Oft kommt es nicht vor, dass die Interessenvertretungen von Mietern sowie der Wohn- und Hauseigentümer an einem Strang ziehen, die Verwaltungsspitze der Stadt Konstanz allerdings bringt das zuwege. Die jüngsten Vorschläge von Oberbürgermeister Uli Burchardt und seiner beiden Dezernatsleiter zur Behebung des strukturellen Defizits der Stadt jedenfalls hat zu einer Koalition der beiden Verbände geführt, die sich gegen den Plan einer Grundsteuererhöhung auflehnen.

Bei genauerem Hinsehen erweist sich ein an den Oberbürgermeister gerichtetes Schreiben sogar als Generalabrechnung mit der Finanzpolitik des Rathauses. Der Vorwurf: Die Stadt kann mit Geld nicht umgehen.

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Walter Pilz als Vorsitzender des Verwaltungsrat des Verbandes Haus und Grund sowie Herbert Weber als Vorsitzender des Mieterbundes berufen sich dabei auf ihre frühere Tätigkeit als Stadträte. „Als langjährige Stadträte wissen wir um die besondere Verantwortung für die kommunalen Finanzen“, so leiten die beiden Verfasser des Schreibens an den OB ihre Fundamentalkritik ein.

Volle Breitseite für die Finanzpolitik

Nicht nur als Vertreter ihrer Verbände vermissen sie „schon lange Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit in der städtischen Finanzpolitik“. Darüber hinaus fühlt sich das Duo als Sprecher der Bevölkerung. „Es herrscht der Eindruck vor, dass die Verwaltung immer größer wird, ohne dass dies für die Menschen zu besseren Resultaten führt“, so heißt es in dem als offenen Brief deklarierten Schreiben.

Und weiter: „Wir wissen jedoch, wer solide Finanzen will, darf nicht einfach Abgaben erhöhen, sondern muss auch Ausgaben erkennbar auf den Prüfstand stellen, muss Wünsche ablehnen und kritisch gegenüber neuen Aufgaben sein.“

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Am Beispiel der vorgeschlagenen Erhöhung der Grundsteuer machen die beiden Verbandsvertreter fest, dass die Verwaltungsspitze beziehungsweise der OB die Menschen an der Nase herumzuführen versucht. Die Begründung für den geforderten Obolus jedenfalls halten sie für „unseriös“.

So werde darauf hingewiesen, dass der aus dem Jahr 2010 stammende Hebesatz für die Grundsteuer allein wegen der allgemeinen Preisentwicklung angepasst werden sollte. Dies aber sei eine „groteske Fehlinterpretation des Wesens der Grundsteuer als Realsteuer“.

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Nach Auffassung der beiden Interessensvertreter basiere die Grundsteuer auf einem „fiktiven kalkulatorischen Wert, dessen Dynamisierung vom Gesetzgeber nicht vorgesehen ist“. Das lässt sich auch so verstehen, dass sich die Verwaltungsspitze mit den Gesetzen nicht auskennt.

„Größte Steuererhöhung in Konstanz seit 1945“

Die Konstanzer dürfte allerdings etwas ganz anderes ganz und gar nicht passen: Wer ein Dach über dem Kopf hat – egal ob Mieter oder Wohneigentumsbesitzer – würde bei einer Erhöhung der Grundsteuer zur Kasse gebeten. Und das nicht zu knapp, denn stimmt der Gemeinderat dem Vorschlag zu, dann steigt die Steuer um knapp ein Viertel und wäre laut Walter Pilz und Herbert Weber „die größte Steuererhöhung in Konstanz seit 1945“.

Zusammen mit den gestiegenen Preisen für die Energieversorgung gehen Mieterbund und der Verband Haus und Grund im Durchschnitt von einer Mehrbelastung fürs Wohnen zwischen rund 110 bis knapp 395 Euro aus.

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Die Verfasser des Schreibens führen ferner ein Rechenbeispiel für Mieter der Vonovia AG an, wobei sie sich auf dessen Vorstandsvorsitzenden Rolf Buch beziehen. Demnach sei wegen der explodierenden Energiepreise mit Nachzahlungsbeträgen von bis zu zwei Monatsmieten zu rechnen. „Daher fehlt uns jegliches Verständnis dafür“, so heißt es weiter, „dass die Stadt Konstanz die ohnehin hohen Kosten des Wohnens weiter in die Höhe treiben will.“

Kritik auch an angeblichen Entlastungen

Nicht besser werden die Absichten der Verwaltungsspitze nach Ansicht der Kritiker durch die vorgeschlagenen Erleichterungen wie etwa ein 365-Euro-Ticket für die Angebote der Stadtwerke im öffentlichen Nahverkehr oder die Aufstockung des Sozialpass-Budgets. Einen inhaltlichen Zusammenhang zur geplanten Erhöhung der Grundsteuer gebe es nicht.

Die dadurch entstehenden Entlastungen haben nach Ansicht von Mieterbund sowie Haus und Grund „andere Verteilungswirkungen beziehungsweise Zugangsvoraussetzungen und sind daher nicht als Entlastung von Mietern oder zum Beispiel von Grundstückseigentümern mit niedrigen Renten zu werten“.