Hier erwartet man eigentlich einen anderen Duft. Direkt neben den verschmierten Toilettenhäuschen bei den Hecken wird ziemlich schnell klar, dass hier diverse Betäubungsmittel konsumiert werden, wie es in der Amtssprache heißt.
Ein junger Mann bietet seine Ware an. Er habe eine große Auswahl und könne in kurzer Zeit noch weitere Produkte besorgen. Offenbar ist diese illegale Verkaufsstelle bekannt – jedenfalls kommen in unregelmäßigen Abständen Personen, um sich für den Abend einzudecken. Kamerascheu sind sie aus nachvollziehbaren Gründen alle. „Mein Vater bringt mich um, wenn er das wüsste“, sagt ein 15-Jähriger lachend, der gegen 22 Uhr ein kleines Paket ersteht und damit in der Nacht verschwindet.
Hier, im Herosé-Park und weiter entlang des Seerheins haben sich auch an diesem Samstag mehrere hundert junge Menschen getroffen, um weitere Lockerungen des Corona-Maßnahmen, den endlich eingetroffenen Sommer und damit das süße Leben zu feiern.

Laut aktueller Corona-Verordnung des Landes Baden-Württemberg vom 7. Juni dürfen sich wieder zehn Personen aus maximal drei Haushalten treffen. Darauf achtet hier niemand. Auch, weil das Verständnis fehlt.
„Sportveranstaltungen im freien dürfen ohne Begrenzung stattfinden“, sagt ein Student aus Stuttgart, der mit sieben Kommilitonen das Wochenende am Bodensee verbringt. „Und wir sollen abzählen?“ Eine Freund hat die zündende Idee: „Wir spielen doch Beerpong. Das ist doch auch eine Sportveranstaltung?“
Die Gruppe lacht und hat Spaß. „Es wurde Zeit, dass wir jungen Menschen wieder feiern durften“, sagt eine junge Frau, die ebenfalls in Stuttgart studiert. Sie alle wohnen im Haus ihrer Konstanzer Tante.
Auffällig: Es sind viele offenbar minderjährige Personen bis tief in die Nacht unterwegs. Eine Gruppe 15-Jähriger spricht ganz offen davon, dass sie im Sommer am Wochenende jede Nacht hier verbringen.
„Party machen, Spaß haben“, lautet ihre Motivation. „Aber wir wollen keinen Ärger mit Polizei oder Bewohnern“, sagen sie und beteuern: „Wir halten uns an die Regeln.“ Dass sie in ihrem Alter lediglich bis 22 Uhr alleine draußen bleiben dürfen, wissen sie nicht und das ist ihnen auch egal.
Seit vergangenem Wochenende ist der Ballermann am Bodensee inoffiziell wieder eröffnet. Studenten und Schüler zieht es nach den jüngsten Lockerungen und angesichts des prächtigen Wetters magisch auf die Partymeile zwischen Autobahn- und Fahrradbrücke.
Mit Einbruch der Dunkelheit werden die Familien mit Kindern und andere Personen mittleren oder höheren Alters, die hier Naherholung suchen, immer weniger.
Nun ist die Zeit der jungen Menschen gekommen. Wägen mit Bierladungen werden hierher geschoben, alle paar Meter spielt Musik aus Handys oder Verstärkern. „Es hier verhältnismäßig ruhig“, sagt Jens-Peter Volk, der hier wohnt, am späten Abend.
In der Nacht auf Freitag jedoch hat er auf der Terrasse seiner Mietwohnung im Erdgeschoss mitten in der Nacht Besuch bekommen. „Daran hat man sich irgendwie gewöhnt“, sagt er. „Ich mag Musik, ich mag junge Menschen und ich mag Partys. Aber es sollte nicht ausufern.“
Artur Blank aus Dettingen verbringt den Abend mit seiner Clique direkt neben der Bischoffsvilla. „Es wäre so schade, wenn hier nicht mehr gefeiert werden dürfte“, sagt er. „Konstanz ist eine sehr schöne Stadt mit vielen schönen Fleckchen. Nur für uns junge Leute gibt es nicht viel Raum.“
Eliana Lukoszek steht neben ihm. Sie ist Präsidentin des Schülerparlaments. Die jungen Menschen haben vor kurzem ihr Abitur bestanden und befinden sich immer noch im Feiermodus – ohne es zu übertreiben.

„Man muss unbedingt auch Verständnis für die Bewohner haben“, sagt sie. „Wir Jugendliche dürfen es nicht übertreiben und müssen in Maßen Party machen. Und gleichzeitig müssen die Anwohner auch Verständnis für uns haben. Dann ist alles perfekt.“
In dieser Nacht scheint das aufzugehen. „Es war ruhig und es gab nur eine gemeldete Ruhestörung, was erfreulich wenig ist für diesen Bereich“, berichtet Fabian Herkommen von der Polizei. Lediglich rund um die angemeldete Demo der Freidenker gab es einen Zwischenfall am frühen Abend, den die besonnenen Beamten jedoch schnell schlichten konnten.

„Ansonsten war die Nacht nicht ungewöhnlich. Hoffen wir, dass es so bleibt.“ Am Mittwochabend trifft sich laut Auskunft des Präventionsrates Oberbürgermeister Uli Burchardt mit seinen Bürgermeistern, um die Situation im Herosé und den angrenzenden Gebieten zu erörtern.
Auch wenn das vergangene Wochenende noch lange nicht die Ausmaße diverser Nächte des Jahres 2020 hatte – der Sommer ist noch lange.