So wenig los ist selten an der Universität, auch in den Semesterferien ist normalerweise mehr Betrieb. Wer das Gebäude betritt, den empfängt ein Kugelschreiber und eine Namensliste, nach Fachbereichen geordnet. Jeder, der hier zu tun hat, trägt sich ein, um später bei eventuell auftretenden Covid-19-Infektionen die Infektionskette verfolgen zu können.

Dominik Brecht trägt sich rasch in die Liste ein, den Mundschutz trägt er ordnungsgemäß. „Ich bin wenig betroffen von der Situation, habe gerade erst meinen Master-Abschluss gemacht“, sagt er und eilt weiter.

Dominik Brecht trägt sich am Eingang der Uni in die Liste ein.
Dominik Brecht trägt sich am Eingang der Uni in die Liste ein. | Bild: Wagner, Claudia

Das Uni-Foyer ist verwaist, es fehlt eigentlich alles, was sonst das Studentenleben ausmacht: eine große Menge an Studierenden, geöffnete Kioske, der Mensabetrieb, Informationsstände. Jetzt ist es still. Immer mal wieder steht ein Aufstell-Plakat im Weg, das auf die Mundschutzpflicht hinweist.

Leeres Foyer an der Universität trotz des laufenden Semesters
Leeres Foyer an der Universität trotz des laufenden Semesters | Bild: Wagner, Claudia

Sehnsucht nach geregeltem Tagesablauf

Frederike Bauer und Friederike Wegenast studieren Jura und stehen kurz vor dem Examen. Bis vor wenigen Tagen sei auch die Uni-Bibliothek geschlossen gewesen, sagt Frederike Bauer, ungünstig, wenn man sich auf die Prüfung vorbereitet. „Die Corona-Zeit ist schon schwierig“, sagt sie, „ein geregelter Tagesablauf ist wichtig, und ein Ort, an dem man ungestört lernen kann“. Friederike Wegenast ergänzt: „Ich wohne in einer WG, da ist die Ablenkung groß“. Beide Studentinnen werden finanziell von ihren Eltern unterstützt und sind froh, dass die Corona-Krise sie nicht schlimmer getroffen hat.

Friederike Wegenast, 24, (links) und Frederike Bauer, 25, bereiten sich gemeinsam auf das Jura-Examen vor.
Friederike Wegenast, 24, (links) und Frederike Bauer, 25, bereiten sich gemeinsam auf das Jura-Examen vor. | Bild: Wagner, Claudia

Doch wie ist die Lehre im Moment genau organisiert und funktioniert digitales Studieren? Die digitale Lehre an der Universität habe einen großen Schub bekommen, schreibt Pressesprecherin Julia Wandt. Die Lehrenden hätten in sehr kurzer Zeit engagiert digitale Lehrkonzepte aufgestellt und die Studierenden beteiligten sich und hätten Verständnis für die Situation.

In manchen Studiengängen müssten allerdings besondere Vorkehrungen getroffen werden, etwa bei Laborpraktika und bei sportpraktischen Übungen. In jüngster Zeit sei auch der Zugang zur Literatur verbessert worden.

Diesen loben die beiden Jura-Studentinnen: „Es gibt jetzt viel mehr Literatur zum Herunterladen und man konnte Aufsätze vorbestellen und abholen.“

Auch sonst findet inzwischen wieder mehr Aktivität an der Universität statt. Im „eingeschränkten Präsenzbetrieb“ können einige Wissenschaftler wieder auf dem Campus arbeiten, erläutert Wandt – vor allem jene, bei denen die Anwesenheit essentiell ist, etwa bei experimentellen Wissenschaften oder Verwaltungsmitarbeitern.

