Als Tobias Mand am Sonntagmorgen mit seinem Hund am Schänzle spazieren ging, war er regelrecht geschockt: Überall lagen Scherben, lag Müll, klebte Erbrochenes. Es waren Reste der Party mit laut Polizei 3000 Leuten, die die Polizei nach eigenen Angaben in der Nacht zum Sonntag völlig überrascht hat. Mand hat davon wenig mitbekommen. „Bis auf ein paar Grüppchen in Feierlaune vor dem Haus, haben wir nichts gehört“, sagt er. Dass Jugendliche feiern ist für ihn nicht das Problem. Im Gegenteil: „Ich kann den Feierwunsch absolut verstehen, doch was mich enttäuscht, ist die Rücksichtslosigkeit.“ Dass in Kauf genommen werde, dass sich Menschen und Tiere an den Scherben verletzen.

Partyvolk am Seerhein – das Phänomen ist nicht neu. Auch am Herosé und auf der Fahrradbrücke war die Polizei in diesem Frühjahr ...
Partyvolk am Seerhein – das Phänomen ist nicht neu. Auch am Herosé und auf der Fahrradbrücke war die Polizei in diesem Frühjahr bereits im Einsatz. | Bild: Schuler, Andreas

In den sozialen Medien haben viele Konstanzer Bilder des Mülls aus der Nacht veröffentlicht. Darunter ist eine Debatte entbrannt: Sind die Jugendlichen und jungen Erwachsenen einfach rücksichtslos? Oder macht die Stadt zu wenig für sie? Hat sich die Partyszene vom Herosé ans Schänzle verlagert? Denn schon am Wochenende zuvor war dort ein Feier-Hotspot, wie auch die Stadt auf Anfrage bestätigt.

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Unterdessen äußern sich in den sozialen Medien auch junge Leute, die am Samstag beim Schänzle feierten. Etwa Carola Klar. Sie schreibt: „Ich denke, man sollte nicht die Schuld bei der Jugend suchen, sondern sich lieber Gedanken darüber machen, warum die Stadt Konstanz einfach die letzten 20 Jahre auf voller Linie versagt hat, wenn es um die Frage Freiräume für Jugendliche geht.“ Es fehle an wirklich attraktiven Freiräumen für junge Leute, die Stadt verdichte immer weiter, die Jugendlichen fühlten sich verdrängt.

Nacht wirft viele Fragen auf

Auch Tage nach dem angeblichen Vorfall wirft die Nacht am Schänzle Fragen auf. Warum war die Polizei so überrascht? Wie genau kam es zu der Party, der offenbar ein Aufruf in den sozialen Medien vorausging? Wie funktionieren diese Kommunikationswege exakt? Warum informiert die Polizei die Öffentlichkeit erst am Montagnachmittag über ein derart beispielloses Ereignis und einen großen Einsatz?

Für junge (und auch ältere) Menschen, die sich mit Freunden treffen und einfach Feiern möchten, empfinden es als keine leichte Zeit: Die Clubs sind noch immer geschlossen, nach wie vor sind Versammlungen auf zehn Personen beschränkt. Gleichzeitig lockert die benachbarte Schweiz immer weiter – dort darf man sich schon mit 49 anderen Personen im Freien treffen – , die Inzidenzen sinken, und das Sommerwetter lädt zum Verweilen am Seeufer. Das Nachtleben hat sich seit Anfang Juni mehr und mehr in den öffentlichen Raum verlagert.

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Darauf, dass die verstärkten Kontrollen von Polizei und Kommunalem Ordnungsdienst (KOD) am Herosé Wirkung zeigen und sich die Feierszene ans Schänzle verlagert, deutet manches hin. Doch auch der benachbarte Seeburgpark in der Schweiz ist bei Jugendlichen in den Wochenendnächten sehr beliebt.

Verständnis für Feierwunsch, aber nicht so

Beobachtet man die Reaktionen in den sozialen Medien und auch bei Politikern auf Schweizer Seite, wird klar: Als Hauptproblem werden insgesamt weniger die Feiernden an sich gesehen, sondern viel mehr ihre Hinterlassenschaften und ihre Lautstärke.

Mandy Krüger, Pressesprecherin bei der Stadt Konstanz, sagt: „An den beiden letzten Wochenenden musste das Wochenendteam der Technischen Betriebe Konstanz (TBK) am Schänzle Überstunden leisten, um den Müll und vor allem die Scherben beseitigen zu können. Es sah wirklich sehr schlimm aus.“ Wie im vergangenen Jahr beobachte das Bürgeramt, bei dem auch der Kommunale Ordnungsdienst (KOD) angesiedelt ist, einen großen Druck auf die öffentlichen Flächen. Und teilweise rücksichtslose Verhaltensweisen.

Beliebte Alternative: Bei Partys im Kreuzlinger Seeburgpark wie hier Anfang Juni sind immer auch Gäste aus Deutschland zu beobachten.
Beliebte Alternative: Bei Partys im Kreuzlinger Seeburgpark wie hier Anfang Juni sind immer auch Gäste aus Deutschland zu beobachten. | Bild: Eva Marie Stegmann

Doch wie sieht die Strategie der Stadt Konstanz aus? Es wurden mehr Mülleimer aufgestellt, außerdem arbeiten die Technischen Betriebe am Wochenende mehr, berichtet Mandy Krüger. Die Müll-Hotspots aus den Pfingstferien wie Markstätte und Konzilvorplatz seien bereits deutlich sauberer, dafür habe sich der Partymüll an Schänzle und Herosépromenade vervielfacht. „Wir werden die weitere Entwicklung am Schänzle genau beobachten“, sagt Walter Rügert. Nach dem kommenden Wochenende wolle man mit Polizei und KOD die nächsten Schritte prüfen.

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Die Stadt Konstanz versucht schon länger, die Freifläche auf Klein-Venedig für Feiernde attraktiv zu machen, um das Geschehen zu entzerren. Mandy Krüger verspricht, dass die provisorische Aufwertung von Klein-Venedig weiter vorangetrieben werden soll, „um hier eine wirkliche Alternative zum Herosé zu schaffen.“ Laut Stadt werde Klein-Venedig angenommen und genutzt. Aber im Vergleich zum Schänzle oder dem Seeburgpark nur marginal, davon konnten sich SÜDKURIER-Reporter in den vergangenen Wochenend-Nächten selbst überzeugen. Klein-Venedig liegt soweit weg, dass dort Lärm Anwohner kaum stören dürfte – was die Stadt als Pluspunkt sieht, ist für die jungen Konstanzer gerade der Minuspunkt, die zuletzt gegenüber SÜDKURIER unter anderem beklagten, dass der Ort soweit abseits sei.