Nicht nur etwa 8000 Schüler, die in Konstanz eine allgemeinbildende Schule besuchen (und dabei sind Privat- und berufliche Schulen noch nicht eingerechnet) starten in einen ungewohnten Alltag. Auch auf ihre Eltern kommen neue Herausforderungen zu.
Ob sie Home-Office und Kinderbetreuung miteinander verbinden müssen, ob sie ungewollt plötzlich sehr viel Zeit haben oder ob sie zu denen gehören, die weiter ihre Arbeitsplätze aufsuchen müssen: Die Situation ist herausfordernd.
Digitalisierung erleichtert Kommunikation und Austausch
Viele Konstanzer Schulen nutzen zunehmend die Möglichkeiten der Digitalisierung, um ein Basis-Lernen der Schüler trotz Corona weiter zu ermöglichen. An den weiterführenden Schulen stellen Lehrer über Plattformen wie FILR Arbeitsblätter, Aufgaben und Hilfen zur Verfügung. Zwischen Lehrern und Eltern, aber auch unter Schülern bekommen Kommunikationswege wie E-Mail oder WhatsApp einen ganz neuen Stellenwert.

Doch Technik ist nicht alles. Es geht auch um Verhalten, Einstellung und Organisation. Mit einigen wenigen Grundlagen können Eltern sehr viel dafür tun, dass ihre Kinder den Anschluss nicht verpassen und nicht zu Verlierern der Corona-Krise werden.
1. Raus aus dem Schlafi – und geben Sie dem Tag eine Struktur.
Die Woche sollte weiterhin aus Werktagen und dem Wochenende bestehen. Schlendrian ist nur am Wochenende erlaubt! Von Montag bis Freitag sollte der Tag eine klare Struktur haben, denn nur dann kann konzentriert am Schulstoff gearbeitet werden. Vereinbaren Sie mit Ihren Kindern eine feste Zeit, zu der aufgestanden wird. Diese richtet sich natürlich auch danach, ob und wann Sie als Eltern zur Arbeit müssen. Anschließend anziehen und frühstücken!
Wer den ganzen Tag seinen Schlafanzug trägt, bleibt im Chill-Modus und ist schon von der Haltung her nicht bereit zum Lernen und Arbeiten. Die Arbeit sollte zu einer festen, vereinbarten Uhrzeit starten, zum Beispiel um 8.30 Uhr.
2. Arbeitsplatz herrichten, Handy weglegen, Musik ausmachen.
Als erstes sollte der Arbeitsplatz hergerichtet oder aufgeräumt werden. Jüngere Kinder brauchen dabei Hilfe. Achten Sie auf einen Tisch, der möglichst frei von Ablenkungen und gut beleuchtet ist und an dem die Kinder aufrecht sitzen. Auf keinen Fall sollten Fernseher oder Musik nebenher laufen, das Handy sollte außer Reichweite deponiert werden, selbstverständlich auf Lautlos geschaltet.
Wenn kein eigener Schreibtisch zur Verfügung steht, kann auch der Esstisch als Arbeitsplatz dienen. Nach getaner Arbeit kann das Schulmaterial zum Beispiel in einer Kiste verschwinden und wird griffbereit für den nächsten Tag aufbewahrt.

3. Lernen hat seine Zeit, Pause machen auch.
Je jünger die Kinder sind, desto häufiger müssen Pausen gemacht werden. Bei Erst- und Zweitklässlern muss nach 30-60 Minuten Arbeitszeit (je nach Konzentrationsfähigkeit des Kindes) eine Pause eingelegt werden. Versuchen Sie, die Pause sinnvoll zu legen, zum Beispiel wenn die Arbeit für ein bestimmtes Schulfach erledigt ist. In der Pause sollten Sie das Zimmer, in dem das Kind lernt, gründlich lüften. Ihr Kind sollte aufstehen und die Pause nutzen, um zur Toilette zu gehen, ein Glas Wasser zu trinken, ein Stück Obst zu essen oder ein wenig Gymnastik zu machen.
Keinesfalls sollten in der Pause Computer- oder Handyspiele erlaubt sein – dies führt dazu, dass Pausen zu lange ausgedehnt werden, das Kind kaum noch zum Weiterarbeiten zu motivieren ist und die Konzentration schnell nachlässt. Nach der Pause geht es in die nächste Runde. Eventuell ist jetzt ein anderes Schulfach dran, möglichst nicht zwei Fremdsprachen direkt hintereinander. Ganz wichtig dabei: Problemfächer nicht aufschieben, auch wenn es schwer fällt!
Wie lange Ihr Kind pro Tag lernen und arbeiten kann/soll, hängt stark vom Alter bzw. der Klassenstufe ab – und natürlich auch davon, wie konzentriert und ausdauernd das Kind arbeitet.

4. Im Rahmen des Erlaubten: Gehen Sie an die frische Luft.
Am Nachmittag sollte nach Möglichkeit für alle Bewegung an der frischen Luft auf dem Programm stehen. Dies ist in vielerlei Hinsicht wichtig: als Ausgleich zum langen Sitzen während der Lernzeit, zum Erhalt von Fitness, Beweglichkeit und Kondition, zur Stärkung der Abwehrkräfte, für die Vitamin-D-Versorgung – und einfach, weil es Spaß macht.
Hier einige Ideen, dabei aber bitte Abstand zu anderen Kindern und Erwachsenen halten sowie die jeweils aktuellen Anordnungen der Behörden beachten: Waldspaziergang, gemeinsame Radtour, joggen, Spielen am Seeufer, Inlineskaten, Rollerfahren, Basketballspielen zum Beispiel auf Schulhöfen, Frisbee, Federball oder Fußballspielen im Park, Tischtennisspielen an öffentlichen Platten, Seilspringen im Hof oder Garten, Hütte bauen im Wald.

