Der Mensch stirbt, die Dinge von Wert aber existieren weiter. Vieles verteilt sich auf die Erben, und so ist es auch beim Nachlass der Verlegerin Brigitte Weyl. Dennoch bleiben viele gute Stücke aus dem Hause der langjährigen Gesellschafterin und Geschäftsführerin des SÜDKURIER übrig, mit deren Veräußerung das Auktionshaus am See beauftragt ist. Vom Freitag, 24. Februar, bis Sonntag, 5. März, kommen sie in einer Online-Versteigerung unter den Hammer.
Insgesamt handelt es sich um 45 Gegenstände – oder soll man von Exponaten sprechen? Sicher ist, dass die Ausgangspreise den ideellen Wert nicht widerspiegeln. Das Spektrum beginnt bei zehn Euro für einen Nachdruck von Konstanzer Ansichten aus dem 20. Jahrhundert und reicht bis zu einem von Karl Prantl (1923 bis 2010) gestalteten marmornen Stein zur Meditation, den das Auktionshaus am See ab 3000 Euro zur Versteigerung anbietet. Die Einstufung erfolgt nach Angaben der beiden Betreiberinnen Constanze Preiß und Dagmar Ender nach dem Marktwert des Objekts und nicht nach der Person, aus deren Fundus es stammt.
Kaufentscheidungen werden bewusst getroffen
Doch wer bei Versteigerungen mitmacht, gehorcht nicht unbedingt den pekuniären Gesetzen von Angebot und Nachfrage. Das Auktionswesen ist ein Geschäft mit eigentümlichen Regeln, was laut Constanze Preiß im Fall von Nachlässen bereits bei der Kontaktaufnahme beginnt. „Die Leute vertrauen uns ihre wertvollsten Dinge an“, sagt die 45-Jährige, die im Auktionshaus am See die Rolle der Geschäftsführerin übernimmt.

Für ihre Partnerin Dagmar Ender, die als Kunsthistorikerin maßgeblichen Anteil an der Ermittlung des Marktwerts und damit des Ausrufpreises hat, handelt es sich bei Interessenten in aller Regel um eine nicht minder sensible Klientel. „Nur selten werden Kaufentscheidungen derart bewusst getroffen wie bei Versteigerungen“, sagt die 34-Jährige.

Deshalb lässt sich der Verlauf einer Auktion schwer einschätzen. Der Ausgangspreis mag auf der Basis einer nüchternen Überlegung des Marktwerts festgelegt werden, die Geschichte der Gegenstände aber verleiht ihnen eine in Geld kaum zu beziffernde Qualität.
Im Fall von Brigitte Weyl wohnt einer Gouache des Konstanzer Künstlers Hans Sauerbruch (1910-1996) zum Thema Fasnacht eine unbezahlbare Aura bei. Der Künstler und die Verlegerin gehören beide zur DNA des Lebens und Miteinanders im SÜDKURIER-Land. Die Vorstellung, als Nachbesitzer zum Teilhaber dieses Beziehungsgeflechts zu werden, gibt es zum Ausgangspreis von 140 Euro.
Viele verschiedene Einzelstücke
Dieser Blick auf die Dinge erlebt in der Wahrnehmung von Dagmar Ender und Constanze Preiß eine Renaissance. Der Hauptkreis ihrer Kunden bewegt sich zwar in der Ü-60-Altersklasse, aber das gesteigerte Bewusstsein für Nachhaltigkeit macht sich auch in ihrem Geschäftsbereich bemerkbar. Da ist der Student, der sich einen Comic-Print für 40 Euro ersteigert, dabei unter Umständen billiger fährt als mit einem Poster aus einem Möbelhaus und zugleich seine Bude mit einer originell-individuellen Note versieht.
Für andere bilden zum Beispiel Pokemon-Karten einen Anker zur speziellen Atmosphäre einer Lebensphase und die zu einem Niedrigpreis ersteigerte Vase zum Geburtstag der Oma gehört nach Darstellung von Dagmar Ender und Constanze Preiß zu den „schönen Einzelstücken, die man meist nur über Auktionshäuser bekommt“.
Das Duo ebenso wie die gesamte Branche profitieren dabei vom Vintage-Trend, der den ökonomischen Nutzen von Second-Hand durch die historische Dimension der Dinge mit dem Charakter eines erzählerischen Narrativs auflädt.
Eben deshalb blutet den beiden Betreiberinnen des Auktionshauses nicht das Herz, wenn beispielsweise ein Ensemble aus Spardosen in seine Einzelteile zerlegt wird. Zwei, drei Exemplare habe die Lebenspartnerin des gestorbenen Sammlers als Erinnerungsstücke behalten, der Rest ging an verschiedene Interessenten.“Man darf nicht an den Objekten kleben“, so die Einstellung der beiden Frauen, „sie müssen ziehen können, damit sie leben.“