In dem großen Gebäude in der Neuhauser Straße wohnt seit mehreren Jahrzehnten kein Mensch mehr. Die Jugendstilvilla mit der Nummer 19 in Petershausen-Ost steht leer. Sie gehört den Brüdern Gideon und Benjamin Nissenbaum. Mittlerweile soll die Liegenschaft, die unter Denkmalschutz steht, offenbar veräußert werden.
Kaufpreis von mehreren Millionen Euro
Zum Verkauf steht laut dem Portal Immobilienscout24.de eine „Herrschaftliche Villa in Bodenseenähe im Musikerviertel“. Der Kaufpreis für das Objekt aus dem Jahr 1910 wurde Mitte August noch mit 4,3 Millionen Euro angegeben, mittlerweile heißt es in der Online-Anzeige nur noch: Kaufpreis auf Anfrage.
Das Grundstück umfasst eine Fläche von 1147 Quadratmetern. Die Liegenschaft verfügt über 19 Zimmer und eine Wohnfläche von 630 Quadratmetern. Umgerechnet würde der ursprünglich angegebene Preis also 6825 Euro pro Quadratmeter entsprechen. Bezugsfrei ab: sofort.

In der Objektbeschreibung heißt es zudem: „Diese denkmalgeschützte Villa aus 1910 ist eines der letzten größeren Villenanwesen in Konstanz in dieser Bestlage. Im Musikerviertel – mit diesem Parkauftritt und den Umbaumöglichkeiten einzigartig. Eine einmalige Gelegenheit, stilvoll zu wohnen und gegebenenfalls zu arbeiten in diesem wunderschönen Villenviertel.“
„Sanierungsobjekt mit Aufteilungsmöglichkeiten“
Aus dem Text geht auch hervor, dass in „Zusammenarbeit mit dem Denkmalamt und den Baubehörden“ eine Genehmigung zur Sanierung und eine Aufteilung in ein Mehrfamilienhaus mit bis zu sechs Wohnungen genehmigt wurde.
Es sei natürlich auch möglich, das Objekt als Ganzes als eine Einheit zu nutzen. Eine Baugenehmigung liege bereits vor. Die Sanierung müsse auf eigene Kosten durchgeführt werden. Nach Jahrzehnten des Leerstands erscheint diese wohl auch nötig, so handele es sich bei der Liegenschaft um ein „Sanierungsobjekt mit individuellen Aufteilungsmöglichkeiten“.
Schwindelig könnte einem potenziellen Käufer anlässlich der sogenannten Kaufnebenkosten werden. Schließlich wäre bei den zuvor aufgerufenen 4,3 Millionen Euro für die alte Villa noch lange nicht Schluss. So schlägt in Baden-Württemberg doch beispielsweise die Grunderwerbssteuer mit fünf Prozent nochmals deutlich zu Buche: Das entspräche 215.000 Euro.
Doch natürlich wollen auch der Makler – bei 4,76 Prozent entspräche das 204.680 Euro – und der Notar (1,5 Prozent, also 64.500 Euro) ihren Anteil. Die Kaufnebenkosten betrügen somit insgesamt über eine halbe Million Euro.
Lange Vorgeschichte
Die Immobilie an der Neuhauser Straße hat eine lange Vergangenheit. Denn die Villa steht bereits seit mehreren Jahrzehnten leer – eine riesige potenzielle Wohnfläche in bester Lage. Die Jugendstilvilla wurde 1910 im Auftrag des Fabrikanten Eugen Blank von den Architekten Friedrich Bauer und Hans Dahme errichtet.
Zu dieser Zeit entstanden einige Wohnhäuser im Musikerviertel für die gehobene Bürgerschaft. Vor knapp 40 Jahren wohnte noch eine alleinstehende Frau in der Nummer 19, die das Anwesen an die Familie Nissenbaum verkaufte. Seitdem wohnt darin niemand, das Gebäude steht leer.
Mitte der 2010er Jahre wurde dann seitens der Anwohner die Stimme laut, der Komplex drohe ihrer Ansicht nach zu verfallen. Benjamin Nissenbaum teilte damals mit, dass die Liegenschaft für die private Nutzung restauriert werden sollte.
Durch den Tod seines Vaters Sigmund Nissenbaum, dem Gründer der Israelitischen Kultusgemeinde Konstanz, sei dieser Plan zunächst nicht verwirklicht worden. Die Planung bestünde jedoch weiter, hieß es damals vor knapp zehn Jahren. Sigmund Nissenbaum war bereits im Jahr 2001 verstorben, seitdem hatten die Brüder laut eigenen Angaben immer wieder auch Investitionen in den Erhalt des unter Denkmalschutz stehenden Gemäuers getätigt.

Abfuhr vom Gestaltungsbeirat
Einige Zeit später wurde dann im Jahr 2017 jedoch wirklich ein Gesamtentwurf zur Sanierung dem Gestaltungsbeirat der Stadt Konstanz vorgelegt. Dieser scheiterte allerdings vor den Verantwortlichen, die den Eingriff in den Charakter des Musikerviertels als zu groß erachteten. Es ging dabei hauptsächlich um einen geplanten Neubau auf dem Grundstück, „der dem Grundtypus der Villa vollständig entgegenstehe“, erklärte damals Beiratsmitglied Bärbel Hoffmann.
Der Gestaltungsbeirat fegte den Gesamtentwurf vom Tisch, zum offenkundigen Unmut der beiden Brüder. Mehr als 3,5 Millionen Euro wollte man damals investieren, geplant waren sechs Mietwohnungen, eine Tiefgarage und ein zusätzliches schmales Haus auf dem Grundstück.
Wie in der Objektbeschreibung zu lesen, besteht die Genehmigung zur Aufteilung in ein Mehrfamilienhaus mit bis zu sechs Wohnungen wohl weiterhin. Was ein Käufer nach einem Erwerb damit vorhat, bleibt offen. Doch eines ist klar: Interesse an einem weiteren Leerstand des Gebäudes wird er wohl nicht haben. Die Eigentümer gaben zunächst trotz mehrfacher Nachfrage kein Statement ab.