Die Imperia ist dieses Jahr 30 geworden. Das nahm der SÜDKURIER zum Anlass, sich alten Geschichten über die polarisierende Hafenschönheit zu widmen – über wilde Spekulationen zu ihrer Aufstellung im Konstanzer Hafen, ihren Auftritt im Playboy Magazin, oder eben über die drei Löwenskulpturen, die eigentlich an ihrem Sockel aufgestellt werden sollten.
Ein Modell der Raubkatzen ist in einem Heftchen von Stadler aus dem Jahr 1994 abgebildet. In den Konstanzer Hafen geschafft hat der Löwe es allerdings nie. Auf Nachfrage erklärte Peter Lenk jüngst, er habe nicht die richtige Größe gehabt und sei deshalb zerlegt und neu verarbeitet worden.

Eine Antwort sind wir unseren Lesern allerdings schuldig geblieben. Und zwar darauf, wo die beiden anderen Löwen abgeblieben sind. Claus Schnitzer, ein SÜDKURIER-Leser aus Owingen, hat die Redaktion dankenswerter Weise in einem Brief darauf aufmerksam gemacht. Vielmehr noch berichtete der 82-Jährige, beide fehlenden Raubkatzen – mehr oder weniger durch einen Zufall – bereits gefunden zu haben. Kleiner Spoiler: Eine hat es sogar bis an das andere Ende der Republik geschafft. Doch handelt es sich tatsächlich um die Imperia-Löwen von 1994?

Die Spur des Löwen führt nach Schwerin
Gemeinsam mit einem Freund war Claus Schnitzer auf einer Fahrradtour durch Mecklenburg-Vorpommern unterwegs, als die beiden in der Landeshauptstadt Schwerin einen Zwischenstopp einlegten, erzählt der Mann in einem Gespräch mit dem SÜDKURIER. Auf dem Marktplatz sprang ihm direkt ein Denkmal ins Auge: Eine Säule mit in Stein gemeißelten Bildern, auf der ein Löwe thront. „Ich staunte damals nicht schlecht, dass es Peter Lenk in den hohen Norden Deutschlands geschafft hatte“, erinnert sich Schnitzer.

Die Spur des Löwen, wie das Denkmal heißt, ist sieben Meter hoch und wurde 1995 für den Stadtgründer Heinrich den Löwen errichtet. Auf Nachfrage berichtet Stadtsprecherin Michaela Christen: „Darüber, ob der Künstler in Schwerin einen der ursprünglich für Konstanz bestimmten Löwen verwendet hat, können wir nur spekulieren.“
Die vier Seiten der Säule zeigen in Stein gemeißelte Bilder, die satirisch die verschiedenen Episoden des Stadtgründers Heinrich des Löwen darstellen. Michaela Christen dazu: „Mit seiner eigenwilligen Interpretation historischer Ereignisse der mecklenburgischen Geschichte ist das Denkmal bis heute ein wichtiger Anlaufpunkt für viele Stadtführungen.“
Weiter ergänzt sie: „Das Kunstwerk befindet sich im Besitz der Deutschen Bank, die es seinerzeit auch erworben hat. Die Stadt Schwerin kommt jedoch für den Unterhalt, die Reinigung und etwaige Reparaturen auf.“
Lenks Löwe im Frankfurter Löwenhof
Den zweiten Löwen entdeckte Claus Schnitzer vor einigen Jahren in Bornheim bei Frankfurt am Main. Er habe dort eine seiner Töchter besucht, sagt er. Auf dem Weg zum Abendessen seien sie zufällig am Löwenhof vorbeigekommen – einem Kultur-, Medien- und Dienstleistungszentrum. Den Eingang des Gewerbehofs ziert tatsächlich ein Lenk-Löwe, wie Schnitzer damals feststellte. Und auf der Raubkatze sitzend spannt ein Amor seinen Bogen – genau wie auf dem Bild aus dem alten Stadler-Heftchen.

Wie er dort gelandet ist, weiß Gewerbehof-Mitinhaber Christoph Reinhard: „Der Löwe ist uns nicht zugelaufen, sondern wir haben ihn von Peter Lenk vor über 20 Jahren als Eingangswächter des Löwenhofs erworben.“ Reinhard habe Verwandtschaft in Konstanz und sei schon immer von Lenks Werken begeistert gewesen, fügt er an. „Ich finde seinen expressiven und satirischen Stil klasse.“
Bei einem Besuch bei Lenk in Bodman-Ludwigshafen habe er den Zweitguss der Statue entdeckt. Nach seinem Ebenbild habe er dann die Skulptur für den Löwenhof in Auftrag gegeben. Der Amor sei Lenks Idee gewesen, erinnert sich Reinhard. Dann ergänzt er ironisch: „Damit er bei uns kein weiteres Unheil anrichtet, haben wir ihm als Kontrolle einen Wachhund vom Lenkschen Napoleondenkmal in Überlingen beigestellt.“
Zwei Originale gibt es noch
Um zur Eingangsfrage zurückzukehren: Handelt es sich bei einem der Löwen tatsächlich um denjenigen, der damals zu Füßen der Imperia wachen sollte? Wir halten fest: Den Prototyp aus dem Stadler-Heft gibt es nicht mehr, denn er wurde zerlegt. Der Frankfurter Löwe war, wie sein stolzer Besitzer bereits erwähnte, eine Auftragsarbeit, die dem Prototyp lediglich zum Verwechseln ähnlich sieht.
Laut Künstler Peter Lenk ist der Schweriner Löwe tatsächlich eine der Skulpturen, die damals für die Imperia bestimmt waren. Die dritte Raubkatze stehe heute in einer Galerie, klärt der Künstler außerdem auf.