Sie könnten es sich einfach machen und auf ihren migrantischen Hintergrund hinweisen. Sie könnten irgendetwas schwadronieren von Integration, Nächstenliebe und Harmonie. Doch das machen sie nicht. Das wäre zu einfach und würde dem Thema nicht gerecht werden. Nein, Yasin und Lupo, die beiden exzentrischen Konstanzer Musiker, 22 und 21 Jahre alt, wollen einfach nur etwas machen, was ihnen schon lange auf dem Herzen liegt: Eine Ode an die Stadt produzieren, die sie so sehr lieben.

Yasin (rechts) und Lupo vor dem Konzil.
Yasin (rechts) und Lupo vor dem Konzil. | Bild: Schuler, Andreas

"Wenn ich nicht in Konstanz bin, dann sehne ich mich danach", erzählt Ersan Kurtisov alias Lupo. Yasin nickt und fügt hinzu: "Das Gefühl ist unfassbar, wenn man verreist war, bei Markelfingen von der Autobahn kommt, den Bodensee sieht und dann nach Konstanz fährt." Die beiden bezeichnen sich als Kinder der Stadt – obwohl ihre Wurzeln in Mazedonien (Lupo) oder zur Hälfte in Ägypten (Yasin) liegen. "Hier ist unsere Heimat", sagt Yasin. "Heimat ist ein Gefühl und das haben wir, wenn wir an diese Stadt denken."

Kinder dieser Stadt: Lupo, Yasin und Graf Zeppelin.
Kinder dieser Stadt: Lupo, Yasin und Graf Zeppelin. | Bild: Schuler, Andreas

Also haben sich die zwei, die sich seit gemeinsamen Tagen an der Geschwister-Scholl-Schule kennen, im Frühling zusammengesetzt und gemeinsam über der Frage gehirnt: Wie lässt sich Yasins Rap und Lupos Singer-Songwriter-Stil für dieses Projekt vereinen? Heraus kam eine starke Nummer – ohne Schmalz, ohne Pathos, dafür mit viel Gefühl und Liebe.

"Kleine Stadt", heißt das Stück, und wer Konstanz mag, wird dieses Lied mögen. "Die wunderschönsten Tage, erlebte ich immer hier. Viele Wege führ'n nach Rom. Doch ich wollte immer nur zu Dir", heißt eine Zeile.

"Es klingt vielleicht komisch", erzählt Lupo. "Aber es war uns ein Anliegen, unsere Heimat, der wir so viel zu verdanken haben, zu präsentieren. Viele meckern immer und sagen: Hey, in Konstanz ist es langweilig. Dabei sollten wir dankbar sein, in so einer tollen Stadt zu leben."

Yasin singt die Strophen, Lupo den Refrain. Jeder schrieb seinen Teil selbst. Zum Lied gibt es ein Video, in dem die beiden Künstler an bekannten Konstanzer Orten zu sehen sind – so zum Beispiel auf einem Tretboot im Hafen, am Konzil oder vor dem Bismarckturm. Das Besondere: Lupo ist Kameramann und Protagonist zugleich – weshalb er auch nur zum Refrain zu sehen ist. Er hat das gesamte Material auch gesichtet und geschnitten.

Beide sind bekannt durch Fernsehauftritte

Bekannt sind die beiden jungen Interpreten bereits durchs Fernsehen. Lupo schaffte es 2017 bei der Casting-Show DSDS mit Dieter Bohlen bis in die zweite Runde in Dubai, wo er aufgrund eines Textfehlers kurz vor dem Live-Finale in Deutschland ausschied. Yasin hatte seinen ersten großen TV-Auftritt bei der Konstanzer Fernsehfasnacht 2017, als er an der Seite von Michael Kaltenbach über die Konstanzer Fasnacht rappte – und groß gefeiert wurde als neues Gesicht der Konstanzer Fasnacht.

"Yasin ist ein Glücksfall für Konstanz", sagt Mario Böhler, Präsident der für die Fernsehfasnacht zuständigen Narrengesellschaft Niederburg. "Er hat damals mit Michael Kaltenbach zusammen den perfekten Mix aus Hip Hop und Blasmusik geschafft. Tradition und Moderne hat sich perfekt vereint."

Yasin und Lupo hoffen, dass ihnen mit "Kleine Stadt" ein ähnlicher Wurf gelungen ist. Es ist ihnen bewusst, dass die Sache zunächst einmal ein großes Draufzahlgeschäft ist. Wer verdienen möchte, muss Live-Auftritte reihenweise haben. Internetdienste machen sich wirklich erst dann bezahlt, wenn Songs mehrere hunderttausend Mal abgespielt werden.

Yasin (rechts) und Lupo vor der Imperia und dem Passgierschiff Konstanz im Hafen.
Yasin (rechts) und Lupo vor der Imperia und dem Passgierschiff Konstanz im Hafen. | Bild: Schuler, Andreas

"Schön wäre es, wenn wir irgendwann einmal Geld verdienen könnten mit der Musik", berichtet Lupo. Yasin veröffentlich im Oktober sein zweites Album "König der Nacht". Er gilt als poetischer Rapper, der Gefühl, Leidenschaft und Liebe in seinen Liedern vereint.

Im Juze, wo auch die Aufnahmen des gemeinsamen Projektes entstanden, hat er regelmäßig vor rund 300 Hip-Hop-Fans Auftritte im Rahmen seiner Reihe "Straight outta Konstanz", zu deutsch: "Direkt aus Konstanz". Damit möchte er nach eigener Aussage dem Hip Hop ein Gesicht geben, Geld verdient er auch damit nicht.