Satire dürfe alles, sagte Kurt Tucholsky. So jedenfalls wird die Einschätzung des Schriftstellers und Journalisten zusammengefasst. Ganz genau schrieb er vor 100 Jahren im „Berliner Tagblatt“: „Die echte Satire ist blutreinigend: und wer gesundes Blut hat, der hat auch einen starken Teint. Was darf Satire? Alles.“

„Kauft nicht bei Schweizern!“

Doch hat Satire auch Grenzen, und wo enden diese? Sind diese bei einem Aufruf der Partei "DIE PARTEI" überschritten? „Deutsche! Wehrt euch! Kauft nicht bei Schweizern“ ist auf einem Aufkleber zu lesen, der zuletzt in Konstanz gesichtet wurde und auf die Klein-Partei als Urheber hinweist.

Erstmals verwendet wurde der Sticker schon vor einigen Jahren. In der Nähe des Konstanzer Friedhofs ist jetzt aber ein neues Exemplar geklebt worden. Die Kleinpartei ist mit Satiriker Martin Sonneborn und Kabarettist Nico Semsrott seit Mai mit zwei Abgeordneten im Europaparlament vertreten und feierte auch bei den jüngsten Kommunalwahlen Achtungserfolge.

Die Anlehnung des in Frakturschrift gehaltenen Wortspiels ist offensichtlich und zitiert nationalsozialistische Propaganda. Die NSDAP hetzte mit fast wortgleichen Aufrufen die deutsche Bevölkerung ab 1933 dazu auf, nicht bei Juden einzukaufen. Der sogenannte Judenboykott ist Teil des wohl grausigsten Kapitels der deutschen Geschichte. 

Staatsanwaltschaft Konstanz sieht Verdacht der Volksverhetzung nicht erfüllt

Der Landesverband Baden-Württemberg von "DIE PARTEI" reagierte auf eine schriftliche Anfrage über die Absicht des Aufklebers nicht. Einen davon entdeckte Manfred Kammerlander, bekannter Stadtführer aus Konstanz, in der Nähe des Friedhofs am Riesenbergweg. „Dürfen die das? Sollte man das der Polizei melden?“, schrieb er der Redaktion per E-Mail. Die Antworten lauten: Sie dürfen und man sollte nicht, wie eine Anfrage bei der Staatsanwaltschaft in Konstanz ergibt. 

Bild 1: Satire oder Geschmacklosigkeit? „Die Partei“ kupfert mit einem Aufkleber von Nazi-Rhetorik ab
Bild: Manfred Kammerlander

„Nach Rücksprache mit der zuständigen Abteilung stellen wir fest, dass der Inhalt ausreichend als Satire erkennbar ist“, erklärt der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Andreas Mathy. „Es besteht kein Verdacht wegen Volksverhetzung.“ Satire darf also, wenn auch nicht alles, so doch ziemlich viel.