Es ist eine Nachricht, die Sprengkraft birgt: Die Kanzlerin der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Gestaltung Konstanz (HTWG) klagt gegen das Land Baden-Württemberg. So schreibt es das Verwaltungsgericht Freiburg.
Anders formuliert könnte die Nachricht lauten: Eine leitende Mitarbeiterin klagt gegen ihren Arbeitgeber. Ein unschöner, aber gewöhnlicher Vorgang, der allein in Baden-Württemberg hundertfach im Jahr vorkommt. Die Brisanz, die diese Nachricht in sich trägt, liegt zwischen beiden Polen.
Worum geht es HTWG-Kanzlerin Andrea Veith?
Laut Gericht will sie feststellen lassen, dass das Wissenschaftsministerium des Landes sie nicht zur amtsärztlichen Untersuchung verpflichten dürfe. Das Ministerium äußert sich in dieser Sache nicht. Es hat sich aber laut Lena Fischer, Richterin und Pressesprecherin am Freiburger Verwaltungsgericht, zu dem Schritt veranlasst gesehen, da wegen Veiths langfristiger Erkrankung die Dienstfähigkeit geklärt werden müsse.
Im Raum steht die Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand wegen einer möglichen Dienstunfähigkeit. Ein Urteil ist bereits gefallen. Gemäß der Praxis am Verwaltungsgericht wird es jedoch nicht verkündet, sondern den Beteiligten zugestellt.
Warum entscheidet das Ministerium über eine medizinische Untersuchung?
Als Dienstherr ist das Wissenschaftsministerium gesetzlich hierzu berechtigt, denn Andrea Veith ist als Hochschulkanzlerin Beamtin auf Zeit.
Für Beamte dagegen gelten in diesem Fall das Beamtenstatus- und das Landesbeamtengesetz. So sind sie dazu verpflichtet, sich nach dienstlicher Weisung ärztlich untersuchen und falls erforderlich auch beobachten zu lassen, wenn Zweifel an der Dienstfähigkeit bestehen oder die Dienstunfähigkeit festzustellen ist.
Den vorzeitigen Ruhestand können betroffene Beamte auch dann noch vermeiden, wenn – wie der Gesetzgeber schreibt – „eine anderweitige Verwendung“ möglich ist, die gleich hoch bezahlt wird.
Wie geht die HTWG mit der unklaren Situation um?
Wie man aus Kreisen der HTWG-Gremien hört, würde man sich eine solche Lösung wünschen. Im Gespräch für eine kurzfristige Nachfolge soll dann Manfred Schnell sein, der die Kanzler-Aufgaben bereits kommissarisch ausfüllt und dem „exzellente Arbeit“ bescheinigt wird.
Dass man an der HTWG darauf bedacht ist, die personelle Lücke nach mehr als zwei Jahren krankheitsbedingter Vakanz zu schließen, dürfte auch daran liegen, dass mit Hochschulrektor Carsten Manz eine weitere Führungsfigur dem Ende seiner Amtszeit entgegengeht.
Sorge vor fehlender Entscheidungsbereitschaft
Man fürchtet an der Hochschule offenbar einen Lame-Duck-Effekt. Der Begriff aus der amerikanischen Politik bezeichnet Präsidenten, die noch im Amt sind, dessen Nachfolger aber bereits feststeht. An der HTWG endet Manz‘ Amtszeit Mitte April 2020.
Der neue Präsident – nach SÜDKURIER-Informationen befinden sich aus einer längeren Liste an Bewerbern zwei Männer noch im Rennen – soll jedoch bereits im kommenden September von Hochschulrat und –senat gewählt werden.
Dass seit Bekanntwerden des Wechsels im Präsidium einige Abläufe ins Stocken geraten sind, ist im Bereich Lehre und Forschung der Hochschule ein offenes Geheimnis. Bei allem Verständnis, mögliche Nachfolger nicht vor vollendete Tatsachen zu stellen, wünscht sich ein dort Tätiger „noch etwas mehr Entscheidungsfreude“.
Die neueste Entwicklung
Inzwischen hat das Freiburger Verwaltungsgericht dem SÜDKURIER mitgeteilt, dass die Klage von Kanzlerin Andrea Veith abgewiesen wurde. Wir halten Sie über nähere Informationen zum Urteil auf dem Laufenden.