Sie parkt auf seinem Platz, er ruft die Polizei. Sie will wegfahren, er setzt sich auf die Motorhaube. Sie gibt Gas, verletzt ihn leicht – und ist nun ihren Führerschein los. Die Geschichte um den Taxifahrer, der am Samstag am Konstanzer Bahnhof die Geduld mit der Falschparkerin verlor, macht in der Stadt die Runde.

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Kurios mutet sie an, lustig beinahe. Doch geht es wirklich nur um zwei Hitzköpfe, die kollidierten – oder liegt das Problem tiefer? Der SÜDKURIER hat sich bei den Taxifahrern umgehört.

Montagvormittag – von wegen ruhig

Ein Montagvormittag am Bahnhofsvorplatz. Fußgänger und E-Bikefahrer schlängeln sich zwischen Taxistand und dem Außenbereich der Café-Kette vorbei. Es ist eng, es ist laut, es ist unübersichtlich. Ein VW setzt umständlich zum Einparken an. Ein Mann steigt aus, dessen T-Shirt ebenso gelb ist wie das Taxi-Schild auf seinem Pkw.

Bahnhofsvorplatz mit Taxistand am Montag nach dem Unfall.
Bahnhofsvorplatz mit Taxistand am Montag nach dem Unfall. | Bild: Eva Marie Stegmann

„Haben Sie gesehen, wie ich eben eingeparkt habe?“, fragt er. Er stellt sich als Friedrich vor. Friedrich fährt seit 18 Jahren Menschen für einige Euro durch die Stadt. Am Bahnhof steht er nicht gern und von dem Vorfall am Wochenende hat er schon gehört – natürlich -, wer der Kollege war, weiß er aber nicht. „Da ist wohl einem die Hutschnur geplatzt“, sagt er darüber.

Falschparker auf Taxistand die Regel

Dass Leute falsch parken, sei die Regel, sagt Friedrich. Macht ihn das wütend, so wie den Kollegen, der am Samstag die Polizei rief? Er zuckt die Schultern, überlegt kurz und sagt dann: „Man findet sich damit ab.“ Das sieht auch Taxi-Kollege Jusuf Berisha so. „Es ist eben so“, sagt der.

Bild 2: Nach Ausraster am Samstag – jetzt reden die Taxifahrer vom Bahnhofsvorplatz: „Falschparker sind hier die Regel“
Bild: Eva Marie Stegmann

Es klingt fast resigniert. Das Problem sei einfach, dass sich am Bahnhofsvorplatz alles so verdammt dicht dränge.

Alles eng an eng

Friedrich zählt auf: „Wir Taxifahrer haben auf dieser Straßenseite fünf Plätze, auf der anderen zwei, weil dort momentan gebaut wird.“ Also sieben und nach den Bauarbeiten dann zehn. Für Fahrer, die mal schnell jemanden vom Zug abholen wollen, sind acht Parkbuchten da: drei vorm Mc Donald‘s, zwei vorm Bahnhofsgebäude und drei vor dem Hotel gegenüber. Außerdem dürfen Kurzparker den Taxistand vor der Ladenzeile mitbenutzen, von 8 bis 20 Uhr. Die Betonung liegt auf kurz.

Friedrich hat noch nicht erlebt, dass Taxifahrer und Falschparker so aneinander geraten sind wie am Wochenende.

Jusuf Berisha: „Man sollte nicht übertreiben.“ Aber, dass das Stresslevel steige, das beobachteten sie schon beide. Berisha: „Vor kurzem parkte eine Frau mit Kind länger auf unseren Plätzen. Ein Kollege wurde wütend und ging sie an.“ Er habe versucht, beruhigend auf ihn einzuwirken und konnte schließlich deeskalieren.

Er sagt: „Viele bleiben einfach stehen und erledigen ihre Einkäufe.“ Deutsche und Schweizer gleichermaßen, betont er.

