Es braucht seine Zeit, bis die Teilnehmer am Konstanzer Unternehmerfrühstück dem Referenten auf die Schliche kommen. Dabei ist der Trick von Gunter Dueck einigermaßen simpel. Der Redner betrachtet das menschliche Verhalten und insbesondere dessen Spielarten im Kontext des Wirtschaftslebens durch ein mathematisches Raster. Nur allzu oft führt dies nach Ansicht des Referenten zur Kollision des Tuns mit den Naturgesetzen – und gibt so den Blick frei auf das Ausmaß real existierender Dummheit.

Vielleicht wäre das nicht der Rede wert, wenn es denn nur um individuelle Mängel im Oberstübchen ginge. Gunter Dueck geht allerdings von kollektiven Defiziten im Rechnen aus, wobei er seine Zuhörer zu Beginn mittels prominenter Beispiele abholt.

Das Unternehmerfrühstück ist eine Institution. Es bietet Gelegenheit zum Austausch, wobei Speaker bei Vorträgen ungewohnte Perspektiven ...
Das Unternehmerfrühstück ist eine Institution. Es bietet Gelegenheit zum Austausch, wobei Speaker bei Vorträgen ungewohnte Perspektiven auf den unternehmerischen Alltag bieten. Organisiert wird die Veranstaltung von der städtischen Marketing Tourismus Konstanz GmbH (MTK). | Bild: Hanser, Oliver

Herhalten muss etwa ein Verteidigungsminister, der nicht sagen kann, wie viele Panzer zur Verfügung stehen – um wenig später die Lieferung von vier einsatzbereiten Kriegsfahrzeugen in die Ukraine mitzuteilen. Was sich an einer Hand abzählen lässt, mündet beim Referenten in einer bitterbösen Frage ans Publikum: „Halten Sie die Bundesregierung für ein schwarmintelligentes Team?“

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Da immerhin wiegen sich die Zuhörer noch in Sicherheit, denn die Politik ist weit weg und hat wenig mit den eigenen Kompetenzen bei der Anwendung der Grundrechnungsarten zu tun. Das ändert sich, als der Mann auf das novellierte Ermittlungsverfahren von Grundstückswerten zu sprechen kommt. Die dafür erforderliche Berechnungsformel hat er an die Wand der Konzil-Bühne projiziert, wobei sich der einigermaßen sinnbefreite Zweck allein daraus ergibt, dass in der Regel so ziemlich genau das Ergebnis der früheren Werte herauskommt. Die Menschen aber reagieren wie die Lemminge. Ist Dummheit also viral? „Auf jeden Fall dürfen wir uns nicht daran gewöhnen“, sagt Gunter Dueck.

Auf den Spott folgt die Hoffnung

Von da aus ist es für den Redner nur noch ein Katzensprung zur Erwartungshaltung der Frühstücksteilnehmer. Diese sind vor allem daran interessiert, wie sie sich und ihre Unternehmen in der Zeit des beschleunigten Paradigmen-Wechsels über Wasser halten und nach Möglichkeit für die Zukunft fit machen können. Und immerhin, der sich in der Tendenz im süffisanten Spott über die sich verbreitende Dummheit ergehende Referent macht Hoffnung.

Der Siegeszug von Tesla dient ihm dabei als Beispiel, dass Erfolg oder Misserfolg von den Produkten nicht unbedingt abhängt. Das Auto jedenfalls bleibt das Kerngeschäft, der Kulturwechsel vollziehe sich etwa beim Vertrieb oder dem Reparatur-Betrieb. Im Fall von Tesla habe sich beides so gut wie komplett ins Internet verlagert – mit dem Effekt, dass beispielsweise ein einmal festgestellter Mangel auf einen Schlag für alle Kunden behoben werden kann. Für Gunter Dueck handelt es sich um einen offensichtlichen Vorteil im Vergleich zu einem Verfahren, bei dem im Prinzip bei jedem Kunden das Rad nochmals neu erfunden werden muss.

Ist die Belastung zu hoch, implodiert das System

Die größte Überzeugungskraft aber entwickelt Gunter Dueck bei seiner angewandten Mathematik im Umgang mit dem allgegenwärtigen Personalmangel. Sein Urteil über die Strategie einer möglichst vollständigen Ressourcen-Optimierung gleicht einem Totalverriss. „Bei einer Auslastung von 100 Prozent implodiert das System“, so das Fazit seiner in der Schnelle allerdings nicht ganz transparenten Warteschlangenformel. Am Ende erzeuge der scheinbar optimierte Einsatz des Personals mehr Arbeit als vorher.

Generell empfiehlt er anstelle des Drucks auf die Belegschaft die Optimierung des Workflows. Nach seiner Rechnung werde dieser bei 85 Prozent des personellen Ressourcen-Einsatzes erreicht, mit 80 Prozent bewege man sich aber auf jeden Fall auf der sicheren Seite. Die Gefahr des Däumchen-Drehens sieht er bei dieser Quote nicht, denn irgendwie gebe es durch Unvorhersehbares ja doch immer etwas zu tun.

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Sein Plädoyer für die Reserve verband Gunter Dueck mit der Empfehlung, die gesamte Personalpolitik auf Vorratswirtschaft umzustellen. Konkret: Statt frei werdende Stellen durch eine mühsame Suche und ein entsprechendes Bewerbungsverfahren wieder zu besetzen, rät er zu einer aktiven Rolle der Unternehmen. Dazu zähle, sich um die Mitarbeiter zu kümmern, und statt potenzielle Bewerber kommen zu lassen, empfiehlt er vor dem Hintergrund des grundlegenden Wandels in der Wirtschaft umgekehrt die persönliche Ansprache kreativer Köpfe durch die Unternehmen.