Diese Situation dürften alle Eltern kennen, deren Nachwuchs zwischen so zwischen fünf und 18 Jahre alt ist. Beim Frühstück: auf dem Smartphone per WhatsApp mit den Klassenkameraden chatten. Beim Mittagessen: auf dem Smartphone Musikvideos schauen. Am Nachmittag: auf der Konsole spielen. Beim Abendessen: auf dem Smartphone per WhatsApp mit den Freunden chatten. Kurz vor dem Schlafengehen: noch mal kurz den Klassenchat lesen.
“Wir müssen lernen, mit den neuen Medien umzugehen“, sagt Eltern-Coach Susanne Hübschle, die am heutigen Donnerstagabend, 17.30 Uhr, im Musiksaal der Geschwister-Scholl-Schule einen Vortrag hält. Thema: Digitale Pubertät – ein neues Zeitalter.

Wenn wir die Anzahl aller Smartphones weltweit nehmen und auf die Weltbevölkerung verteilen würden, könnten wir 98 Prozent der Menschen damit ausrüsten. „Natürlich gibt es Regionen, in denen viele keine Smartphones haben oder in denen das Internet nicht verbreitet ist“, so Susanne Hübschle. „Doch diese rein statistische Zahl zeigt, wie weit die Digitalisierung fortgeschritten ist.“
Diese Digitalisierung würde das Leben von Familien komplett verändern. „Die Aufgabe von uns Müttern und Vätern ist, genau hinzuschauen, wie unsere Kinder damit umgehen.“
Eingeborene und Angelernte
Eine Herausforderung dabei sei die Tatsache, „dass unsere Kinder ja die eigentlichen digitalen Eingeborenen sind, die damit aufwachsen und, dass wir Ältere uns das erst erarbeiten müssen“. Daher sei die pauschale Ablehnung auch der absolut falsche Weg.
Eine Folge sei Verunsicherung bei der älteren Generation, ob der richtige Weg gefunden wird. Susanne Hübschle nennt Fragen, die sich Väter und Mütter stellen sollten:
- Hat mein Kind genügend regelmäßige direkte soziale Kontakte mit Freunden?
- Hat mein Kind ausreichend Bewegung?
- Nutzt mein Kind das Smartphone als Flucht aus dem normalen Leben?
- Ist mein Kind schlecht gelaunt oder gereizt, wenn das Smartphone nicht in greifbarer Nähe ist?
Anhand solcher Fragen können Eltern schnell herausfinden, ob der Konsum des Nachwuchses noch gesund ist – oder ob im gemeinsamen Dialog mit den Kindern neue Wege gefunden werden sollten.
„Wichtig ist in der Tat die Kommunikation miteinander, nicht übereinander“, so Susanne Hübschle. „Wir dürfen die Beziehung zu den Kindern nicht abreißen lassen, ansonsten verschließen sie sich und dann sind die Gefahren des Internets verlockender.“
Bin ich eine gute Mutter?
Die ausgebildete Erzieherin und Pädagogin beobachtet in ihren Kursen und Vorträgen immer wieder Eltern, die überrascht feststellen, dass ihre Kinder nicht die einzigen sind, die andauernd aufs Smartphone schauen. „Dabei spielt die verängstigte Frage eine Rolle: Bin ich eine gute Mutter? Oder ein guter Vater? Dabei ist es völlig normal und in Ordnung, wenn man mit irgendetwas nicht zurechtkommt.“
Nicht alle Eltern seien in der Lage, Hilfe von außen zuzulassen, „denn das würde das Bild der perfekten Eltern zerstören. Dabei gibt es gar keine perfekten Eltern“. Die Übergangsphasen im Leben eines Menschen seien gefährlich – wie eben zum Beispiel die Pubertät. „Wir wollen Eltern Mut machen und ihnen signalisieren: Ihr seid nicht alleine und wir helfen Euch, die Probleme zu lösen.“
Suchtgefahr vor dem Smartphone
Suchtgefahr besteht dann, wenn sich Kinder isolieren und hinter ihrem Smartphone, im Internet oder dem Game PC verschanzen. Wie bei Alkohol oder Nikotin kann durch Gebrauch von Smartphones und sozialen Netzwerken im Gehirn der Nutzer zu viel Dopamin ausgeschüttet werden.
Je mehr Antworten oder Likes der Nutzer erhält, desto größer der Suchtfaktor. Es gibt den einen Punkt, von dem aus gibt es kein Zurück mehr. Forscher begründen das so: Weil im Gehirn das Lustzentrum aktiviert wird, der Nucleus accumbens. Das Beste für alle Beteiligten: Dieser Punkt wird gar nicht erst erreicht.
Die Vorträge: Heute (Donnerstag), 17.30 bis 19.00 Uhr, Geschwister Scholl Schule, Musiksaal; Donnerstag, 30. November, 18 Uhr bis 19.30 Uhr, Hotel 47°, Reichenaustrasse 17
Zur Person
Susanne Hübschle (50) ist bei Mentor Deutschland mit Sitz auf der Mainau für das Eltern-Coaching zuständig. Sie hält Vorträge, leitet Workshops und führt Einzelgespräche, die von Mentor bei Bedarf finanziert werden. Die zweifache Mutter begleitet Eltern dabei, die Beziehung zu den eigenen Kindern aktiv zu gestalten. Ziel ist es, ein entspanntes Zusammenleben und eine individuelle Entfaltung zu ermöglichen. Als systemischer Eltern-Coach ist Susanne Hübschle ausgebildet in den Bereichen Coaching, Kommunikationstraining und systemischer Familienaufstellung.