Neuneinhalb Jahre lang waren sie unzertrennlich. Neuneinhalb Jahre lang nahm Carola Paul ihren Berner Sennenhund überall mit hin. Fast genauso lange gehörte er zum Konstanzer Stadtbild. Vor rund zwei Wochen aber trennten sich ihre Wege: Moritz musste eingeschläfert werden.
Carola Paul, Inhaberin des Ladens „Wertvolles“ in der Münzgasse, schaut sich in ihrem Geschäft um und sagt traurig: „Ich sehe ihn hier noch überall. Da hinten auf dem Teppich lag er gern, wenn es ihm vor der Tür doch mal zu viel wurde.“

Aber das geschah nicht allzu oft. Moritz lag am liebsten auf der Straße vor der Ladentür, die breiten Pfoten von sich gestreckt, und genoss die Aufmerksamkeit der vielen Passanten, die ihn so gern mochten. „Ältere Menschen und Kinder gingen besonders gern auf ihn zu“, sagt Carola Paul. „Manchmal lagen fünf Kinder um ihn herum auf der Straße.“

Ganz ungefährlich war das nicht immer. „Auch Lastwagen, die die umliegenden Geschäfte beliefern, fuhren dicht an ihm vorbei. Aber Moritz bewegte sich keinen Zentimeter“, so die 62-Jährige. Seine Gelassenheit, sein freundliches Wesen, seine Aufgeschlossenheit gegenüber Menschen – das zeichnete den Hund aus.
„Moritz hatte einen unfassbaren Bekanntheitsgrad“, sagt Carola Paul. „Ich wurde immer wieder auch außerhalb von Konstanz auf ihn angesprochen. Dabei hat er nichts gemacht außer seinen Charme und seine Gelassenheit zu versprühen.“
Eine bekannte Dreier-Combo
Eine besondere Beziehung hatte er zu Brigitte Scheurich und ihrem Mischling Flocke. „Sie holte ihn oft nachmittags ab und sie drehten eine Runde. Die Drei gehörten auch zum Stadtbild“, sagt die 62-Jährige und schmunzelt. Brigitte Scheurich ergänzt: „Moritz war sehr liebenswert, ich hatte ihn hundisch gern.“

Carola Paul hatte bislang fünf Berner Sennhunde. Vor Moritz gab es Max. „Die anderen hatte ich vom Tierschutz, aber nach Max‘ Tod gab es dort keinen Berner Sennenhund“, erzählt sie dem SÜDURIER. Also bekam sie mit Moritz zum ersten Mal einen Welpen. „Das ist was ganz anderes. Diese Verbindung, die ich mit Moritz erlebte, kannte ich vorher nicht, das war irrsinnig – so intensiv.“

Da sie ihn „in- und auswendig“ kannte, wusste sie vor einiger Zeit auch gleich, dass was mit ihrem Tier nicht stimmt. „Er hechelte plötzlich sehr viel, obwohl er nicht in Bewegung war. Er bekam schwer Luft“, erzählt Carola Paul. Eine Untersuchung ergab die Diagnose Lungenkrebs. „Der Tierarzt sagte, jeder zusätzliche Tag bedeute Qualen für Moritz. Da war mir klar, dass er jetzt gehen muss.“
Sie ließ ihn einschläfern. „Moritz starb in meinen Armen“, sagt sie. Der Hund fehlt nicht nur ihr: „Jeden Tag fragen Kunden und Passanten mehrfach, wo Moritz ist. Ich erfahre eine unglaublich große Anteilnahme“, ergänzt sie dankbar.
Ein Kunde schenkte ihr ein gerahmtes Foto des Hundes, versehen mit warmherzigen Worten: „Moritz ist nun im Hundehimmel. Er fehlt mir und er wird mit seiner Gutmütigkeit und Liebe in der Münzgasse fehlen.“
Carola Paul muss den Abschied erstmal verarbeiten. „Ich bin dankbar, dass Moritz mich neuneinhalb Jahre lang begleitet hat“, sagt sie. Obwohl sie nach dem Tod ihrer vorherigen Vierbeiner immer einen neuen Hund geholt hat, ist sie derzeit nicht zu diesem Schritt bereit. „Der Schmerz ist noch zu groß“, sagt sie, schließt aber nicht aus, dass sie später anders entscheidet. „Dann wird es aber vielleicht kein Berner Sennenhund mehr.“
In ihrem Kopf und ihrem Herzen ist Moritz immer da, aber Carola Paul möchte auch einen Ort schaffen, an dem sie ihm nah sein kann. „Moritz bekommt an seinem Lieblingsplatz in unserem Garten in Egg einen Stein mit seinem Namen drauf“, sagt sie. „Dann kann ich ihn immer vom Fenster aus sehen.“