Bild 4: An Uni und HTWG wird wieder studiert, allerdings digital. Wie ein Semester mit wenig Präsenz funktioniert und wie es den Studierenden dabei geht
Bild: Wagner, Claudia

Auch an der HTWG läuft fast alles digital

Ähnlich ist der Studienbetrieb übrigens an der HTWG Konstanz organisiert. Der Lehrbetrieb laufe hauptsächlich digital, erläutert Sprecherin Anja Wischer. „Wo zwingend und nicht durch Online-Lehre ersetzbar, soll der Laborbetrieb in diesen Tagen anlaufen“, schreibt sie. Wandt und Wischer sprechen jeweils einem großen Engagement der Lehrenden und viel Akzeptanz durch die Studierenden. Auch an der HTWG arbeiten die meisten Wissenschaftler im Home-Office, manche Mitarbeiter einer Abteilung wechseln sich mit Präsenzphasen ab.

Das könnte Sie auch interessieren

Finanziell kann es kritisch werden

Die Corona-Phase und der Lockdown bedeutete auch finanzielle Härten, vor allem für einige Studierende. Einige verloren ihren Job in der Gastronomie. Antje Behler hat es nicht ganz so hart getroffen. Arbeiten kann sie im Moment aber auch nicht. Sie arbeitet als wissenschaftliche Hilfskraft beim Studentenwerk Seezeit. Im Moment ist die Tätigkeit ausgesetzt. Die letzte Mail, die sie bekam, stammt vom 2. April. „Da wusste noch niemand bei Seezeit, wie es weitergehen würde. Aber jetzt wäre es schön, bald Bescheid zu wissen“, sagt die 24-Jährige.

Allzu hart hat es auch Antje Behler nicht getroffen, auch sie wird von den Eltern unterstützt. Die Online-Lehre bewertet die Lehramtsstudentin als gemischt: „In einem Seminar läuft es gut, die Lehrende kennt sich auch aus. In anderen Seminaren läuft es konfuser.“

Das könnte Sie auch interessieren

Lydia Quilamba und Eileen Bossick sind auf dem Weg zur Unibibliothek. Das Online-Studieren bewerten beide durchwachsen, Lydia Quilamba lobt die Tutorien im Fachbereich Wirtschaftswissenschaften. „Man kann auch mal auf Stopp drücken, das finde ich ganz gut. Jeder hat sein eigenes Tempo“. Eileen Bossick wiederum, die Philosophie studiert, vermisst den Austausch und die Diskussionen mit Kommilitonen und Lehrenden. „Und technisch klappt bei uns auch nicht alles“, sagt sie.

Lydia Quilamba (links) und Eileen Bossick auf dem Weg in die Bibliothek. Abstandsregeln und Desinfektion gehören auch hier dazu.
Lydia Quilamba (links) und Eileen Bossick auf dem Weg in die Bibliothek. Abstandsregeln und Desinfektion gehören auch hier dazu. | Bild: Wagner, Claudia

Beide ärgern sich ein wenig, dass auch das Wintersemester vor allem digital stattfinden soll. „Ein Semester ist schon okay, aber zwei? Wenigstens die Tutorien sollten wieder vor Ort stattfinden“, findet Eileen Bossick. Pressesprecherin Julia Wandt bestätigt die Planungen: „Der Großteil der Lehrveranstaltungen im Wintersemester wird digital stattfinden.“ Teilweise seien auch Mischformen denkbar, etwa punktuelle Präsenz bei einem hohen Anteil digitaler Lehre. Kurse, bei denen Präsenz geboten sei, sollen auf dem Campus angeboten werden. Auch Erstsemester sollen vor Ort studieren dürfen.

Sie freuen sich aufs analoge Studentenleben

Bossick und Quilamba sind jedenfalls froh, wenn wieder mehr Normalität einkehrt. Lydia Quilamba hat Seminare im Bereich Psychologie verschoben, weil dafür mehr direkte Kommunikation nötig wäre. Auch ihre Einnahmen aus einem Nebenjob sind im Moment gestoppt. Sie arbeitet als Haushaltshilfe in einer Familie. Immerhin: Demnächst soll sie diese Tätigkeit wieder aufnehmen können.