5. Machen Sie aus der freien Zeit etwas.
Nach getaner Arbeit ist Freizeit. Nachdem fast sämtliches organisiertes Freizeitprogramm ausfällt, muss die freie Zeit anders gefüllt werden. Außer freiem Spiel hier ein paar Ideen: ausgiebig Ostereier färben und bemalen, Ostergeschenke basteln, Briefe oder E-Mails an die Großeltern oder andere Verwandte schreiben, malen und basteln (Ideen aus Büchern und dem Internet), ausgiebig vorlesen, selber tolle Bücher lesen und sie mit Freunden tauschen.
Oder wie wäre es mit: mal wieder ein großes Puzzle legen, Hörspiele hören, gemeinsam Brett- und Kartenspiele spielen, gemeinsam backen und kochen, ausgiebig mit Freunden und Freundinnen telefonieren, gemeinsam das Kinderzimmer aufräumen und Kleider und Spielzeug aussortieren (verkaufen, verschenken), Haustiere ganz besonders hegen und pflegen, Musikinstrumente üben.

6. Jetzt können Kinder Dinge lernen, die nicht auf dem Lehrplan stehen.
Haben Sie und Ihre Kinder trotz allem noch Zeit übrig? Vielleicht haben Sie Lust, diese zu nutzen, um andere Dinge zu vermitteln bzw. zu lernen, die sonst oft zu kurz kommen und die auf keinem Lehrplan stehen, aber sehr nützlich sein können.
Hier ein paar Ideen: Älteren Kindern das selbständige Kochen einfacher Gerichte beibringen, das Fahrrad putzen und fit für den Frühling machen, gegebenenfalls den Reifen flicken, stricken oder häkeln lernen, gemeinsam die Balkonkästen bepflanzen oder ein Gemüsebeet anlegen, älteren Kindern zeigen, wie man das Bad oder seine Schuhe putzt, besonders fleißig Musikinstrumente üben.
7. Es wird nicht alles rund laufen – bleiben Sie gelassen.
Verzweifeln Sie nicht, wenn es nicht immer rund läuft. Die Situation ist für alle Beteiligten neu und fremd, keiner kennt sich aus. Technische Probleme gerade am Anfang sind wohl unausweichlich und erfordern gute Nerven. Vermutlich werden Sie sich früher oder später über lustlose und unmotivierte Kinder ärgern, die nicht so diszipliniert ihr Pensum erledigen, wie Sie es gerne hätten.
Verständlich, dass Sie sich ärgern – aber bleiben Sie gelassen! Diese Probleme sind normal. Denken Sie daran, dass den Schülern sehr viel Selbstdisziplin und Eigenverantwortlichkeit abverlangt werden, viel mehr als sie es gewohnt sind!
8. Es ist hart aber: Begrenzen Sie die Bildschirmzeit.
Natürlich wird die Bildschirmzeit Ihrer Kinder in dieser besonderen Situation zunehmen. Allein das Abrufen der Aufgaben und zum Teil auch die Bearbeitung erfordern es, dass das Kind am Computer sitzt. Dazu kommt die Kontaktpflege per WhatsApp, Telefonieren per Skype oder Facetime und die diversen Games, außerdem Filme und Serien. Bleiben Sie auch hier gelassen. Die Kinder nehmen keinen Schaden, wenn sie einige Wochen lang über der bei Ihnen sonst erlaubten Bildschirmzeit liegen.
Achten Sie jedoch darauf, dass Ihr Kind nicht ausschließlich an Bildschirmmedien sitzt, sondern Bewegung an der frischen Luft und andere Freizeitbeschäftigungen ebenfalls ihren festen Platz im Tagesablauf haben. Kontaktpflege und Bildschirmspiele sollten erst erlaubt sein, wenn das Lernpensum erfüllt ist und das Kind Bewegung hatte. Begrenzen Sie gerade bei jüngeren Kindern die Zeit für Handy- und Computerspiele.

9. Erwarten Sie nicht zu viel von sich: Sie sind Eltern, keine Lehrer.
Es ist nicht Ihre Aufgabe, den Kindern den Lernstoff beizubringen. Sie brauchen, gerade bei älteren Kindern, nicht den Anspruch zu haben, alle Aufgaben auf Richtigkeit zu kontrollieren oder womöglich den Stoff selber zu verstehen. Ihre Aufgabe ist es nur, den Kindern bei der Strukturierung zu helfen: Arbeitsplatz, Arbeitszeit, Arbeitsrhythmus, Lernpensum, Pausen. Je jünger die Kinder sind, desto mehr Hilfe und Unterstützung brauchen sie dabei natürlich.
10. Würdigen Sie, was Ihre Kinder leisten, und sparen Sie nicht mit Lob.
Lassen Sie die Kinder am Ende ihres „Arbeitstages zusammenfassen, was sie heute bearbeitet und gelernt haben. Vielleicht können sie dem anderen Elternteil erzählen, was sie geschafft haben. Würdigen Sie, was Ihre Kinder alles geleistet haben, loben Sie sie für ihre Bemühungen. Es ist nicht selbstverständlich, dass die Kinder in dieser nie dagewesenen Situation funktionieren.