Damit das Einsteigen in die Züge am Konstanzer Bahnhof bald barrierefreier wird, baut die Deutsche Bahn um. Ein Jahr lang soll das dauern, voraussichtlich. Und bringt schon zu Beginn eine neue Barriere mit. Die Schließfächer wurden abgebaut. Doch ist das so schlimm?
Züricherin nicht begeistert
Die Züricherin Marlies Strech besuchte Konstanz und war gar nicht begeistert. Sie schrieb dem SÜDKURIER einen Brief und stellte anschaulich dar, welche Umstände es macht, wenn so ein Schließfach – mit dem man eigentlich an einem Bahnhof rechnen kann – nicht da ist.
Hin und Her und Hin mit dem Gepäck
An einem Montag hatte Strech einen Termin in Litzelstetten, anschließend war Urlaub im Hotel geplant. Weil sie ihr Gepäck nicht am Bahnhof im Schließfach aufbewahren konnte, schreibt sie, musste sie „zuerst ins Hotel fahren, dann zurück zum Bahnhof, dann nach Litzelstetten, dann zurück zum Bahnhof, dann wieder ins Hotel.“
Bei der Abreise war es ähnlich: Geschleppe, Ärger, Kosten für ein Taxi. Ihr Fazit: „So verliert man Geld, vor allem aber viel viel Zeit.“ Und weiter: „Wir lieben Konstanz und werden die Stadt gern wieder besuchen. Dabei rechnen wir mit einem baldigen professionellen Gepäckablage-Service direkt am Bahnhof.“
„Es ist das Gesamtpaket Bahnhof„
Strech ist kein Einzelfall, wie die Inhaber der Geschäfte am Bahnhofsvorplatz dem SÜDKURIER berichten: Häufig fragen Touristen bei ihnen, wo sie denn ihre Taschen abstellen könnten. Ralf Seuffert, der einen Radladen betreibt, erklärt: „Es ist das Gesamtpaket Bahnhof, das für Reisende den ersten Eindruck von Konstanz ausmacht.“
Ein Eindruck, der bleibe. Und wenn es keine Toiletten am Bahnhof gibt, weil die immer von Vandalismus betroffen waren, wenn der Gehsteig so hoch ist, dass mancher darüber stolpert – und wenn dann auch noch die Gepäckablage fehlt, dann ist dieser erste Eindruck eben ein schlechter.
Die Idee von Levin Stracke
Rettung könnte die Idee von Souvenirhändler Levin Stracke bringen, zumindest was das Gepäck betrifft. Das könne man doch bei ihm im Lager unterstellen, schlug er vor. Lediglich eine kleine Wand müsste dafür durchbrochen werden. Die Bahn gab ihm zunächst eine Abfuhr. Später kam heraus, dass der eigentlich Zuständige nie von der Idee gehört hatte.
Ähnlich enttäuschend war für die Geschäftsinhaber am Bahnhof, dass die Bahn ihnen während des Lockdowns kaum geholfen habe. Sie hätten sich von einem halbstaatlichen Unternehmen mehr Unterstützung gewünscht, etwa teilweisen Mieterlass oder eine Stundung, die man nicht gleich im August zurückzahlen musste.
Doch Besserung ist in Sicht:
Nachdem der SÜDKURIER darüber berichtet hatte, meldete sich der Bahnhofsmanager zum persönlichen Treffen mit den Mietern an. Am vergangenen Donnerstag war er vor Ort.
„Es war aus meiner Sicht sehr positiv“, sagt ein nun versöhnter Stracke. „Er war sehr bemüht zuzuhören und herauszufinden, wo der Schuh drückt.“
Entgegenkommen in Sachen Pacht
Der Bahn-Mitarbeiter, Tobias Stegmaier, habe auch erklärt, dass er nicht allein entscheiden könne und viele Stellen im Konzern beteiligt seien. In Sachen Pacht habe Stegmaier einen Vorschlag gemacht, berichtet Levin Stracke. „Es gab ein Entgegenkommen, mehr kann ich vorerst nicht sagen.“
Schön wäre gewesen, wenn ein Treffen wie dies schon früher zustande gekommen wäre. Nicht erst ein halbes Jahr nach dem Brief von Familie Stracke, in dem sie ihre Probleme geschildert hatte. „Aber das ist gut jetzt, wir freuen uns“, sagt der Souvenirhändler. Der Bahnhofsmanager war am Sonntag kurzfristig noch nicht für eine Stellungnahme erreichbar.
Vielleicht kann sich neben Stracke bald auch Marlies Strech freuen. Denn die Idee des Geschäftsmannes, vorübergehend bei ihm im Lager eine Gepäckaufbewahrung zu installieren, ist mittlerweile beim richtigen Mitarbeiter angekommen. Wer weiß, was sich noch tut, bis die Züricherin das nächste Mal Konstanz besucht.