Die Villa Sernatinger an der Mettnaustraße ist eines der schönsten Gebäude in Radolfzell. Das lässt sich objektiv sagen und hat weniger mit dem Zustand des Gebäudes zu tun, dieser ist nämlich alles andere als erstklassig. Aber die Lage direkt am Seeufer auf einem Grundstück mit eigenem Seezugang ist es. Hinzu kommt der Charme des Baustils der Jahrhundertwende, der von altem Glanz zeugt. Solche Häuser werden heute nicht mehr gebaut, vor allem nicht in Radolfzell.
Viele Jahre war das Haus – obwohl seit 1937 im Besitz der Stadt Radolfzell – in privater Wohnnutzung. Diese wurde zum 30. April 2023 beendet und das Gebäude samt Grundstück stehen leer. Das Haus soll nicht leer stehen, aber verkaufen möchte die Stadt es auch wieder nicht. Erbpacht ist die Lösung. Es besteht also die Möglichkeit, mit dem notwendigen Kleingeld, sich den Traum vom Leben am See zu ermöglichen.
Villa soll für 30 Jahre verpachtet werden
Die rund 975 Quadratmeter aus der Grundstücksfläche sollen für eine Laufzeit von 30 Jahren an einen Investor übergeben werden. In dem Gebäude kann der Investor dann entsprechend dem für die Mettnau gültigen Bebauungsplan Wohnraum realisieren. Nicht in der zu vergebenen Fläche sind der Uferstreifen und westliche Zugang zum See. Diese Bereiche bleiben in städtischer Hand.
Vergabe geht nach Höchstgebot
Vergeben werden soll das Grundstück für das höchste Angebot. Wer also pro Jahr am meisten Zinsen für die Villa Sernatinger bietet, kann den Zuschlag erhalten. Die Vergabekonditionen sollen noch einmal im Verwaltungs- und Finanzausschuss diskutiert werden. Doch lehnt die Stadt es ab, ein Mindestgebot für das Grundstück aufzurufen. Dies sei aus vermarktungstaktischen Gründen nicht zielführend, wie es in den Unterlagen der Stadt heißt.

Ein möglicher Investor bekommt nicht nur ein Premium-Grundstück auf der Mettnau für 30 Jahre zur Verfügung, sondern kann auch mit einer finanziellen Kompensation seiner Investitionen nach dem Ende der Laufzeit der Erbpacht rechnen. Bei Rücknahme des Gebäudes sichert die Stadt Radolfzell dem Investor eine Entschädigung von 50 Prozent des jeweils aktuellen Gebäudewertes zu.
Gleichzeitig verlangt die Stadt auch 50 Prozent des aktuellen Gebäudewertes bei Übernahme der Villa Sernatingen. Da das Haus aktuell in keinem sonderlich guten Zustand ist, sollte dieser Betrag denkbar niedriger ausfallen als der Betrag, den die Stadt nach einer umfassenden Sanierung in 30 Jahren wieder zurückbezahlen muss.
Grundstück wäre zirka 2,63 Millionen Euro wert
Doch wie viel ist das Grundstück der Villa Sernatinger eigentlich wert? Laut Berechnung der Stadt beläuft sich der Bodenrichtwert für Wohnbaufläche in diesem Bereich auf 2700 Euro pro Quadratmeter. Macht also einen Wert von zirka 2,63 Millionen Euro für die 975 Quadratmeter. Der übliche Erbbauzins für Wohngebäude betrage etwa 4 bis 5 Prozent des Grundstückswertes. In diesem Fall wären das zwischen 100.000 und 130.000 Euro pro Jahr.
Im Radolfzeller Gemeinderat stieß diese Idee grundsätzlich auf Gegenliebe. Sogar Thilo Sindlinger (FGL), sonst oft ein Kritiker städtischer Pläne, lobte die Idee, das Grundstück nicht zu veräußern, aber langfristig für eine Finanzierung zu sorgen. Er mahnte nur an, auf die Details des Vertrages zu achten, dass diese für die Stadt in 30 Jahren bei der Rücknahme nicht zum Nachteil würden.
Nur Richard Atkinson (FDP) stellte den Antrag, das Gebäude samt Grundstück einfach auf den Markt zu bringen und zu veräußern. Damit konnte er sich aber bei zwei Dafür-Stimmen und zwei Enthaltungen nicht gegen die restlichen ablehnenden Stimmen durchsetzen. Ebenso der Wunsch von Susan Göhler-Krekosch (SPD), die einen Erbpachtvertrag von zehn statt 30 Jahren forderte. Auch das wurde mit großer Mehrheit abgelehnt. Die Ausschreibung für das Grundstück wird vorbereitet und die Details werden dann noch einmal in dem Ausschuss für Verwaltung und Finanzen beraten.