit weihnachtlichem Charakter gefragt ist, verstehe sich selbst. Trotzdem gibt es viele Fragen zu klären, zum Beispiel: Sollen es 170 oder nur 50 Stände sein, gibt Fischer ein Beispiel. Aber wie soll das Seenachtfest 2018 aussehen? Soll es ein Bürgerfest werden oder in ähnlicher Größe stattfinden? Will Konstanz eine Großveranstaltung oder gar kein Fest mehr zu diesem Zeitpunkt?

Früh in die Debatte eingeschaltet hatte sich OB Uli Burchardt. Er hatte im Wahlkampf 2012 vorgeschlagen, das Seenachtfest wieder in die Hände der Konstanzer zurückzugeben. Im großen SÜDKURIER-Interview zur Halbzeit, das am Samstag veröffentlicht wird, haben wir in gefragt, wie es weitergeht. Und Burchardt anwortete: "Wir haben uns gerade mit dem Gemeinderat geeinigt, uns gemeinsam über die zukünftige Gestaltung des Seenachtfestes Gedanken zu machen und darüber zu beraten, wie das Fest ab 2018 aussehen soll. Das heutige Seenachtfest ist ein Aushängeschild für die Stadt Konstanz, aber es ist auch für die Besucher teuer, es zieht sehr viele Menschen von außerhalb in die Stadt, es schreckt viele Konstanzer ab und es sind wenige Konstanzer Vereine dort aktiv. Ich finde die Idee attraktiv, das Seenachtfest ein Stückchen kleiner, ein Stückchen regionaler, ein Stückchen konstanzerischer zu machen. Das ist aber eine Diskussion, die noch vor uns liegt. Eine der Fragen lautet dann aber auch: Gäbe es überhaupt genug Vereine und genug Standbetreiber, die auch wirklich in der Lage sind, das zu stemmen und ein eigenes Risiko zu tragen?"

Und wie sollte für Burchardt persönlich das Seenachtfest 2018 aussehen? "Ich bin offen. Ich hätte Spaß an einem kleineren regionaleren Seenachtfest, aber ich bin völlig offen für eine politische Diskussion. Und wenn die Mehrheiten so liegen, dass sie sagen, nein, wir wollen dieses überregionale ausstrahlende große Seenachtfest haben, dann ist das für mich völlig in Ordnung." Allerdings hätten kleine Vereine wohl kaum mehr die Möglichkeit, die gestiegenen Sicherheitsanforderungen zu erfüllen. Und muss die EU-weite Ausschreibung wirklich sein? Burchardt: "Ob und welche Veranstaltungen von Seiten einer Kommune europaweit ausgeschrieben werden müssen, hängt von vielen Voraussetzungen ab und ist jeweils im Einzelfall zu prüfen und zu entscheiden. Selbst wenn europarechtliche Vorgaben im Einzelfall nicht zu berücksichtigen sind, so können doch Gründe für die Einhaltung eines sogenannten transparenten und diskriminierungsfreien wettbewerblichen Verfahrens vorliegen. Nach unserer rechtlichen Einschätzung ist das beim Weihnachtsmarkt so. Am Ende hängt es davon ab, was sich da für ein Bewerberfeld auftut."

Die Kommission aus Stadträten soll laut Fischer die wesentlichen, charakteristischen Kriterien der Feste ausarbeiten. Das alleine werde aufgrund vieler unterschiedlichen Interessen nicht einfach. Sind Grundlagen und Kriterienkatalog erarbeitet, geht es in die Details, denn es müssen „klare, nachvollziehbare Kriterien sein“, so Hans-Rudi Fischer. Dann müssen die juristischen Fragen geklärt werden. „Eine extrem komplizierte Rechtsmaterie“, stellt Hans-Rudi Fischer fest. Im Zuge der juristischen Prüfung wird sich auch zeigen, ob eine EU-weite Ausschreibung erforderlich ist oder nicht. Auftragswert, Höhe der Liefer- und Dienstleistungsaufträge aber auch Nutzung von öffentlichen und privaten Flächen, seien nur einige Punkte. „Jedes Mosaiksteinchen trägt dazu bei, ob eine EU-weite Ausschreibung erforderlich ist oder nicht“, stellt Hans-Rudi Fischer fest, der selbst ebenfalls den Ausgang des Verfahrens noch nicht abschätzen kann. „Ein heikles Thema, denn wir müssen absolut rechtssicher sein“, wertet er.

Sicher ist nur: Neben dem Weihnachtsmarkt werden viele weitere Großveranstaltungen jetzt hinterfragt, geprüft und zum wettbewerblichen Verfahren bereit gemacht. „Wenn wir diese juristisch einwandfrei geklärt haben, werden die nächsten größeren Veranstaltungen, darunter Konstanzer Weinfest und Oktoberfest, an die Reihe kommen“, kündigt Fischer an.