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Zeit ist Geld und Wenden kostet Zeit

Samstags sei es besonders schlimm, wenn sich die Pkw vorm Lago stauten. „Versuchen Sie da mal zu wenden“, sagt der 57-jährige Friedrich. Kostet auch wieder zehn Minuten und Zeit ist schließlich Geld, für den Taxifahrer. Was sich beide außerdem wünschen: Dass sie mit den Taxen bis zum Eingang des Bahnhofs vorfahren dürfen.

Toiletten: „So wie es da aussieht, das wollen Sie nicht schreiben!“

Und: Toiletten. „Dass es im Bahnhof keine gibt, ist eigentlich ein Unding“, meint Friedrich. Zum Glück wohne er nicht weit entfernt und könne zwischendurch kurz nach Hause. Aber für die anderen sei die Situation hart: Die Häuschen Richtung Hafen an der Unterführung seien ständig verwüstet.

Bahnhofsvorplatz mit Taxistand am Montag nach dem Unfall
Bahnhofsvorplatz mit Taxistand am Montag nach dem Unfall | Bild: Eva Marie Stegmann

„So wie es da aussieht, das wollen Sie nicht schreiben!“ Und der Wirt nebenan nehme 50 Cent für die Toilettenbenutzung, was verständlich sei.

Die Bahn modernisiert den Bahnhof derzeit. 13 Millionen Euro werden für Barrierefreiheit in die Hand genommen. Sie fließen in höhere Bahnsteige, damit Menschen mit Rollator, Rollstuhl oder auch Fahrrad leichter in die Züge einsteigen können, und in ein Leitsystem auf dem Boden für sehbehinderte Personen.

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An Toiletten wurde nicht gedacht. Als es noch kein Lago gegeben habe, sei die Situation weniger angespannt gewesen, sagen Friedrich und Berisha.

Künftig gar keine Parkplätze mehr?

Die Stadt Konstanz will den Bahnhofsvorplatz umgestalten. Das ist keine Neuigkeit, sondern schon seit einigen Jahren im Gespräch. Offenbar wird es jetzt aber konkreter: Wie der SÜDKURIER auf Nachfrage erfuhr, gibt es Pläne, die den Stadträten noch im Herbst zur Abstimmung vorgelegt werden sollen. Auch an den Parkplätzen wird gedreht: Für die Taxis bleibt es nach den Vorplanungen ähnlich, so Pressesprecher Walter Rügert.

Weg mit den Parkplätzen!

Weil aber so wenig Platz vor Ort sei und der Druck so hoch, soll es für den motorisierten Individualverkehr „mit dem Fokus auf eine Verbesserung der Aufenthaltsqualität keine Parkplätze“ mehr geben. Vorgesehen seien nur drei „Kiss & Ride“-Parkplätze zum Ein- und Aussteigen sowie ein Behindertenstellplatz.

Lago und Marktstätte als Alternative zum Parken

Wo diejenigen, die ihre Liebsten am Bahnsteig verabschieden möchten, ihr Auto hinstellen sollen, dafür hat die Stadt auch schon einen Plan: „Sie können in den nahe gelegenen Parkhäusern Marktstätte oder Lago parken“, sagt Rügert.

Denn die Parkhäuser könnten zu Fuß gut erreicht werden. In anderen Städten werde es ähnlich gehandhabt, zum Beispiel in Freiburg, Stuttgart und Tübingen. Dort liegen zwischen Parkhaus und Bahnhof jeweils einige Hundert Meter. Auf den Meter genau sind es in Tübingen 200 Meter, in Freiburg 450 und in Stuttgart 350 Meter.

Taxifahrer wurden noch nicht gefragt

Ob das die Situation der Taxifahrer verbessert? Taxifahrer Friedrich sagt: „Das gehört eigentlich zu einem Bahnhof dazu, dass es 20 bis 25 Parkplätze gibt, um jemanden abzuholen.“ Die Sorge bleibt, dass es nach der Umgestaltung des Bahnhofsvorplatzes noch mehr Falschparker geben könnte. „Aber uns hat ja noch keiner gefragt.“